Meditation bei Endometriose – alte Spiritualität oder neue Wissenschaft?

Wenn du dein Leben so erfüllt und glücklich leben möchtest, wie es geht, dann sei dort, wo es stattfindet: Im Hier und Jetzt! – Doris Kirch

Was ist Meditation?

Grundsätzlich beschriebt Meditation einen Zustand besonderer Konzentration und das bewusste Lenken der Aufmerksamkeit. Der Bewusstseinszustand bei der Meditation kann als klar, still und tief beschrieben werden [7].

Oft wird Meditation zurückgeführt auf meditari, was im Lateinischen so viel bedeutet wie „Nachdenken“, „Nachsinnen“, „Überlegen“. Aus meditari kann aber auch das vielleicht noch besser passende „zur Mitte kommen“ abgeleitet werden (medi= Mitte) [7].

Den Ursprung der Meditation oder ihre Geschichte erklären zu wollen ist ganz schön kompliziert. Meditation ist schon sehr alt, wahrscheinlich älter als jede Religion und Bestandteil aller Weltreligionen [7]. Bekannt ist uns Meditation insbesondere aus dem Buddhismus, dem Hinduismus und dem Taoismus [8]. Meditation scheint also etwas zu sein, was Menschen zeit- und kulturübergreifend anspricht.

Auch heute wünschen sich viele Menschen, endlich zur Ruhe zu kommen und richtig abschalten zu können. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass wir während der Pausen oder beim Einschlafen häufig wieder an die Probleme denken und nicht abschalten können. Oft grübeln wir über schlechte Erlebnisse in der Vergangenheit und mögliche Probleme in der Zukunft. Der Grund dafür ist leicht erklärt: unser Gehirn ist immer im Einsatz, es kann nicht „Nicht-Denken“. Wir haben mehr als 6.000 Gedankengänge pro Tag [10]! Dieses ständige Abschweifen der Gedanken macht uns aber nachgewiesenermaßen unglücklich [5].

Bei der Meditation übt man, die Aufmerksamkeit ganz bewusst dort hin zu lenken, wo man sie haben möchte. Man versucht dabei, ganz im Hier und Jetzt zu sein, im aktuellen Moment. Neugierig und ohne zu bewerten. Durch die starke Konzentration auf das Hier und Jetzt bei der Meditation kann grübeln weniger werden.

Achtsamkeit (engl. mindfulness) ist jenes Gewahrsein, das entsteht, wenn sich die Aufmerksamkeit mit Absicht und ohne zu bewerten auf die Erfahrungen richtet, die sich von Moment zu Moment entfalten – Dr. Jon Kabat-Zinn [3]

Aber: Was Meditation wirklich ist, lässt sich nur durch die eigene Erfahrung kennen lernen – genauso wie Geschmack oder Geruch sich viel besser erleben als beschreiben lassen [7].

Was gibt es für Meditationstechniken?

Es kann zwischen passiver und aktiver Meditation unterschieden werden. Bei der passiven Meditation nimmt die meditierende Person eine ruhige Körperhaltung ein, z.B. im Lotussitz. Sie konzentriert sich so auf ein Gebet, einen Gedanken oder ein inneres Bild. Oder sie konzentriert sich ganz auf das eigene Erleben im Hier und Jetzt, typische Übungen sind dabei das Durchwandern des gesamten Körpers mit der Aufmerksamkeit („Body-Scan“), das Achten auf die Empfindungen des Atems oder das Beobachten der eigenen Gefühle und Gedanken [6].

Auch bei der aktiven Meditation geht es um das bewusste Lenken der Aufmerksamkeit. Das ist grundsätzlich bei jeder Tätigkeit möglich. Häufig praktiziert wird die sogenannte Gehmeditation, also Meditation im Gehen. Auch Übungen des Yoga und des Qigong können als aktive Meditation eingeordnet werden. Im Zen-Buddhismus wird Meditation ebenso verbunden mit z.B. der Teezeremonie, der Schreibkunst, den Blumenarrangements (Ikebana), dem Flötenspiel oder dem Bogenschießen [11]. Darüber hinaus können alltägliche Aufgaben wie Abwaschen und Putzen meditativ durchgeführt werden. Des Weiteren können bestimmte Tänze wie der Derwisch-Tanz im Sufismus und Musik, z.B. religiöse Gesänge wie christliche Choräle dazu gezählt werden [8].

Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit hat ihren Ursprung in der buddhistischen Meditation. Sie hat heutzutage aber nichts mehr mit Religion oder Esoterik zu tun, sondern wurde von Wissenschaftlern in weltanschauungsfreie Therapiemethoden weiterentwickelt, insbesondere vom Mediziner und Molekularbiologen Dr. Jon Kabat-Zinn. Dieser entwickelte einen 8-wöchigen Kurs, bei dem Menschen Achtsamkeitsmeditation lernen können (Mindfulness Based Stress Reduction – MBSR)[2]. Übungen sind z.B. der Body-Scan, Atemmeditation, Geh-Meditation, Yoga-Übungen und Achtsamkeit im Alltag. Zu den positiven Effekten dieses Programms gibt es mittlerweile sehr viele Studien. Es ist weltweit verbreitet und wird von vielen Menschen genutzt. Darüber hinaus gibt es inzwischen immer mehr Therapieansätze, die Methoden der Achtsamkeit beinhalten, z.B. die Akzeptanz- und Commitment-Therapie [4].

Was bringen Meditation und Achtsamkeit?

Meditation und Achtsamkeit können tatsächlich glücklicher machen. In Studien wurden positive Effekte gefunden auf [4]:

  • Ängste
  • depressive Symptome
  • Grübeln
  • Wut
  • Stress
  • Schlaf [9]
  • Stimmung
  • Konzentration
  • Empathie und Selbstmitgefühl
  • Lebenszufriedenheit und Lebensqualität

Diese positiven Veränderungen durch regelmäßige Meditation nehmen Übende nicht nur subjektiv so wahr, sie spiegeln sich sogar in veränderten Strukturen im Gehirn wider [4].

Die genannten positiven Effekte können wiederum schmerzlindernd wirken, dabei spielen verschiedene Mechanismen eine Rolle. In einer Übersichtsarbeit analysierten Wissenschaftler 38 Studien mit zusammengenommen 3500 Teilnehmern mit chronischen Schmerzen [1]. Dabei zeigte sich, dass Achtsamkeit sowohl die Schmerzen als auch die depressiven Symptome und die Lebensqualität der Teilnehmer verbessern konnte. Mittweile gibt es sogar spezielle Achtsamkeits-Übungen für Menschen mit Schmerzen.

Zudem kann Achtsamkeit dazu beitragen, dass Übende im Alltag achtsamer und fürsorglicher mit sich selbst und ihrem Körper umgehen. Sie kann helfen, dass Menschen mit Erkrankungen und Schmerzen in einen positiven Kontakt mit ihrem Körper kommen und Vertrauen zu ihrem Körper aufbauen.

Achtsamkeit kann uns helfen, unseren Körper trotz Beschwerden wieder in seiner Ganzheit zu schätzen. Sie können lernen, wieder in Frieden in Ihrem Körper zu wohnen. – Jon Kabat-Zinn

Wie kann ich Meditation lernen?

Es gibt viele Möglichkeiten, Meditation zu lernen. Du kannst einen MBSR-Kurs besuchen, z.B. an der VHS. Es gibt Meditationen auf YouTube und in verschiedenen Apps. Auch in unserer Endo-App kannst du Meditation ausprobieren.

Am Anfang sollest du versuchen, dann zu üben, wenn du einen guten Tag hast und du möglichst wenig Stress oder Schmerzen hast! Meditation kann dir in schweren Zeiten helfen, wenn du in guten Zeiten geübt hast. Hast du momentan jedoch mit starken Ängsten, Depressionen oder extremen Schmerzen zu kämpfen und du merkst, dass es dir mit dem Üben nicht gut geht, beende das Meditieren. Probiere stattdessen lieber etwas anderes aus, was dir momentan besser hilft! Vielleicht möchtest du zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zur Meditation zurückkehren.

Außerdem ist wichtig, dass du geduldig mit dir bist. Es ist toll, wenn du regelmäßig übst. Das heißt aber nicht, dass du die Übung immer perfekt durchführen musst. Selbst Menschen mit jahrzehntelanger Meditationserfahrung schweifen immer wieder mit ihren Gedanken ab. Meditation kann ganz schön anstrengend sein. Sie ist wie ein Muskel, den man immer wieder trainieren kann. Der Weg ist das Ziel – bei Meditation gilt das ganz besonders.

Referenzen

1.
Hilton L, Hempel S, Ewing BA, Apaydin E, Xenakis L, Newberry S, et al. Mindfulness Meditation for Chronic Pain: Systematic Review and Meta-analysis. ann behav med [Internet]. 2017 [cited 2021 Jul 13];51(2):199–213. Available from: https://academic.oup.com/abm/article/51/2/199-213/4564147
1.
Kabat-Zinn J. An outpatient program in behavioral medicine for chronic pain patients based on the practice of mindfulness meditation: Theoretical considerations and preliminary results. General Hospital Psychiatry [Internet]. 1982 [cited 2021 Jul 13];4(1):33–47. Available from: https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/0163834382900263
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Kabat-Zinn J. Wherever you go there you are: Mindfulness meditation in everyday life. New York: Hyperion; 1994.
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Keng S-L, Smoski MJ, Robins CJ. Effects of mindfulness on psychological health: a review of empirical studies. Clin Psychol Rev. 2011 Aug;31(6):1041–56.
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Killingsworth MA, Gilbert DT. A Wandering Mind Is an Unhappy Mind. Science [Internet]. 2010 Nov 12 [cited 2021 Jul 13];330(6006):932–932. Available from: https://www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.1192439
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Matko K, Ott U, Sedlmeier P. What Do Meditators Do When They Meditate? Proposing a Novel Basis for Future Meditation Research. Mindfulness [Internet]. 2021 [cited 2021 Jul 13];12(7):1791–811. Available from: https://link.springer.com/10.1007/s12671-021-01641-5
1.
Piron H. Meditationstiefe: Grundlagen, Forschung, Training, Psychotherapie. 1. Auflage. Berlin: Springer; 2019. 254 p. ((Psychotherapie: Praxis)).
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Renger A-B, Wulf C. Meditation in Religion, Therapie, Ästhetik, Bildung, Paragrana. 2013;22(2).
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Rusch HL, Rosario M, Levison LM, Olivera A, Livingston WS, Wu T, et al. The effect of mindfulness meditation on sleep quality: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Annals of the New York Academy of Sciences [Internet]. 2019 [cited 2021 Jul 13];1445(1):5–16. Available from: https://nyaspubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/nyas.13996
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Tseng J, Poppenk J. Brain meta-state transitions demarcate thoughts across task contexts exposing the mental noise of trait neuroticism. Nat Commun [Internet]. 2020 [cited 2021 Jul 13];11(1):3480. Available from: http://www.nature.com/articles/s41467-020-17255-9
1.
von Brück M. Zen, Geschichte und Praxis. München: C. H. Beck Wissen; 2016.

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Teresa Götz