Kann ich Endometriose vererben?

Obwohl die Endometriose rund zehn Prozent der weiblichen Bevölkerung im gebärfähigen Alter betrifft, sind die Ursachen, die zur Entstehung der Erkrankung führen, bis heute nicht eindeutig geklärt [1]. Seit längerem gehen Experten davon aus, dass eine Vielzahl von Faktoren bei der Entstehung der Endometriose, insbesondere bei schweren Verläufen, eine Rolle spielt. Hierzu zählen auch genetische Faktoren. Allerdings sind die Erkenntnisse bislang nicht ausreichend. Endometriose tritt zwar oft in der gleichen Familie mehrmals auf (familiäre Häufung), von einer direkten Vererbung, wie beispielsweise der Augenfarbe wird aber nicht ausgegangen. Vielmehr spielen verschiedene Gene und andere Einflussfaktoren eine Rolle. Ein internationales Forscherteam hat nun herausgefunden, über welche Gene die Entstehung der Endometriose begünstigt wird [2]. 

Überblick: Symptome der Endometriose und Überblick über die Theorien zu deren Entstehung

Die Endometriose betrifft vorrangig Frauen im gebärfähigen Alter, also ab der ersten Menstruation bis zur Menopause. In Deutschland sind dies rund 1,7 Millionen Frauen [3]. Endometriose liegt dann vor, wenn sich Zellen, die dem Endometrium (der Gebärmutterschleimhaut) ähneln, sich außerhalb der Gebärmutter ansiedeln. Diese Ansiedlungen werden Endometrioseherde genannt und kommen meist im kleinen Becken vor. Sie können jedoch auch im gesamten Bauchraum sowie selten auch in entfernteren Organen, wie beispielsweise in der Lunge entstehen. Das vorrangige Symptom ist  Schmerz im Bereich des Bauchraums, insbesondere, aber nicht nur, während der Periode. Hinzukommen können ausstrahlende Schmerzen sowie weitere Symptome wie Blutungsstörungen, Darmprobleme und eine verminderte Fruchtbarkeit [1].

Die Ursachen für die Entstehung der Endometriose sind bis heute noch nicht abschließend geklärt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine einzelne Ursache handelt, sondern eine Kombination mehrerer Faktoren für das Auftreten der Endometriose zusammenspielen müssen.

In einem gesonderten Artikel kannst du das Wichtigste zu den Theorien lesen, die im Laufe der Zeit in Bezug auf die Entstehung der Endometriose entwickelt wurden. Hier findest du daher nur eine Aufzählung der bekanntesten Theorien:

  • Implantationstheorie
  • Metaplasietheorie
  • Induktionstheorie
  • Stammmzell-Theorie

[4]

In diesem Artikel erfährst du:

  • was die Symptome und Theorien zur Entstehung der Endometriose sind,
  • was die Forschergruppe herausgefunden hat,
  • ob die Frage nach der Vererbbarkeit der Endometriose nun beantwortet werden kann und
  • welche weiteren Schlüsse die Forscher aus den Studienergebnissen ziehen.

Überblick: Ansätze zum Thema genetische Ursachen der Endometriose

Bereits in den 1980iger Jahren zeigten erste Studien, dass bei der Endometriose eine erbliche Komponente besteht [5]. Das bedeutet: Es erschien schon damals möglich, dass die Endometriose zum Teil vererbbar ist. Eine weitere Studie [6] belegte, dass bei Verwandten ersten Grades, also Müttern und Töchtern sowie Schwestern, das Risiko ebenfalls an Endometriose zu erkranken, signifikant erhöht ist.

In einer Studie hatten 9,5 % der Frauen mit Endometriose auch verwandte ersten Grades (Mutter oder Geschwister) mit Endometriose. Auch wenn Frauen mit Endometriose in der Familie also häufiger Endometriose hatten, spricht diese Zahl unter 10% doch für den Einfluss verschiedener Gene und Faktoren.

Auch eine Zwillingsstudie [7] stützt die Annahme, dass Endometriose auch eine genetische Komponente besitzt, also zumindest bis zu einem gewissen Grad vererbbar ist.

Mehrere Studien [2] ergaben zudem bereits erste Hinweise darauf, wie der genetische Faktor konkret aussehen könnte. Allerdings konnten bisherige Studien nicht nachweisen, welche Gene konkret an der Entstehung der Endometriose beteiligt sind.

Aktuelle Forschungsergebnisse: Was die internationale Forschergruppe zum Thema Vererbung der Endometriose herausgefunden hat

Ein internationales Forscherteam hat eine Studie durchgeführt, bei der die DNA von über 5.000 Frauen mit Endometriose und über 9.000 Frauen ohne Endometriose verglichen. Über diese Studie konnten die Forscher zwei Regionen eines Genoms identifizieren, die an der Entstehung der Endometriose beteiligt sind.

Das Gen (NPSR1), in dem die Varianten zu finden waren, wird laut den Forschern eigentlich im Gehirn aktiv. Die Vermutung der Forscher ist daher, dass das Gen zwar keinen direkten Einfluss auf die Entstehung der Endometrioseherde hat, aber auf die Entstehung beziehungsweise Intensität der Entzündungsreaktion. Diese Entzündungsreaktionen führen bei den Betroffenen zu den starken Schmerzen und somit zu den Beeinträchtigungen im Alltag [9].

Auswirkungen der Studienerkenntnisse: Wie geht es nun weiter?

Die Ergebnisse der aktuellen Studie legen nahe, dass der genetische Faktor umso größer ist, je schwerer die Ausprägung der Endometriose ist. Auch diese Studie belegt also, dass Endometriose nicht alleine durch einen Faktor, in diesem Falle die Gene, zu erklären ist. Die Frage „Kann ich Endometriose vererben?“ muss auf der Basis dieser Studie wohl wie folgt beantwortet werden: Es besteht ein genetisch erhöhtes Risiko bei Verwandten ersten Grades.

Zudem ist das Risiko bei schwer an Endometriose erkrankten Frauen größer, die Endometriose zu vererben, als bei Frauen mit einer schwach ausgeprägten Endometriose.

Auch diese Studie beantwortet die Frage nach den Ursachen der Endometriose also nicht abschließend. Sie eröffnet jedoch neue Forschungsansätze. Zudem konnte in Tierversuchen (mit an Endometriose erkrankten Mäusen) ein nicht-hormoneller Behandlungsansatz untersucht werden. Dies könnte neue Möglichkeiten in der Behandlung eröffnen.

Insgesamt sind die genetischen Ergebnisse allerdings nicht in der Lage, die Endometriose und auch die Risikoverteilung zu erklären. Daher sind sich Forscher inzwischen einig, dass Endometriose multifaktoriell beeinflusst wird. Die Entstehung ist also von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, darunter genetische Faktoren aber auch äußere Einflusse auf das Immunsystem, die Hormone, Entzündungsprozesse, etc.

Gut zu wissen!

In einer Studie hatten 9,5 % der Frauen mit Endometriose auch verwandte ersten Grades (Mutter oder Geschwister) mit Endometriose.

Auch eine Zwillingsstudie [7] stützt die Annahme, dass Endometriose auch eine genetische Komponente besitzt, also zumindest bis zu einem gewissen Grad vererbbar ist.

Zusammenfassung:

Schon lange ist klar, dass auch die Gene einen Einfluss auf die Entstehung der Endometriose haben. Eine aktuelle Studie konnte nun zwei Segmente eines Gens identifizieren, das die Entstehung von schwerer Endometriose beeinflusst. Gerade in Bezug auf die Endometriose mit stark ausgeprägten Symptomen haben die Gene also einen nachweisbaren Effekt. Die Studie eröffnet zudem neue Behandlungsmöglichkeiten im nicht-hormonellen Bereich. Dies könnte insbesondere für Frauen mit Kinderwunsch neue Hoffnung bedeuten. Es müssen jedoch noch weitere Studien folgen.

Solange die Entstehung der Endometriose nicht endgültig geklärt ist, kann auch die Frage nach der Vererbbarkeit nicht abschließend beantwortet werden. Klar ist, dass direkte Verwandte ein erhöhtes Risiko für Endometriose haben. Wie hoch dieses Risiko ist, ist allerdings nicht bekannt. Da viele verschiedene Gene und auch viele Faktoren außerhalb der Gene eine Rolle zu spielen scheinen, kann die Frage nach dem Risiko nicht abschließend beantwortet werden.

Referenzen

  1. Andreas D. Ebert; Endometriose, Ein Wegweiser für die Praxis; De Gruyter
  2. Dissertation Kathrin Anne Büchner, Genetische Risikofaktoren für das Ovarial- und Endometriumkarzinom bei Patientinnen mit Endometriose in einer deutschen Fall-Kontroll-Studie. 2020
  3. Gynäkologie und Geburtshilfe, Springer Verlag, 2006
  4. Endometriose Aktuell; 2/2019; Stiftung Endometriose Forschung
  5. Simpson, J.L., S. Elias, L.R. Malinak und V.C. Buttram, Jr., Heritable aspects of endometriosis. I. Genetic studies. Am J Obstet Gynecol, 1980. 137(3): p. 327-31.
  6. Matalliotakis, I.M., A. Arici, H. Cakmak, A.G. Goumenou, G. Koumantakis und N.G. Mahutte, Familial aggregation of endometriosis in the Yale Series. Arch Gynecol Obstet, 2008. 278(6): p. 507-11.
  7. Saha, R., H.J. Pettersson, P. Svedberg, M. Olovsson, A. Bergqvist, L. Marions, P. Tornvall und R. Kuja-Halkola, Heritability of endometriosis. Fertil Steril, 2015. 104(4): p. 947-52.
  8. https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.abd6469
  9. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/126743/Endometriose-Defekt-in-Entzuendungsgen-weist-auf-neuen-Therapieansatz-hin

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
Zeige alle