Multimodale Schmerztherapie bei Endometriose
Multimodale Schmerztherapie bei Endometriose spielt leider noch eine untergeordnete Rolle. Aufgrund von später Diagnose oder von Rezidiven habe Frauen mit Endometriose ein hohes Risiko chronische Schmerzen zu entwickeln. Typisch ist, dass dann die Schmerzen auch unabhängig von der Endometriose weiter bestehen. Eine Operation ist also dann zu Schmerztherapie oft nicht ausreichend und sollte durch multimodale Schmerztherapie ergänzt werden.
Die multimodale Schmerztherapie besteht aus verschiedenen Behandlungsansätzen und bringt die medizinische, die ernährungsphysiologische, die psychologische und die physiotherapeutische Praxis zusammen.
Man nutzt also den Effekt, den Bewegung, die Psyche, die Ernährung und andere Aspekte auf den Schmerz haben können.
Besonders bei chronischen und schwer zu behandelnden Beschwerden ist es oft sinnvoll dieses umfassende Behandlungsprogramm als Intensivtherapie durchzuführen.
Die multimodale Therapie setzt sich dabei aus einer Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten zusammen, die auf die jeweilige Erkrankung abgestimmt wird.
Warum ist eine multimodale Schmerztherapie wichtig?
Frauen, die an Endometriose leiden haben meist bereits einen langen Leidensweg hinter sich. Viel zu oft dauert es mehrere Jahre, bis der Grund für die Beschwerden erkannt und die Diagnose gestellt wird. Somit vergehen Jahre ohne oder mit limitierter Therapie.
Daher sind bereits bei Diagnosestellung viele Schmerzen chronisch. Und auch, wenn eine Diagnose früh gestellt wird ist die Rückfallrate enorm. Daher sollte in jedem Stadium die Prävention von chronischen Schmerzen ein vorrangiges Behandlungsziel von Ärzten, aber vor allem auch von den betroffenen Frauen sein!
Zudem entwickeln manche betroffenen Frauen auch psychosomatische Symptome und sind aufgrund der eingeschränkten Lebensqualität anfälliger für Depressionen. Wenn aufgrund von Schmerzen soziale Events und sogar der Geschlechtsverkehr nicht mehr möglich ist, leidet auch die Partnerschaft darunter.
In vielen Fällen ist eine medikamentöse oder operative Therapie alleine also nicht ausreichend, um die Beschwerden der Patientinnen zu lindern. Hier setzt die multimodale Schmerztherapie bei Endometriose ein. Um die Patientinnen bestmöglich zu behandeln und Schmerzen nachhaltig zu lindern, muss ein individuelles Behandlungskonzept erstellt werden.
Ziel der multimodalen Schmerztherapie ist nicht nur die Schmerzlinderung, sondern auch, dass die Patientinnen lernen wie sie Einfluss darauf nehmen und ihre Selbstwirksamkeit erhöhen können. Dabei ist es wichtig, dass viel Maßnahmen langfristig eingesetzt werden sollten.
Eine multimodale Schmerztherapie bei Endometriose erstreckt sich in der Regel über mehrere Wochen und kann sowohl ambulant als auch stationär in speziellen Schmerztherapiezentren erfolgen. Anschließend sollten viele Verhaltensänderungen auch in den Alltag eingebunden werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Bestätigte Wirksamkeit in anderen Bereichen chronischer Schmerzen
Chronische Schmerzen aufgrund von Endometriose treten oft über lange Jahre auf und können langfristig zu psychischen Leiden und weiterführenden Erkrankungen führen. Die Lebensqualität der betroffenen Frauen wird derart negativ beeinflusst, dass in manchen Fällen sogar die Teilnahme am normalen sozialen Leben ohne Einschränkungen nicht mehr möglich ist.
Daher sind neben der medizinischen Behandlung von Endometriose auch physio- und psychotherapeutische Maßnahmen zu setzen.
Welche Bereiche deckt die multimodale Schmerztherapie ab?
Chronische Schmerzen verstehen
Die umfassende Schulung und Information der Patientinnen über die Hintergründe des Schmerzes sind ein wichtiger Bestandteil der multimodalen Schmerztherapie. Wenn die Betroffenen verstehen, was genau zu den Schmerzen führt, sind sie eher in der Lage den Beschwerden selbst entgegenzuwirken. Wichtig ist auch zu verstehen, dass es physiologische Erklärungen dafür gibt und eine multimodale Schmerztherapie nie davon ausgeht, dass Schmerzen „nur eingebildet sind“.
Mehr Informationen zu chronischen Schmerzen gibt es auch hier.
Die Krankheit verstehen
Endometriose ist eine facettenreiche Erkrankung. Die Krankheit zu verstehen und den Einfluss auf das eigene Leben einordnen zu können hilft bei der Akzeptanz und Lösungsorientierung und führt somit zu besseren Therapieergebnissen.
Fundierte Informationen gibt es auf informativen Webseiten, in guten Büchern und auch in unserer Endometriose Wissensdatenbank.
Psychologische Therapie
Das psychologische Wohlbefinden kann unter den Auswirkungen von Endometriose stark leiden, daher können auch psychologische Ansätze in der modularen Therapie hilfreich sein. Achtsamkeitsmeditation etwa, hat einen großen Einfluss auf das psychische Befinden.
Physiotherapie kann nicht nur endometriosebedingte Schmerzen lindern, sondern auch bei Organsenkungen oder Blasenschwäche helfen.
Achtsamkeitsübungen und Meditation wirken tiefenentspannend und fördern gleichzeitig die Konzentration. Akute und auch chronische Schmerzen können auf diese Weise erfolgreich gelindert werden. Auch autogenes Training und Hypnose können in der Schmerztherapie hilfreich sein.
Medikation
Die klassische Behandlungsmethode von Schmerzen ist die medikamentöse Schmerztherapie. Alleinige Gabe von Medikamenten ist bei chronischen Schmerzen jedoch selten erfolgreich. Der richtige Einsatz von Schmerzmitteln kann aber besonders in der Anfangsphase gemeinsam mit der multimodalen Schmerztherapie zur Schmerzlinderung beitragen. Dies ist vor allem bei akuten Beschwerden, etwa nach Operationen sinnvoll, um chronische Schmerzen zu vermeiden.
Akupunktur
Akupunktur als Teil der traditionellen chinesischen Medizin wird immer häufiger bei der Behandlung von chronischen Schmerzen eingebunden. Auch für Endometriose-Betroffene kann es eine hilfreiche Ergänzung sein.
Durch gezielte Nadelstiche an bestimmten Akupunkturpunkten soll eine Reduzierung der Schmerzen in ihrer Intensität und Dauer erreicht werden.
Endometrioseschmerzen strahlen oft auch auf andere Bereiche des Körpers aus. Dadurch verursachte Fehlhaltungen belasten oft Wirbelsäule, Gelenken und Beinen. Hier kann die Bewegungstherapie eine positive Wirkung haben. Sport hat zudem einen günstigen Einfluss auf die Psyche. Er macht glücklich und somit widerstandsfähiger gegenüber Problemen. Auch Depressionen kann mit Bewegung entgegengewirkt werden.
Muskelaufbau
Gezielter Muskelaufbau ist bei chronischen Schmerzen ebenso wichtig wie Bewegung. Da bei Endometriose oftmals eine Schonhaltung eingenommen wird, ist es notwendig vor allem die Muskeln am Rücken zu stärken.
In der Osteopathie versucht man Blockaden im Körper zu lösen und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Durch manuelles Einwirken können Funktionsstörungen und in Folge auch Schmerzen behandelt werden.
Es gibt auch bereits erste Studien, die die Wirksamkeit bei Endometriose-Beschwerden belegen.
Massage
Massagen haben sich bei chronischen Schmerzen ebenfalls als wirksam erwiesen. Sie entspannen die Muskulatur und verschaffen auf diese Weise Linderung.
Ernährung
Die Ernährung kann ebenso positive als auch negative Auswirkungen auf Schmerzen haben. So konnte eine Studie zur Verbindung zwischen der Ernährung und Endometriose einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von bestimmten Lebensmitteln und dem Risiko von Endometriose nachweisen.
Neurosakrale Modulation
Sakrale Neuromodulation ist bereits bei einigen chronischen (Schmerz-)erkrankungen eine etablierte Therapie. Bei der Endometriose haben erste Pilotstudien vielversprechende Ergebnisse gezeigt.
Per implantierter Sonden wird mit schwachen elektronischen Impulsen die Schmerzwahrnehmung beeinflusst. Diese Methode wird gerade untersucht und wird auch aufgrund der Invasivität aktuell nur bei ansonsten schwierig therapierbaren Schmerzen eingesetzt.
Dokumentation/Schmerztagebuch
Wichtig ist auch, den Überblick zu behalten. Wer bewusst die Symptome und Maßnahmen dokumentiert merkt schneller was geholfen hat und bindet es daher auch öfter in den Alltag ein. Dabei kann es ein Papiertagebuch sein, eine Exceltabelle oder unsere App mit übersichtlichen Auswertungen.
Individuelle Therapien
Wärmflasche, Übungen, Yoga, Kreative Therapie – Ziel ist auch herauszufinden was bei den individuellen Schmerzen Abhilfe schafft. Das für sich selber herauszufinden kann vielleicht nicht die Endometriose heilen, aber mit Sicherheit das Leben damit langfristig deutlich angenehmer machen.
Kostenübernahme der multimodalen Therapie
Sowohl gesetzliche als auch private Krankenkassen übernehmen die Kosten für die multimodale Schmerztherapie bei Endometriose zum Zwecke der Wiederherstellung und des Erhalts der Gesundheit. Dies gilt für die Therapie in zertifizierten Schmerzzentren. Einzelne Aspekte der Therapie (bspw. Akupunktur) außerhalb der Schmerzzentren werden von den Krankenkassen unterschiedlich bewertet und nicht von allen übernommen. Es lohnt sich das persönliche Gespräch mit der eigenen Kasse zu suchen!
Die multimodale Schmerztherapie als ganzheitliches Konzept ist mittlerweile international anerkannt und es gibt im deutschsprachigen Raum bereits zahlreiche Einrichtungen, die diese Leistung anbieten.
Deutschland:
Liste mit allen schmerzmedizinischen Einrichtungen sowie durch Certkom zertifizierte Einrichtungen in Deutschland.
Österreich:
Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie Klinikum Klagenfurt
Endometriosezentrum Goldenes Kreuz, Wien
Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Wien
Schweiz:
Eine Liste mit Schweizer Spezialisten für chronische Schmerzen, die auch multimodale Schmerztherapien durchführen findest du hier.
Kurmöglichkeiten Anschlussheilbehandlung
Im Anschluss an eine Operation mit Endometriosenachweis können Folgebehandlungen im Rahmen einer Kur wesentlich zum Therapieerfolg beitragen und werden von den Krankenkassen/Rentenversicherungen übernommen. Bei der Organisation hilft der Sozialdienst der Krankenhäuser. Spezialisierte Therapiezentren bieten Anschussheilbehandlungen für Endometriosepatientinnen mit intensiver multimodaler Therapie an. Dabei können die erarbeiteten Ansätze weiter ausgebaut und folglich eigenverantwortlich von den Patientinnen umgesetzt werden.
Wichtig! Anschlussheilbehandlungen müssen im Anschluss an einen operativen Eingriff durchgeführt werden, damit sie von der Versicherung übernommen werden.
Verstreichen mehr als zwei Wochen zwischen Entlassung und Antritt der Kur ist die Kostenübernahme nicht mehr möglich!
Deutschland:
Rehabilitationsklinik Eisenmoorbad Bad Schmiedeberg Kur GmbH, 06905 Bad Schmiedeberg
ASKLEPIOS Klinik Am Kurpark in Bad Schwartau, 23611 Bad Schwartau
AMEOS Reha Klinikum Ratzeburg, 23909 Ratzeburg
MEDIAN Rehazentrum Schlangenbad, 65388 Schlangenbad
Städtische Rehkliniken Bad Waldsee, 88339 Bad Waldsee
Österreich:
Mögliche Anschlussheilbehandlungen nach einer multimodalen Schmerztherapie sind mit dem zuständigen Sozialversicherungsträger abzusprechen.
Schweiz:
Auch hier sind Anfragen direkt an die zuständige Krankenkasse zu stellen.
Referenzen
Welche Erfahrungen konntest du mit der Multimodalen Schmerztherapie machen?
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