Die Erkrankung Endometriose ist durch das Auftreten von endometriumartigen Zellen, also Zellen, die denen der Gebärmutterschleimhaut ähneln, außerhalb der Gebärmutter geprägt. Diese sammeln sich in sogenannten Herden an, die aus Drüsen, Stromazellen, glatter Muskulatur bestehen und durch Nerven-, Lymph- sowie Blutgefäße durchzogen sind. Es handelt sich also nicht um einzelne Zellen, sondern um richtiges Gewebe mit verschiedenen Zelltypen, Blutversorgung und Nervenzellen [4]. Die Erkrankung kann symptomfrei oder mit Symptomen unterschiedlicher Stärke und Ausprägung auftreten. Sie betrifft vorrangig Frauen in der Phase, in der eine Schwangerschaft theoretisch möglich ist, kann aber in Ausnahmefällen auch bei präpubatierenden Mädchen sowie postmenopausalen Frauen und ganz selten bei Männern auftreten [4].
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Obwohl es sich bei der Endometriose im eine weit verbreitete Erkrankung handelt, von der allein in Deutschland rund zwei Millionen Frauen betroffen sind, ist der Entstehungsprozess bis heute nicht abschließend geklärt [1,4].
Es gibt aktuell fünf Erklärungsansätze, auf welche Weise die Endometriose entsteht [2]. Keiner dieser Erklärungsansätze alleine kann jedoch die unterschiedlichen Fassetten der Erkrankung erklären. Daher gehen Fachleute heute davon aus, dass mehrere Faktoren zusammen zur Entstehung der Endometriose führen.
Transplantations- oder Implantationstheorie [2]
Entwickelt wurde die Transplantationsmedizin von John A. Sampson im Jahr 1927. Es ist also die älteste Theorie. Sie beruht auf der Annahme, dass das Menstruationsblut nicht nur über die Scheide nach außen abgeleitet wird, sondern zum Teil auch über die Eierstöcke in den Bauchraum gelangt.
Auch wenn dies damals im 20-sten Jahrhundert noch nicht bekannt war, so weiß man heute, dank der Laparoskopien (Bauchraumspiegelungen), dass zwischen 76 und 90 Prozent der Frauen während der Menstruation auch Menstruationsblut in den Bauchraum absondern. Mediziner sprechen dann von einer sogenannten retrograden Menstruation. Diese ist also recht normal, trotzdem leiden nicht alle diese Frauen an Endometriose.
Außerdem setzt diese Theorie voraus, dass das in den Bauchraum abgesonderte Menstruationsblut vitale Endometriumszellen enthält, die sich im Bauchraum implantieren und dort aktiv sein können. Auch dieser Aspekt konnte inzwischen nachgewiesen werden.
Es ist also möglich, dass die Zellen so ihren Weg finden.
Einige Punkte können durch die Implantationstheorie allerdings nicht erklärt werden:
Sie erklärt nicht, warum Endometriose nur bei einem Bruchteil der Frauen auftritt, die retrograd menstruieren. Auch auf die Frage, warum Endometriose in seltenen Fällen auch bei Mädchen vor der ersten Menstruation und nach der Menopause und sogar bei Männern auftritt, bleibt offen. Zudem lässt sich mit dieser Theorie nicht erklären, wie Endometrioseherde außerhalb der Bauchhöhle, beispielsweise in der Lunge, entstehen.
Die Theorie kann also nicht die ganze Wahrheit sein.
Coelom-Metaplasie-Theorie [2] – Entstehung aus anderen Zellen mit ähnlicher Herkunft
Die Zellen des Körpers sind sehr unterschiedlich spezialisiert, viele haben aber ähnliche Vorläuferzellen aus denen sie sich dann weiter auf ihre endgültigen Funktionen spezialisieren – auch differenzieren genannt. Man könnte das wie eine Berufsausbildung sehen, die Form, Funktion und Aussehen der Zellen je nach Anforderung verändert. Die Zellen des Coeloms entwickeln sich weiter zu Zellen der Genitalorgane aber auch zu Zellen des Bauchfells oder beispielsweise des Verdauungssystems.
Die Theorie geht davon aus, dass diese Zellen, die einen gemeinsamen Ursprung haben, sich durch entzündliche oder hormonelle Einflüsse in eine andere Zellart mit gleichem Ursprung umentwickeln, in diesem Fall endometriumartige Zellen. Dieser Prozess wird von Fachleuten als Metaplasie bezeichnet. Vorhandene Zellen wandeln sich also in Endometrium ähnliche Zellen um. Beispielsweise unter besonderen Einflüssen von Hormonen wie Östrogenen und Entzündungsprozessen.
Mit dieser Theorie lässt sich auch das Auftreten von Endometriumherden außerhalb des Bauchraums, insbesondere innerhalb des Thoraxraumes (Brustkorbs) erklären. Auch das Auftreten einer Endometriose bei Frauen und Mädchen vor oder nach der reproduktiven Phase sowie bei Männern kann mit dieser Theorie erklärt werden.
Gegen diese Theorie sprechen folgende Aspekte:
Induktionstheorie
Die Induktionstheorie ist eine Fortentwicklung der Coelom-Metaplasie-Theorie und wurde 1955 von G. Levander und P. Normann entwickelt. Nach dieser Theorie entwickeln sich die Endometrioseherde aus undifferenzierten Zellen, also aus Stammzellen. Ein paar Stammzellen befinden sich immer noch im Gewebe, auch bei Erwachsenen. Auslöser für die Umwandlung dieser unspezifischen Zellen in Zellen, die denen des Endometriums ähneln, wären biochemische oder immunologische Faktoren aus dem Endometrium.
Tierexperimente bei Kaninchen haben Hinweise auf die Richtigkeit dieser Theorie gegeben. Auf der Grundlage dieser Theorie lässt sich auch das menstruationsunabhängige Auftreten von Endometriose erklären. Allerdings konnten in dem im Tierversuch nachgewiesenen Gewebe keine stromalen Anteile nachgewiesen werden. Endometrioseherde jedoch besitzen Stromazellen. Die Herde sahen im Versuch also nicht ganz so aus, wie man es aus der Klinik kennt.
Embryonalrestetheorie
Auch, wenn die Embryonalrestetheorie durch Studien an Embryonen (Obduktionen nach Fehlgeburten oder Abtreibungen) gestützt werden kann, so lässt sich mit dieser Theorie nicht das Auftreten von weit entfernten Endometrioseherden erklären.
Die Entwicklung aus anderen Zellen des Bauchraums, aus undifferenzierten Vorläuferzellen (wie Stammzellen) oder aus Überresten der Genitalentwicklung, also übergebliebenen Zellen, ist eine Erklärungstheorie.
Tissue-Injury and Repair Theorie [9]
Anders, als lange Zeit angenommen, besitzt auch der Uterus eine eigene Peristaltik, also rhythmische muskuläre Bewegung. Ähnlich wie der Darm ist auch der Uterus permanenten mechanischen Belastungen ausgesetzt. Hierdurch kommt es fortwährend zu kleinsten Verletzungen des Gewebes, den sogenannten Mikrotraumata. Vor allem beim starken Zusammenziehen während der Periode entstehen diese. Diese Verletzungen werden durch Reparaturmechanismen kontinuierlich wieder geheilt. Während dieses Reparaturmechanismus werden Östrogene ausgeschüttet, die wiederum die Peristaltik aktivieren.
So, wie es Menschen mit einer gesteigerten Darmperistaltik gibt, gibt es auch Frauen mit einer überdurchschnittlich starken Uterusperistaltik. Dadurch kommt es vermehrt zu Mikroverletzungen, was über die Ausschüttung von Östrogen im Reparaturmodus zu einer Verstärkung der Uterusperistaltik und damit verbunden noch mehr Mikrotraumata führt. Zudem wird angenommen, dass auch die geringere Anzahl an Schwangerschaften und damit gesteigerte Anzahl an Menstruationen ihren Teil dazu beiträgt, dass mehr Mikroverletzungen entstehen.
Durch die Östrogenausschüttung und Entzündungsprozesse kann es bei vielen Mikroverletzungen zu Veränderungen der Gebärmutterschleimhautzellen führen. Diese wachsen dann invasiv in die Gebärmuttermuskulatur ein und können durch die Veränderung auch im Bauchraum ansiedeln.
Bei dieser Theorie handelt es sich um die aktuellste Theorie, die vor allem die Adenomyose gut herleitet. Doch auch sie vermag nicht alle Aspekte der Endometriose zu erklären.
Lymphatische und vaskuläre Streuung
Diese Theorie wurde von Halban (1925) beziehungsweise Sampson (1927) entwickelt. Gemäß dieser Theorie werden Endometriumzellen über den Blut- oder Lymphweg in weit entfernte Gewebe getragen, wo sie sich ansiedeln und Endometrioseherde bilden. Bestätigung erfährt diese Theorie dadurch, dass in neuerer Zeit Endometriosesowohl in uterinen Venen als auch in Lymphknoten nachgewiesen werden konnten.
Mit dieser Theorie lässt sich die Entstehung von Endometrioseherden in weit entfernten Geweben erklären. Allerdings hat auch diese Theorie ihre Grenzen: Denn mit ihr lässt sich nicht erklären, warum Frauen ohne Gebärmutter oder Männer in Einzelfällen an Endometriose erkranken können.
Wie bereits erwähnt, gehen die Mediziner heute davon aus, dass eine Vielzahl von Faktoren zusammentreffen muss, damit eine Endometriose entsteht. Denn keine der oben dargestellten Theorien kann für sich genommen eine plausible Erklärung für die Entstehung dieser Erkrankung in all ihren Facetten bieten. Zu diesen weiteren auslösenden Faktoren zählen insbesondere:
Sicher auch, weil die Ursachen der Endometriose noch immer nicht geklärt sind, ranken sich zahlreiche Mythen und Halbwahrheiten um das Thema Endometriose. Diese sind dazu geeignet, Betroffene zu verunsichern oder aber vorschnell in Richtung einer bestimmten Therapie zu lenken. In den meisten Fällen ist an diesen Mythen ein Fünkchen (oder auch mehr) Wahrheit zu finden, welches aber im falschen Kontext genutzt oder falsch interpretiert wird. Hier findest du die wichtigsten Fakten zu gängigen Mythen und Halbwahrheiten:
Zusammenfassung:
Die Endometriose ist so weit verbreitet, dass sie zum Teil bereits als Zivilisationskrankheit bezeichnet wird. Trotzdem sind bis heute die Gründe, die zu deren Entstehung führen, nicht ganz klar. Es gibt eine Reihe von Theorien. Diese können jedoch immer nur Teilaspekte der Erkrankung erklären. Daher gehen Fachleute heute davon aus, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren für die Entstehung der Endometriose verantwortlich ist. Dies sind:
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