Endometriose und Migräne: Welcher Zusammenhang besteht zwischen beiden Erkrankungen?

Endometriose und Migräne: Bei zahlreichen Frauen treten beide Erkrankungen in Kombination auf. Eine Endometriose, als eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen, betrifft bis auf ganz wenige Ausnahmen nur Frauen. Aber auch unter Migräne leiden deutlich mehr Frauen als Männer [1]. Doch neue Studien zeigen, dass die Gemeinsamkeiten zwischen Endometriose und Migräne deutlich weiter gehen. In diesem Artikel erhältst du die wichtigsten Informationen, um das Verhältnis von Endometriose und Migräne verstehen zu können. 

  • Hintergrundwissen Endometriose
  • Hintergrundwissen Migräne
  • Ursachen für Wechselwirkung von Endometriose und Migräne
  • Auswirkungen dieser Erkenntnisse

 

Was ist Endometriose?

Bei der sogenannten Endometriose handelt es sich um eine gynäkologische Erkrankung, die vorrangig in der reproduktiven Phase des Lebens von Frauen aktiv ist [2]. Das bedeutet, dass die Symptome der Endometriose in der Regel rund um die erste Periodenblutung beginnen und meist im Zeitraum der letzten Periodenblutung enden. Insgesamt sind in Deutschland rund fünf bis 15 Prozent aller jungen Mädchen und Frauen von Endometriose betroffen [3].

Die Endometriose ist eine gutartige aber chronische Erkrankung im Bereich der Gebärmutter: Gewebe, welches dem des Endometrium – also der Gebärmutterschleimhaut – sehr ähnlich sieht, siedelt sich bei dieser Erkrankung auch außerhalb der Gebärmutter (Uterus) im Bauchraum an. Im Einzelfall kann die Endometriose auch uterusferne Organe wie Darm, Harnblase, Leber und Lunge betreffen [3, 4].  Das Endometrium-Gewebe, das außerhalb der Gebärmutter wächst, wird Endometriumläsion genannt. Eine weitere Unterscheidung wird bei der Endometriose danach vorgenommen, in welcher Weise diese Läsionen wachsen. Diese können entweder oberflächlich auf Organen wachsen oder tief-infiltrierend, also weit in die Organe hineinreichend [2].

Die Endometriumläsionen unterliegen, wie das Endometrium in der Gebärmutter auch, dem weiblichen Zyklus. Je nachdem, welche Organe betroffen sind und von welcher Art die Verwachsungen sind, können unterschiedliche Symptome auftreten. Diese reichen von Blutungsstörungen und Unfruchtbarkeit über Verdauungsbeschwerden bis zu Rücken- und Kopfschmerzen [3, 4, 5].

Was ist Migräne?

Die Migräne gehört zu den sogenannten Kopfschmerzerkrankungen und zählt zu einer der häufigsten neurologischen Erkrankungen. (Quelle 6) Migränekopfschmerzen treten typischerweise nur auf einer Seite auf und werden als pulsierender Schmerz wahrgenommen. Hinzukommen können weitere Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Licht- sowie Lärmempfindlichkeit. Zudem gibt es eine Sonderform bei dieser Kopfschmerzerkrankung: die Migräne mit Aura. Hierbei handelt es sich um Ausfallsymptome, die sich insbesondere durch das Wahrnehmen von Lichtblitzen und gezackten Linien bemerkbar machen. Oftmals treten diese Symptome bereits vor den Kopfschmerzen auf.

Migräne kann sowohl Männer als Frauen betreffen. Allerdings sind deutlich mehr Frauen betroffen. Aktuelle Untersuchungen gehen davon aus, dass Frauen fünfmal häufiger von Migräne betroffen sind als Männer [1].

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Endometriose und Migräne?

Bis heute sind die Gründe, warum sich eine Endometriose entwickelt, nicht geklärt. Entsprechend herausfordernd ist es zu klären, ob Symptome, die nicht unmittelbar mit den von den Endometriumläsion betroffenen Arealen zusammenhängen, tatsächlich von der Endometriose verursacht werden. Dies traf auch lange Zeit auf die Kopfschmerzen, insbesondere Migräne, zu, unter der Frauen mit Endometriose oftmals ebenfalls leiden [7].

Mehrere Studien haben inzwischen belegt, dass ein Zusammenhang zwischen den Erkrankungen Endometriose und Migräne besteht [8, 5]. Studien belegten, dass Frauen, die an Endometriose erkrankt sind, ein gut doppelt so hohes Risiko für Migräne haben wie Frauen ohne Endometriose. Festgestellt werden konnte zudem, dass eine Migräneerkrankung bei Frauen mit Endometriose rund sieben Jahre früher begann (nämlich mit 16 bis 17 Jahren), als bei Vergleichsgruppen [9]. Der Schweregrad der Endometriose hat nach aktuellen Kenntnissen keinen Einfluss auf die Stärke der Migräneanfälle. Allerdings haben Frauen mit einer sogenannten tief-infiltrierenden Endometriose offenbar ein höheres Risiko, eine Migräne zu entwickeln, als Frauen mit oberflächlichen Endometriumläsion [3].

Warum treten Endometriose und Migräne manchmal zusammen auf?

Auch, wenn die Gründe für die Entstehung einer Endometriose noch nicht geklärt sind, so lässt sich doch feststellen, dass es Ähnlichkeiten zwischen der Endometriose und der Migräne gibt. Diese Ähnlichkeiten beziehen sich auf Faktoren, die mit dem Auftreten der Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Eine frühe erste Periode erhöht sowohl das Risiko für Endometriose als auch für Migräne [10]. Als Ursache für die Wechselwirkung von Endometriose und Migräne werden bereits länger die Hormone, die den Zyklus bestimmen, vermutet. Hierfür spricht auch das Phänomen der sogenannten zyklusabhängigen Migräne: Auch Migränepatientinnen ohne Endometriose leiden vermehrt im zeitlichen Zusammenhang mit der Periode an den anfallsartige Kopfschmerzattacken [11]. Hier scheint ein schneller Abfall des Östradiolspiegels der auslösende Faktor der zyklusabhängigen Migräneanfälle zu sein.

Bereits vor einigen Jahren gab es eine Studie [13], in der gemeinsame genetische Einflussfaktoren für Migräne und Endometriose gefunden wurden. Das bedeutet, dass spezifische genetische Risikofaktoren sowohl eine Endometriose als auch eine Migräneerkrankung auslösen können. Beide Erkrankungen haben offenbar gleiche Auslöser und treten daher oftmals in Kombination auf.

Eine aktuelle Studie [12] hat die Gemeinsamkeiten in der Entstehung von Endometriose und Migräne weiter untersucht. Betrachtet wurde der Nervenbotenstoff CGPR, der bei beiden Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt. Dieser bewirkt eine starke Erweiterung der Gefäße, löst Schmerzen aus und führt zu nervlich bedingten Entzündungen. Besonderes Augenmerk legten die Wissenschaftler auf den Einfluss, den der Menstruationszyklus auf die CGRP-Werte hat. Erste Ergebnisse bestätigen den Verdacht, dass sowohl bei Migräne als auch bei Endometriose eine deutliche Zyklusabhängigkeit der CGRP-Werte besteht.

Was bedeuten diese Studienergebnisse für dich?

Dass sich aufgrund aktueller Studien belegen lässt, dass ein Zusammenhang zwischen Endometriose und Migräne besteht und die auslösenden Faktoren immer besser verstanden werden, hat gleich mehrere praktische Auswirkungen für Patientinnen:

  • Kopfschmerzen können nicht mehr als psychosomatisch abgetan werden: Lange Zeit wurde vermutet, dass zyklusabhängige Migräne und Migräne bei Endometriose keine körperlichen, sondern rein psychische Ursache haben.
  • Gezielte Behandlung möglich: Je besser die Zusammenhänge zwischen Endometriose und Migräne erkannt werden, desto gezielterem und damit wirkungsvollere und nebenwirkungsärmere Behandlungskonzepte können entwickelt werden.
  • Wichtig bei der hormonellen Verhütung: Frauen, die an Migräne mit Aura leiden, sollten keine kombinierten Kontrazeptive (Antibabypillen) einnehmen. Besser geeignet sind sogenannte Gestagen-Mono-Kontrazeptiva, sofern keine zusätzlichen Herzkreislauf-Risikofaktoren vorliegen. Treten unter der Einnahme Migränen auf, muss das Präparat abgesetzt werden. (Quelle 14)
  • Prophylaxe möglich: Da bekannt ist, dass oftmals ein Zusammenhang zwischen Migräne und Endometriose besteht, können die beiden Erkrankungen eine Art Frühwarnsystem füreinander sein. Treten bei Bestehen der einen Erkrankung Symptome der anderen auf, so kann aufgrund des Wissens über die Wechselwirkung die Diagnose schneller gestellt werden.

Zusammenfassung:

Auch wenn Endometriose und Migräne auf den ersten Blick zwei unterschiedliche Krankheitsbilder sind, so hängen sie doch oftmals miteinander zusammen. Die Endometriose kann mit sehr unterschiedlichen Symptomen einhergehen. Frauen mit Endometriose leiden oftmals auch an Migräne. Beide Erkrankungen, so zeigen mehrere Studien, werden durch die schwankenden Hormonspiegel während des weiblichen Zyklus beeinflusst.

Referenzen

  1. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/103830/Migraene-trifft-Frauen-fast-fuenfmal-so-haeufig-wie-Maenner (abgerufen; 17. Juli 2021)
  2. gyne, Ausgabe 05/2016: Die Rolle des Peritoneums in der Schmerzpathogenese des Endometriose, Prof. Dr. Sylvia Mechsner
  3. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(25): 446-55; DOI: 10.3238/arztebl.2010.0446;
    Diagnose und Therapie der tief-infiltrierenden Endometriose, Halis, GüldenMechsner, SylviaEbert, Andreas D.
  4. Endometriose – Entstehung, Diagnose, Verlauf, Therapie; Steck, Felberbaum, Küpker, Brucker, Finas; Springer-Verlag
  5. https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/2284026518818975 (abgerufen; 17. Juli 2021)
  6. https://www.aerzteblatt.de/archiv/200308/Migraene-Prophylaxe-und-Therapie (abgerufen; 17. Juli 2021)
  7. https://www.medwiss.de/2020/12/23/treten-migraene-und-endometriose-haeufig-gemeinsam-auf/  (abgerufen; 17. Juli 2021)
  8. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31810400/ (abgerufen; 17. Juli 2021)
  9. https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/gebaermutterwucherungen-bereiten-frauen-kopfschmerzen/ (abgerufen; 17. Juli 2021)
  10. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3307779/ (abgerufen; 17. Juli 2021)
  11. https://www.aerzteblatt.de/archiv/118997/Migraene-Patientinnen-Differenzierte-Auswahl-des-Kontrazeptivums (abgerufen; 17. Juli 2021)
  12. https://endo-dialog.de/endometriose-und-migraene-studienergebnisse-werden-in-kuerze-publiziert/ (abgerufen; 17. Juli 2021)
  13. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18636479/ (abgerufen am 19. Juli 2021)
  14. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-015l_S3_Hormonelle_Empfaengnisverhuetung_2020-09.pdf (abgerufen am 19. Juli 2021)
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