Warum wird Endometriose so oft mit Chlamydien verwechselt?

Wahrscheinlich hast du schon mal von Chlamydien gehört. Meistens stehen sie im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Krankheiten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht von jährlich etwa 89 Millionen Chlamydien-Neuinfektionen auf der ganzen Welt aus. Auch in Deutschland zählen die genitalen Chlamydien neben HPV-Infektionen, Tripper (Gonorrhö) und Trichomoniasis zu den häufigsten Erregern im Hinblick auf Geschlechtskrankheiten.

Aber warum sind Chlamydien für den Endo-Blog interessant? Viele Endometriose-Betroffene berichten, dass bei Ihnen zunächst Chlamydien diagnostiziert wurden, ehe es zur Endometriose-Diagnose kam. Daher nehmen wir Chlamydien in diesem Artikel genauer unter die Lupe und verschaffen dir einen Überblick über die Symptome, Beschwerden und mögliche Diagnose- und Therapieverfahren. Aufgrund der teilweise schwierigen Differentialdiagnostik betrachten wir auch Gemeinsamkeiten mit der Endometriose-Symptomatik. [1], [2], [3]

Was sind Chlamydien?

Chlamydien-Bakterien.

Bei Chlamydien handelt es sich um Bakterien, die im menschlichen Körper zu Infektionen führen können.

Die meisten Chlamydien-Infektionen werden beim Menschen durch zwei Arten von Chlamydien-Erregern hervorgerufen: Chlamydia trachomatis und Chl

amydia pneumoniae. Das Bakterium Chlamydia trachomatis verursacht sexuell übertragbare Infektionen, zum Beispiel im Genitalbereich, während der Erreger Chlamydia pneumoniae Atemwegs

infektionen wie Lungenentzündungen und eine Bronchitis herbeiführen kann. [1], [2], [4]

In diesem Artikel liegt das Hauptaugenmerk auf dem Erreger Chlamydia trachomatis, also den genitalen Chlamydien. Dieser löst in erster Linie Entzündungen der Harnröhre, des Fortpflanzungstrakts und des Enddarms (Rektum) aus. Die Infektionsrate schwankt regionsabhängig, verhält sich rückgängig mit steigendem Alter und ist bei langfristiger Bindung zu Geschlechtspartnern und -partnerinnen ebenfalls rückgängig. [1]

Wie kommt es zu einer Infektion mit Chlamydien?

Eine Infektion mit dem Erreger Chlamydia trachomatis erfolgt durch sexuellen Kontakt. Die Bakterien befinden sich in den meisten Fällen in den Schleimhäuten von Rektum, Rachen, Vagina, Harnröhre und Gebärmutterhals. Zudem sind sie im Vaginalsekret und im Sperma zu finden, sowie im Lusttropfen und im Urin. Im Allgemeinen sind alle sexuellen Aktivitäten mit dem Risiko einer Chlamydien-Infektion verbunden, sobald es zum Kontakt mit infektiöser Schleimhaut oder Sekreten kommt. Dazu zählen sowohl vaginaler, oraler als auch analer Sex. Ungeschützter vaginaler und analer Sex gelten dabei als häufigste Übertragungsart. Einen hundertprozentigen Schutz vor Chlamydien gibt es nicht. Die Nutzung von Kondomen/Femidomen können jedoch das Risiko bedeutsam senken. [1], [2], [4], [8]

Welche Folgen hat eine Chlamydien-Infektion?

Nicht selten verläuft eine Infektion symptomlos. Deshalb kann es vorkommen, dass Betroffene erst einige Zeit nach der Infizierung Symptome wahrnehmen oder Chlamydien durch medizinische Routine-Screeningtests diagnostiziert werden.

Die Symptome einer Chlamydien- Infektion können sich folgendermaßen äußern: [1], [4], [5]

Geschlechterspezifisch sind folgende Symptome zu beobachten:

Männer:

  • brennendes Gefühl in der Harnröhre
  • weißer Ausfluss aus dem Penis

Frauen:

  • dickflüssiger, gelblicher, vaginaler Ausfluss
  • Zwischenblutungen
  • starke Perioden
  • Schmerzen im Rücken oder Unterleib
  • ein Gefühl häufigen Harndrangs

Eine unbehandelte Chlamydien-Infektion kann zu weiteren Beschwerden und/oder bleibenden Schäden führen, wie zum Beispiel chronischen Schmerzen. Bei oralem und analem Sex sind außerdem Hals- und Rektum-Entzündungen möglich.

Bei Frauen kann eine Chlamydien-Infektion zum Vorläufer einer Entzündung des Beckens werden (PID = Pelvic inflammatory disease). In diesem Fall verursacht der Erreger weiterführende Entzündungen der Gebärmutter, Eileiter oder Eierstöcke. Breitet sich die Entzündung ungehindert aus, kann dies die Schädigung der Reproduktionsorgane zur Folge haben und die Erfüllung eines Kinderwunsches erschweren.

Wird eine Chlamydien-Infektion bei Männern nicht behandelt, besteht das Risiko von Entzündungen der Hoden, Nebenhoden und der Prostata. [1], [4]

Wie werden Chlamydien sicher diagnostiziert?

Chlamydien-Infektionen verlaufen in vielen Fällen nahezu symptomlos. 70 Prozent der infizierten Frauen und 50 Prozent der infizierten Männer spüren nur geringe oder gar keine Symptome. Eine frühzeitige Diagnose von Chlamydien ist daher wichtig, um Komplikationen und Folgeschäden zu vermeiden und eine rechtzeitige Behandlung einleiten zu können. Für die Diagnostik stehen verschiedene Methoden zur Auswahl. Die häufigsten Verfahren sind Nukleinsäurenamplifikationstests und Antigentests. [2], [7]

Der Nukleinsäureamplifikationstest (NAAT) ist der zuverlässigste Test zur Diagnose von Chlamydien und erfolgt nicht-invasiv. Für diesen Test nimmt der Arzt beziehungsweise die Ärztin eine Urinprobe oder einen Abstrich vom Gebärmutterhals oder Rektum des Patienten beziehungsweise der Patientin. Das Testergebnis bietet einen sicheren Nachweis über das Vorhandensein von Chlamydien-DNA im Körper.

Antigen-Tests sind weniger zuverlässig als der NAAT-Test, können aber immer noch Chlamydien im Körper erkennen. Auch dieser Test wird normalerweise mithilfe eines Abstrichs vom Gebärmutterhals oder Rektum durchgeführt.

Bei Kulturen handelt es sich um eine veraltete Methode zur Diagnose von Chlamydien. Dafür wird eine Probe von den betroffenen Stellen entnommen und auf Nährboden kultiviert. Diese Methode ist weniger zuverlässig als NAAT und Antigen-Tests. [6], [7]

Personen mit einem hohen Risiko für eine Infektion wird ein regelmäßiges Screening auf Chlamydien und andere sexuell übertragbare Infektionen (STIs) empfohlen. Dazu zählen im Allgemeinen sexuell aktive Frauen unter 25 Jahren und Personen mit häufigem Partner:in- Wechsel. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sexuell übertragbare Chlamydien insbesondere bei Frauen asymptomatisch oder begleitet von unspezifischen Symptomen verlaufen und ohne Tests oft unerkannt bleiben. Auch schwangere Frauen werden routinemäßig gescreent. Während bei heterosexuellen Männern in der Regel kein Screening durchgeführt wird, wird homosexuell aktiven Männern ein Screening bei bestehender sexueller Aktivität empfohlen. Die Durchführung erfolgt dabei mithilfe eines Urintests (bei insertivem Analsex), rektalen Tupfern (bei rezeptivem Analsex) und pharyngealen Tupfern (bei oralem Sex). [1], [4], [7]

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Für eine Chlamydien-Infektion sollten sich Betroffene nicht schämen.

Antibiotika als Behandlung einer Chlamydien-Infektion.

Aufgrund des hohen Ansteckungsrisikos kann es schnell zu einer Infektion kommen und nicht wenige Menschen haben im Laufe ihres Lebens damit zu tun. Die Behandlung von Chlamydien ist zudem gut mit Hilfe von Antibiotika möglich. Je früher die Antibiotika-Therapie angesetzt wird, desto schneller sin

d Infizierte geheilt. Im Hinblick auf die Übertragungsgefahr sollten Betroffene bis zum Abschluss der Behandlung

auf Geschlechtsverkehr verzichten. Weiterhin sind mehr als 50 Prozent der Sexualpartner:innen von infizierten Personen ebenfalls infiziert. Daher ist es wichtig, dass auch diese untersucht und wenn erforderlich, behandelt werden. [1], [4], [8]

Das gängigste Antibiotika in der Chlamydien-Behandlung für nicht Schwangere ist Doxycyclin, welches über einen Zeitraum von sieben Tagen oral eingenommen wird. Es gilt als Mittel der Wahl und wird bevorzugt angewandt. Weitere häufig verschriebene Antibiotika in der Behandlung von Chlamydien sind Makrolide wie Azithromycin, insbesondere bei Schwangeren, und Erythromycin. Diese erfordern eine Einnahme über einen Zeitraum von sieben Tagen oder länger. Insgesamt liegt der Behandlungserfolg durch die Gabe von Antibiotika bei 97 bis hundert Prozent. [4], [7], [11]

Was haben Chlamydien mit Endometriose zu tun? Gibt es gemeinsame Symptome?

Wie einleitend erwähnt, berichten einige Endometriose-Betroffene davon, dass sie vor ihrer eigentlichen Endometriose-Diagnose zunächst eine falsche Chlamydien-Diagnose erhalten haben. Wie kann es dazu kommen?

Endometriose und Chlamydien-Infektionen können ähnliche Symptome verursachen, aber es gibt auch Unterschiede zwischen den Symptomen beider Erkrankungen.

Symptome, die sowohl bei Chlamydien als auch bei Endometriose auftreten können, sind beispielsweise Zwischenblutungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Schmerzen beim Wasserlassen und Unfruchtbarkeit. Aufgrund dieser teilweisen ähnlichen Symptome ist es schwierig, anhand der Symptome eine genaue Differentialdiagnose zu stellen. Daher sollten Frauen, die Symptome oder ein erhöhtes Risiko haben, auf Chlamydien getestet werden und bei Bedarf auf Endometriose untersucht werden. [12]

Grundsätzlich sind Chlamydien-Infektionen und Endometriose also zwei unterschiedliche Erkrankungen. In einigen Fällen können diese jedoch auch zusammenhängen. Es wird angenommen, dass Entzündungen, die durch Chlamydien-Infektionen verursacht werden, das Risiko für Endometriose erhöhen können, indem sie das Wachstum von Endometriose-Gewebe fördern oder die Immunantwort beeinträchtigen. Hierbei sind allerdings noch weitere Studien und Forschung notwendig, um wissenschaftlich fundierte Aussagen treffen zu können. Weitere Informationen dazu findest du in unserem Artikel über den Zusammenhang von Gebärmutter- und Eierstockentzündungen und Endometriose beziehungsweise Adenomyose.

Fazit

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Frauen, die eine Chlamydien-Infektion haben, auch Endometriose entwickeln werden, und Frauen mit Endometriose haben nicht generell eine Chlamydien-Infektion. Wenn jedoch eine Frau Symptome einer Chlamydien-Infektion hat oder einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, sollte sie sich auf Chlamydien testen lassen, um eine mögliche Infektion zu identifizieren und gegebenenfalls zu behandeln, um das Risiko von Komplikationen, einschließlich Endometriose, zu verringern. [13], [14], [15], [16]

Referenzen

  1. Deutsche Aidshilfe. Chlamydien. https://www.aidshilfe.de/chlamydien#-behandlung-von-chlamydien. Accessed 2 April, 2023.
  2. Robert Koch Institut. Chlamydiosen (Teil 1): Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Chlamydiosen_Teil1.html. Accessed 2 April 2023.
  3. Meyer TF. Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin. Bundesministerium für Bildung und Forschung. Chlamydien – Die unterschätzte Gefahr. https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/chlamydien-die-unterschatzte-gefahr-9257.php. Accessed 2 April, 2023.
  4. Morris SR. University of California San Diego. MSD Manual. Chlamydien-, Mykoplasmen- und Ureaplasmen-Schleimhautinfektionen. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/infektionskrankheiten/geschlechtskrankheiten/chlamydien-mykoplasmen-und-ureaplasmen-schleimhautinfektionen?query=chlamydien. Accessed 2 April, 2023.
  5. MSD Manual. Chlamydien. Ausgabe für Patienten. https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/kurzinformationen-infektionen/sexuell-übertragbare-infektionen/chlamydien. Accessed 2 April, 2023.
  6. Frauenärzte im Netz. Chlamydien. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/chlamydien/diagnostik/. Accessed 2 April, 2023.
  7. S2k-Leitlinie: Infektionen mit Chlamydia trachomatis (Stand: 08/2016) https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/059-005.html. Accessed 11 April, 2023.
  8. Tiefenböck F, Feichter M. Chlamydien-Infektion. https://www.netdoktor.de/krankheiten/chlamydien-infektion/. Accessed 4 April, 2023.
  9. Universitätsspital Zürich. Chlamydien-Behandlung. https://www.usz.ch/fachbereich/gynaekologie/angebot/chlamydien/. Accessed 4 April, 2023.
  10. Kinderwunschzentrum Erlangen. Unfruchtbarkeit bei der Frau – Gründe, Diagnose und Behandlung. https://www.kinderwunschzentrum-erlangen.de/unfruchtbarkeit-frau/. Accessed 4 April, 2023.
  11. Kong FYS, Tabrizi SN, Fairley CK, et al: The efficacy of azithromycin and doxycycline for the treatment of rectal chlamydia infection: a systematic review and meta-analysis. J Antimicrob Chemother 70: 1290–1297, 2015. doi: 10.1093/jac/dku574. Accessed 4 April, 2023.
  12. Endo App. Wissensdatenbank. Kuriose Symptome bei Endometriose. https://endometriose.app/kuriose-symptome-bei-endometriose/. Accessed 5 April, 2023.
  13. Clarizia R, Capezzuoli T, Ceccarello M, et al. Inflammation calls for more: Severe pelvic inflammatory disease with or without endometriosis. Outcomes on 311 laparoscopically treated women. J Gynecol Obstet Hum Reprod (2020). https://www.contemporaryobgyn.net/view/severe-pid-and-without-endometriosis, Accessed 5 April, 2023.
  14. Takebayashi A, Kimura F, Kishi Y, Ishida M, Takahashi A, Yamanaka A, Takahashi K, Suginami H, Murakami T. The association between endometriosis and chronic endometritis. PLoS One. (2014). https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3928198/. Accessed 5 April, 2023.
  15. Ettore Cicinelli, Giuseppe Trojano, Marcella Mastromauro, Antonella Vimercati, Marco Marinaccio, Paola Carmela Mitola, Leonardo Resta, Dominique de Ziegler, Higher prevalence of chronic endometritis in women with endometriosis: a possible etiopathogenetic link. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0015028217303977. Accessed 5 April, 2023.
  16. Tai FW, Chang CY, Chiang JH, Lin WC, Wan L. Association of Pelvic Inflammatory Disease with Risk of Endometriosis. A Nationwide Cohort Study Involving 141,460 Individuals. J Clin Med (2018): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30352985/. Accessed 5 April, 2023.

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