TENS-Gerät bei Endometriose

TENS ist die Abkürzung für transkutane elektrische Nervenstimulation. Diesen kryptischen Begriff kennst Du vielleicht eher unter der Bezeichnung „Reizstrom“. Dieser wird bei zahlreichen Beschwerden und Gesundheitsproblemen eingesetzt. Insbesondere in der Schmerzbehandlung findet TENS Anwendung. Studien zeigen, dass eine gezielte Stimulation der Nerven auch bei Regelschmerzen und Endometriose sinnvoll sein kann. Ich möchte Dir heute erklären, wie TENS funktioniert und wie sie auch zu Hause durchgeführt werden kann.

Das Nervensystem und seine zahlreichen Aufgaben

In Deinem Körper befindet sich ein großes Nervengeflecht. Du kannst es Dir wie einen Stamm mit vielen Ästen vorstellen. Bis in den letzten Winkel reichen die Nerven, und das hat einen guten Grund. Das Nervensystem ist schließlich für viele Aufgaben zuständig. Es beeinflusst Deinen Alltag, indem es Sinnesreize aufnimmt und verarbeitet oder Stoffwechselvorgänge ermöglicht. Das Nervensystem leitet also Informationen aus dem Körper und von außen ans Gehirn und leitet auch die Befehle vom Gehirn in die verschiedenen Körperteile. Auch die Schmerzwahrnehmung basiert auf einem gut funktionierenden Nervensystem. Wenn Du beispielsweise eine heiße Herdplatte berührst, wird mithilfe der Nerven ein Schmerzsignal an das Gehirn übermittelt. In der Kommandozentrale im Kopf wird es verarbeitet – nun nimmst Du Schmerz wahr. Der wiederum sorgt dafür, dass Du die Hand wegziehst und so Deinen Körper vor Schäden bewahrst [1]. Mit den Nerven und den zugehörigen Nervenbahnen hast Du als Endometriose-Patientin wahrscheinlich öfter als andere Menschen zu tun.

Gut zu wissen!

Dein Körper macht übrigens keinen Unterschied zwischen Schmerzen, bei denen Du sofort eingreifen musst oder kannst und solchen, die keine direkte Lebensgefahr beinhalten oder schon lange da sind. Teilweise verstärkt sich der Schmerz auch mit der Zeit bei gleichbleibendem Reiz. Fleißig teilt er die Schmerzbotschaft dem Gehirn mit, was mitunter bei Endometriose sehr belastend sein kann.
Die Übermittlung erfolgt über eine Art chemische Stromimpulse, die zwischen den Zellen weitergeleitet werden.

Was macht ein TENS-Gerät?

Du erinnerst Dich: Schmerz entsteht, indem an Dein Gehirn ein Schmerzsignal weitergegeben wird. Doch wie gelingt das genau? In beinahe jedem Gewebe in Deinem Körper sind sogenannte Nozizeptoren oder Schmerzsinneszellen vorhanden. Sie haben die Aufgabe, den Schmerzreiz wahrzunehmen. Sie treten dann auf den Plan, wenn schadhafte mechanische oder schadhafte thermische (temperaturbezogene) Reize auf das Gewebe einwirken. Auf chemische Substanzen (durch Gewebeverletzungen oder Entzündungen freigesetzt) sprechen die Nozizeptoren ebenfalls an [2]. Über Stromimpulse leiten die Nervenzellen über die Äste die Information zum Rückenmark und dann zum Gehirn. Das TENS-Gerät macht sich dieses Wissen zunutze. Immer dann, wenn das Schmerzsignal das Gehirn erreichen möchte, wird mit einem anderen Stromreiz über die Haut, (der sogenannten transkutanen, elektrischen Nervenstimulation = TENS) die Übermittlung der Botschaft unterbrochen. Der elektrische Impuls, der von dem TENS-Gerät ausgeht, blockiert also die Nachrichtenübermittlung. Im Gehirn kommt die Schadensmeldung vom Gewebe also nie an. Die elektrischen Reize, die über Deine Haut in das Nervensystem gelangen, setzen aber noch an einer anderen Stelle an. Mithilfe eines TENS-Gerätes ist es möglich, die Produktion von Endorphin anzukurbeln. Das körpereigene Hormon kann Schmerzen lindern und so die Wirkung des Reizstroms verstärken [3].

Schlaufuchs to-go

Hast Du schon einmal von der „Gate control theory of pain“ gehört? Immer wenn Deine Haut stimuliert wird, entstehen Nervenimpulse, die mithilfe des Rückenmarks Dein Gehirn erreichen. Wenn die schmerzführenden Fasern bei ihrer Informationsübertragung durch elektrische Signale gestört werden, kommt die Botschaft nicht an. Soweit so gut. Im Rückenmark gibt es einen Bereich, den Du Dir wie eine Eintrittspforte vorstellen kannst. Hier wird genau geregelt, welche Reize an das Gehirn weitergegeben werden, und welche Weiterleitung blockiert wird. Die transkutane elektrische Nervenstimulation kann bewirken, dass sich diese Pforte schließt. Die Morsezeichen aus dem Unterleib können so unterdrückt werden [4].Die „Gate control theory of pain“ wurde in den letzten Jahren durch weitere Erklärungsversuche erweitert, die sich insbesondere mit komplexen Schmerzgeschehen beschäftigen. Die Theorie hat das Verständnis von Schmerzentstehung hinreichend verändert [5].

Die transkutane elektrische Nervenstimulation bei Endometriose

Bei Endometriose befindet sich gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter. Dadurch können Endometrioseherde entstehen, die auch während der Menstruation starke Beschwerden verursachen. Vor allem anhaltende Schmerzimpulse setzen Patientinnen zu. Ein TENS-Gerät könnte Abhilfe schaffen, aber was sagen die Studien dazu? Dass der Ansatzpunkt an den Nerven ein entscheidender ist, haben bereits wissenschaftliche Untersuchungen in der Vergangenheit gezeigt.

So konnte durch das Ansprechen des Vagus-Nervs (längster Hirnnerv) die Schmerzwahrnehmung positiv beeinflusst werden [6]. Eine Studie hat sich konkret damit beschäftigt, welchen positiven Einfluss ein TENS-Gerät auf Frauen mit einer tief infiltrierenden Endometriose haben kann. Hierzu wurden zwei Studiengruppen gebildet. In der einen erhielten die Patientinnen eine Hormonbehandlung und die Elektrotherapie. Die andere Gruppe bekam lediglich die Hormone. Als Ergebnis hielten die Forscher fest, dass die Elektrotherapie sich als ergänzende Maßnahme zur Schmerzkontrolle eignete. Die Anwenderinnen fühlten weniger Unterbauchschmerzen. Zudem verbesserten sich die Lebensqualität und die sexuelle Funktion [7].

Gut zu wissen!

Studien zeigen, dass Frauen während ihrer Menstruation mit einem TENS-Gerät ihre Schmerzen lindern können. Entsprechende Hinweise liefert auch eine Untersuchung aus Brasilien. Wieder wurden zwei Gruppen gebildet, von denen eine das TENS-Gerät bekam und die andere ein „Fake-Gerät“, das die Elektrostimulation nur vorspielte. Alle acht Stunden für 30 Minuten kam das Gerät zum Einsatz und das über sieben Tage. Das Ergebnis: Die TENS-Gruppe hatte weniger Schmerzen. Im Anschluss nutzten immerhin 14 von 20 Frauen das Gerät in ihrem Alltag weiter [8].

Für wen sich das TENS-Gerät eignet

Das simple Prinzip, das hinter der Technik steckt, hat sich nicht nur bei Endometriose, sondern auch bei Geburtsschmerzen und Menstruationsschmerzen bewährt. Dadurch, dass Dein Körper nicht versteht, dass Du keinen Schmerz als Warnhinweis mehr benötigst, leitet er die Botschaft fleißig weiter. Vor allem dann, wenn Du Deine Menstruation hast. In dem Fall kann das TENS-Gerät hilfreich sein. Du kannst es ergänzend oder alternativ zu Schmerzmedikamenten einsetzen. Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) zählt zu den physikalisch basierten Methoden und wird in der Praxis angewendet [9]. Wenn Du Dich dazu entschließt, TENS auszuprobieren, kannst Du vielleicht besser entspannen und den Schmerz womöglich ein Stück weit loslassen, was sich auch positiv auf Deine Psyche auswirken kann.

Für wen sich das TENS-Gerät NICHT eignet

Bei wenigen Personengruppen muss auf die TENS-Technik verzichtet werden. Wenn Du beispielsweise einen schweren Herzfehler oder Herzschrittmacher hast, ist dieses Verfahren nicht für Dich geeignet. Das Gleiche gilt, wenn bei Dir Epilepsie diagnostiziert wurde [4].

Sprich die Nutzung am besten immer mit dem Arzt deines Vertrauens ab.

Wie wird das TENS-Gerät angewendet?

Das TENS-Gerät ist ein kleiner Apparat, der mit Batterien bzw. Akku betrieben wird. Je nach Ausführung gibt es zwei oder mehr Pads, die auf die Haut aufgebracht werden. Diese sind mit dem Gerät verbunden. Üblicherweise werden die Pads im Beckenbereich aufgebracht. Mit verschiedenen Einstellungen kannst Du bei einem Gerät für den Heimgebrauch selbst steuern, wie stark die Impulse sein sollen. Der Reiz sollte nicht schmerzhaft sein, aber eine dauerhafte Stimulation zulassen. Anwenderinnen beschreiben eine Art Kribbeln oder Prickeln, wenn sie das TENS-Gerät anwenden [4].

„Tensen“ auf Rezept: Möglichkeiten zur Kostenübernahme

Ein TENS-Gerät gibt es auch für den Heimgebrauch. Die Kosten dafür sind sehr unterschiedlich. Sie können unter 50 Euro liegen oder mehrere 100 Euro kosten. Hier ist es empfehlenswert, auf Qualität zu achten, da das Gerät über eine längere Zeit zum Einsatz kommen soll. Wenn Du Dich auf die Suche begibst, wirst Du feststellen, dass es auch Geräte gibt, die extra für Regelschmerzen konzipiert wurden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie flügelförmig geformt sind und sich so besonders leicht am Unterbauch anbringen lassen. Wenn Du Dir die Frage stellst, welches Gerät für Dich am besten geeignet ist, kannst Du Dich vertrauensvoll an Deinen Gynäkologen wenden. Wenn er davon überzeugt ist, dass ein TENS-Gerät für Dich hilfreich sein könnte, kann er Dir auch ein Rezept ausstellen. Eine Verlängerung des Rezepts oder sogar eine Dauerverordnung sind möglich und können Dir einige Kosten ersparen.

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Dipl.-Ges.oec. Jennifer Ann Steinort