Autogenes Training bei Endometriose

Entspannungsübungen können einen positiven Effekt auf deine Endometriosesymptome haben und dir langfristig dabei helfen, mit ihnen besser umzugehen. Die Liste an möglichen Techniken ist lang – autogenes Training gehört ebenfalls dazu. Was das genau ist und wie du es anwenden kannst, haben wir dir hier zusammengestellt.

Entspannung Made in Germany

Bestimmt hast du den Begriff autogenes Training schon einmal gehört. Doch die wenigsten wissen ganz genau, was er eigentlich bedeutet und was dahintersteckt. Entwickelt wurde die Idee des autogenen Trainings vom deutschen Psychiater Johannes Heinrich Schultz in den 20er und 30er -Jahren. Er war Hypnosetherapeut und stellte fest, dass Menschen sich durch Selbsthypnose in einen Zustand tiefer Entspannung versetzen können. Ziel sollte es sein, dass jeder aus sich selbst heraus einen wohligen Entspannungszustand erreichen kann. Auch heute noch funktioniert das mithilfe bestimmter Techniken, die in zwei verschiedene Stufen eingeteilt sind. [1]

Mit viel Übung zur Entspannungsmeisterin

In der Grundstufe wird gezielt das vegetative Nervensystem angesprochen, das einen großen Einfluss auf das Stresslevel im Körper haben kann. Normalerweise kannst du diesen Teil des Nervensystems nicht gezielt beeinflussen. Genau da kommt dann jedoch das autogene Training ins Spiel. Enthalten sind sieben Übungen, die alle von einfachen, in Gedanken gesprochenen Sätzen begleitet werden. Das kannst du dir wie Mantras vorstellen, wie sie auch bei der Meditation angewendet werden. Am Anfang erfolgt zudem eine Einführung („Ruhe“) und am Ende eine Art Rückführung ins Hier und Jetzt.

  1. Ruhe: Die Entspannung wird eingeleitet, indem man locker und aufrecht auf einem Stuhl sitzt oder flach auf dem Rücken liegt. (z.B. „Ich bin ganz ruhig.“)
  2. Schwere: Man stellt sich vor, dass ein Körperteil sehr schwer wird (z.B. „Mein rechter Arm ist ganz schwer.“). Diese Schwere breitet sich dann nach und nach auf den gesamten Körper aus – so ähnlich, wie wenn sich deine Muskeln nach dem Sport oder abends im Bett entspannt und schwer anfühlen.
  3. Wärme: Ausgehend von einem Körperteil wird nun das Gefühl Wärme verbreitet – wie, wenn die Sonne angenehm auf deinen Körper scheint. Ein möglicher Übungssatz wäre beispielsweise „Mein linkes Bein ist ganz warm.“
  4. Herz: Hier konzentriert man sich auf den Herzschlag, der sich dadurch verlangsamt („Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig.“).
  5. Atem: Die Atemfrequenz soll sich jetzt verlangsamen („Meine Atmung ist ganz ruhig.“). Das erzielt man am besten mit tiefer Bauchatmung.
  6. Sonnengeflecht: Hierbei konzentriert man sich auf den Bauch und die Verdauungsorgane. Durch die Vorstellung von Wärme in dem Bereich sollen sich Magen und Darm entspannen („Sonnengeflecht strömend warm.“).
  7. Kopf: Man stellt sich vor, Kopf und Stirn seien ganz kühl und glatt („Meine Stirn ist glatt und kühl.“). So soll sich die Gesichtsmuskulatur entspannen und etwa Kopfschmerzen vorgebeugt werden.
  8. Rücknahme: Langsam kommt man aus der Entspannung wieder zurück.

Die Oberstufe hingegen unterscheidet sich, je nachdem, welcher Ansatz verfolgt wird. Eine Variante lässt sich vereinfacht als Tagtraum beschreiben. In der Vorstellung werden Bilder erzeugt, die dann verinnerlicht und reflektiert werden können. In der Psychotherapie wird diese Methode zum Beispiel verwendet, um sich verschiedener Lösungsansätze klar zu werden.

Wie du dir jetzt sicher denken kannst, ist das alles gar nicht so einfach. Wenn du also selbst gerne einmal autogenes Training ausprobieren möchtest, ist es ratsam, dies unter Anleitung zu tun. Diese findest du unter anderem in der Endo-App.

Dein Endometriosezentrum oder deine Krankenkasse können ebenfalls gute Anlaufpunkte sein, da von ihnen manchmal Kurse angeboten werden. Ansonsten findest du aber auch online eine Menge Materialien, die dir als Einstieg dienen könnten. Zudem könntest du es erst einmal mit progressiver Muskelentspannung (PME) versuchen. Die beiden Techniken haben viele Gemeinsamkeiten, jedoch ist der Einstieg in die PME deutlich einfacher, weil sie weniger Vorstellungskraft bedarf.

Warum sind Entspannungstechniken bei Endometriose so hilfreich?

Schmerzen und andere Krankheitssymptome einer chronischen Krankheit wie Endometriose führen auf Dauer zu einem erhöhten Stresslevel im Körper. Dies wiederum begünstigt, dass beispielsweise langfristig die Schmerzempfindlichkeit herabgesetzt wird – der Teufelskreis ist in Bewegung gesetzt worden. Wendet man regelmäßig Entspannungstechniken an, wie autogenes Training oder Meditation, kann dieser Kreislauf durchbrochen werden. [2,3]

Da es jedoch viel Übung bedarf, autogenes Training richtig zu praktizieren, gibt es bislang nur wenige wissenschaftliche Studien dazu. Allerdings wurde schon beschrieben, dass es bei kontinuierlicher Übung einen deutlich positiven Effekt auf eine Vielzahl von Beschwerden haben kann. Als Endometriose Betroffene kommt dir hier jetzt sicherlich das ein oder andere mehr als bekannt vor:

Schlaufuchs to go

Das Wort „autogen“ setzt sich aus dem altgriechischen Wort für „selbsttätig“ (auto) und dem lateinischen Begriff für „hervorbringen“ (genero) zusammen. „Autogen“ bezieht sich also eigentlich gar nicht auf das Training, sondern vielmehr auf die Entspannung, die selbsttätig hervorgebracht wird.

Doch „Training für von innen heraus erzeugte Entspannung“ klingt etwas sperrig, findest du nicht auch?

Kurz und knapp zusammengefasst

Das autogene Training kann dir als Werkzeug dienen, um langfristig mit Stress besser umzugehen. Dabei wirkt es besonders auf das vegetative Nervensystem, was wiederum einen Einfluss auf dein Schmerzempfinden hat. Mehr Entspannung bedeutet also auch immer weniger Schmerzen. Um den vollen Effekt des autogenen Trainings zu spüren, bedarf es allerdings regelmäßiger Übung.

Wenn du es jetzt einmal selbst ausprobieren möchtest, lass dich nicht entmutigen. Jeder Anfang ist schwer, aber sobald du einen positiven Effekt spürst, wird es dir sicherlich leichter fallen. Du kannst es schaffen!

Referenzen

  1. Diezemann, A. 2011. „Entspannungsverfahren bei chronischem Schmerz.“ Schmerz 25: 445-453.
  2. Harlev, A. et al. 2015. „Targeting oxidative stress to treat endometriosis.“ Expert Opinion on Therapeutic Targets 19 (11): 1447-1464.
  3. Evans, S. 2019. „ Psychological and mind-body interventions for endometriosis: A systematic review.“ Journal of Psychosomatic Research 124.

Hilft dir autogenes Training, um dich besser entspannen zu können?

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In der Endo-App findest du übrigens Einführungen und Übungen für autogenes Training.

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Meike Fischer