Tumormarker in der Endometriose-Diagnostik?

Wie du vielleicht schon weißt, gibt es verschiedene Techniken für die Diagnose der Endometriose. Für einen ersten Überblick kommt meist der Ultraschall zum Einsatz, während die Bauchspiegelung als Goldstandard gilt. Natürlich wäre es besser, wenn man die Endometriose schnell und einfach anhand eines Bluttests feststellen könnte. Bei vielen Erkrankungen ist das bereits möglich. In der Krebsdiagnostik werden häufig sogenannte Tumormarker herangezogen. Diese Tumormarker könnten auch für die Endometriose-Diagnostik interessant sein. Was es damit auf sich hat, möchten wir in diesem Artikel behandeln.

Was sind Tumormarker?

Bei Tumormarkern handelt es sich um biologische Substanzen, die entweder von einem Tumor selbst oder als Reaktion des Körpers auf die Krebserkrankung produziert werden. Sie stellen eine Untergruppe der sogenannten Biomarker dar, welche insbesondere in der Krebsdiagnostik Anwendung finden. Sie sind im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten zu finden und eignen sich dadurch als diagnostisches Mittel.

Einige Tumormarker sind im Rahmen eines bestimmten Normbereiches grundsätzlich immer im Körper vorhanden, andere nur bei Krebs oder anderen Erkrankungen. Sie eignen sich jedoch nicht als Krebstest, sondern können einen bereits vorliegenden Verdacht nur unterstützen und darauf hinweisen, in welchem Organ sich der Tumor befinden könnte. Erhöhte Werte können auch auf andere Erkrankungen hindeuten, die nichts mit Tumoren zu tun haben, wie zum Beispiel auf Entzündungen. Der Tumormarker PSA (Prostata-spezifisches Antigen) beispielsweise ist auch bei Gesunden zu finden, allerdings sollte der Wert unter 4 liegen. Erhöhte Werte deuten auf Veränderungen wie einen Tumor in der Prostata hin. Allerdings ist dieser Wert generell eher umstritten und ein erhöhter Wert bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Veränderung der Prostata vorliegt. Das Eiweiß AFP (alpha-Fetoprotein) hingegen wird eigentlich nur vom Fötus im Mutterleib gebildet. Findet man es bei Erwachsenen oder Kindern, deutet dies meistens auf Leber- oder Hodenkrebs hin.

Tumormarker sind allerdings nicht nur für die Diagnosestellung nützlich. Sie können darüber hinaus verwendet werden, um den Therapieerfolg zu überprüfen oder eine Prognose über den Verlauf der Krankheit zu stellen. Auch das Krebsstadium und ein eventuelles Rezidiv, also eine Rückkehr der Erkrankung, können davon abgeleitet werden. Beispielsweise sagen sogenannte CTCs (zirkulierende Tumorzellen) im Blut eine eher schlechte Prognose voraus, da sich Metastasen so leichter bilden können. Metastasen sind Krebszellen, die sich in anderen Körperbereichen als der ursprüngliche Tumor befinden – das bedeutet, dass der Krebs gestreut hat. Bei Eierstockkrebs kann man außerdem den CA-125-Wert bestimmen, um zu sehen, ob die Therapie gut wirkt [1],[2],[3].

Neben den altbekannten Anwendungsbereichen werden die Tumormarker immer interessanter für den Bereich der personalisierten Medizin. Da ein Tumor bei jedem Menschen andere Eigenschaften haben kann und daher unterschiedlich schnell wächst und vor allem auf unterschiedliche Behandlungsmethoden anspricht, ist es wichtig, dass ein individuelles Profil erstellt wird. So können Tumormarker dabei helfen, einen wirksamen Therapieplan zu finden und damit den Behandlungserfolg deutlich verbessern. Auch wird damit kostbare Zeit gespart, da keine Behandlungsversuche unternommen werden müssen, die am Ende vielleicht gar nicht helfen und nur dazu führen, dass der Tumor zunächst weiterwachsen kann [4].

Tumormarker bei Endometriose

An der Diagnostik und Therapie der Endometriose wird bereits seit vielen Jahren geforscht. Wie in vielen anderen Bereichen versucht die Wissenschaft auch hier, möglichst effiziente, unkomplizierte und kostengünstige Verfahren für die Diagnose zu entwickeln. Da verschiedene Biomarker bereits bei zahlreichen anderen Krankheiten zum Einsatz kommen, liegt die Vermutung nahe, dass diese auch für die Endometriose-Diagnostik verwendet werden können. Zahlreiche Studien, die im Folgenden aufgeführt werden, haben sich bereits mit diesem Thema beschäftigt und kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

In einer Studie aus dem Jahr 1999 wurden die Anwesenheit und Konzentration mehrerer Tumormarker bei Personen mit Endometrioseherden im Beckenbereich untersucht. Getestet wurden die Probandinnen auf die Marker CA-125, CA-15-3, CA-19-9, CEA (carcinoembryonales Antigen), AFP (alpha-Fetoprotein) und B2MG (beta-2 microglobulin). Insgesamt nahmen 50 Personen teil, welche in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Die erste Gruppe diente der Kontrolle und enthielt nur gesunde Personen. In der zweiten Gruppe befanden sich 35 an Endometriose Erkrankte. Allen Personen wurden Blutproben entnommen, einmal während der Menstruationsblutung und eine Woche später. Das Ergebnis lautete, dass lediglich der Marker CA-125 bei den Probandinnen mit Endometriose im Stadium 3 bis 4 erhöht war, alle anderen Marker waren bei allen 50 Personen unauffällig. Besonders aussagekräftig waren dabei die Blutproben, welche während der Blutung entnommen worden waren [5]. CA-125 ist nicht nur bei Erkrankungen erhöht, sondern steigt auch leicht während des Eisprungs und etwas mehr während der Menstruation an. Diese Veränderungen sind ganz normal und kein Grund zur Beunruhigung [6].

Dieselbe Studie wurde bereits im Jahr 1997 durchgeführt, jedoch wurden neben CA-125 unter anderem auch der Biomarker CRP (C-reaktives Protein) getestet. Dieser ist besonders interessant, da er einer der Entzündungsparameter im Blut ist. Die Studie kam zu demselben Ergebnis [7]. Beide Studien lieferten also wichtige Erkenntnisse darüber, dass der Tumormarker CA-125 interessant für die Diagnostik der Endometriose sein könnte, wobei es sich hierbei lediglich um Erkrankte mit Endometriose im Beckenbereich handelte. Auch war die Anzahl der Teilnehmenden relativ gering, sodass die Aussagekraft zunächst noch nicht ausreichend war. Im weiteren Verlauf gab es jedoch weiterführende Untersuchungen dazu.

Nur etwas später, im Jahr 2001, wurde untersucht, ob sich erhöhte CA-125-Werte auch in der Peritonealflüssigkeit im Bauchraum finden lassen würden. In vorangegangenen Studien wurden nur die Blutproben auf den Marker untersucht, jedoch keine anderen Körperflüssigkeiten. Da dieser nur bei Endometriose des Stadiums 3 oder höher erhöht war, konnten frühere Stadien so nicht erkannt werden. Mit Hilfe dieser Studie wollten die Forschenden herausfinden, ob man anhand der Peritonealflüssigkeit bereits frühere Stadien diagnostizieren kann. Hierzu untersuchte man insgesamt 107 Personen mit und ohne Endometriose mittels einer Bauchspiegelung während der Luteal- oder Gelbkörperphase des Menstruationszyklus. Diese beginnt mit dem Eisprung und endet mit dem ersten Tag der Menstruationsblutung. Im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe wiesen die an Endometriose Erkrankten einen erhöhten CA-125-Wert in der Peritonealflüssigkeit auf, was nicht überraschend war. Interessant war jedoch, dass der Wert nicht nur deutlich höher war als der in den Blutproben, sondern er war im Gegensatz zu den Blutproben auch bereits bei Endometriose in den frühen Stadien 1 und 2 erhöht [8]. Das Aufspüren von Endometrioseherden bei Bauchspiegelungen ist nicht immer einfach und erfordert ein geschultes Auge, da die Herde häufig recht versteckt liegen und ziemlich klein sein können. Die Studienergebnisse könnten dafür sorgen, dass die Diagnostik in Zukunft einfacher wird. So könnte man während der Bauchspiegelung Peritonealflüssigkeit entnehmen und diese auf CA-125 testen, um auch dann eine Diagnose stellen zu können, wenn keine Endometrioseherde gefunden werden konnten.

Eine größere Metaanalyse zu dem Thema wertete im Jahr 2015 verschiedene Studien zwischen 2000 und 2014 aus. Die einbezogenen Studien beschäftigten sich mit den Tumormarkern CA-125, CA-19-9 und CA-15-3. Der Marker CA-19-9 ist bei vielen Tumorerkrankungen erhöht, insbesondere bei Bauchspeicheldrüsen-, Magen- und Ovarialkarzinomen [9]. CA-15-3 ist insbesondere bei Brustkrebs erhöht [10]. Die Metaanalyse evaluierte insgesamt 12 Studien mit über 1.000 Personen, bei denen die Blutproben auf die Tumormarker untersucht wurden. Die Ergebnisse der vorherigen Studien wurden bestätigt – der Marker CA-125 war bei vielen an Endometriose Erkrankten signifikant erhöht. Dies war sowohl in den frühen als auch in den späten Stadien der Erkrankung der Fall. Auch der Marker CA-19-9 konnte mit Endometriose in Verbindung gebracht werden, jedoch war dieser eher in den späten Stadien 3 und 4 erhöht und es gab keine signifikanten Veränderungen in früheren Stadien. Lediglich CA-15-3 scheint für die Endometriose von keiner diagnostischen Bedeutung zu sein. In einigen der Studien war der Wert bei manchen Erkrankten in späteren Stadien erhöht, jedoch waren diese einzelnen Fälle nicht signifikant genug, um eine hohe Aussagekraft zu haben [11].

Dass zumindest der Tumormarker CA-125 nützlich für die Diagnose von Endometriose sein kann, scheint damit klar zu sein. Ein trotzdem bestehendes Problem ist die Frage, welcher Wert genau für die Diagnose ausreicht und ab wann man überhaupt von einem erhöhten Wert sprechen kann. Einige Studien fanden heraus, dass ein Wert von über 30 U/ml (Einheiten per Milliliter) diagnostisch relevant ist. Andere Studien wiederum konnten dies zwar bestätigen, gleichwohl stellten sie jedoch auch heraus, dass ein Wert unter 30 U/ml nicht bedeutet, dass keine Endometriose vorliegt. Auch machten einige Untersuchungen Unterschiede zwischen Personen vor und nach der Menopause. Bei Personen, die noch ihre Menstruation bekommen, liegt demzufolge ein diagnostischer Wert bei über 37 U/ml, während nach der Menopause ein Wert von über 35 U/ml gelten soll [12].

Fazit – lässt sich Endometriose mit Hilfe von Tumormarkern feststellen?

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Anwendung von Tumormarkern in der Endometriose-Diagnostik und Verlaufskontrolle mit Sicherheit vielversprechend ist. Auch mögliche bösartige Veränderungen könnten mit Hilfe des Markers in Zukunft früher entdeckt werden, sofern regelmäßige Verlaufskontrollen stattfinden. Eines der größten ungelösten Probleme ist jedoch, dass es derzeit noch Uneinigkeiten in Bezug auf die genauen diagnostischen Werte gibt. Zum einen gibt es ganz normale Schwankungen während des Menstruationszyklus, zum anderen scheint es unterschiedliche Meinungen dazu unter den Forschenden zu geben. Aufgrund dieser Problematik ist es aktuell noch zu früh, um die Bestimmung von Tumormarkern im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten für die Diagnose von Endometriose zu verwenden. Der CA-125-Wert scheint jedoch nichtsdestotrotz dabei zu helfen, den Verdacht auf eine Endometriose zu untermauern. Sind beispielsweise die typischen Symptome vorhanden und der Tumormarker im Blut ist dementsprechend erhöht, so sind das wichtige Indikatoren dafür, dass die Erkrankung vorliegt. Eine Bauchspiegelung bleibt einem derzeit dennoch nicht erspart. Insbesondere deswegen, weil nicht erhöhte Werte nicht automatisch bedeuten, dass keine Endometriose vorliegt. Um die Bestimmung der Tumormarker als Standardverfahren einzuführen, ist also noch Einiges an Forschung nötig. Aber wer weiß, vielleicht können sie eines Tages die aufwendigen Bauchspiegelungen ersetzen und den Verdacht auf Endometriose sicher bestätigen oder ausschließen. Das Potenzial dazu hätten sie jedenfalls.

Referenzen

  1. Krebsinformationsdienst: Biomarker:Beispiele https://www.krebsinformationsdienst.de/untersuchung/molekulare-diagnostik/tumormarker-biomarker-beispiele.php (abgerufen am 24.03.2023)
  2. Die Techniker Krankenkasse: Was sind Tumormarker? https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/krebserkrankungen-oder-tumoren/was-sind-tumormarker-2018024 (abgerufen am 24.03.2023)
  3. National Cancer Institute: Tumor Markers https://www.cancer.gov/about-cancer/diagnosis-staging/diagnosis/tumor-markers-fact-sheet (abgerufen am 24.03.2023)
  4. Bayerische Krebsgesellschaft: Was sind Tumormarker? https://www.bayerische-krebsgesellschaft.de/informationen/fakten-ueber-krebs/16-fragen-zum-thema-krebs/was-sind-tumormarker/?L=0 (abgerufen am 24.03.2023)
  5. Abrão MS, Podgaec S, Pinotti JA, de Oliveira RM. Tumor markers in endometriosis. Int J Gynaecol Obstet. 1999 Jul;66(1):19-22. doi: 10.1016/s0020-7292(99)00046-6. PMID: 10458545.
  6. Nonogaki H, Fujii S, Konishi I, Nanbu Y, Kobayashi F, Mori T. Serial changes of serum CA125 levels during menstrual cycles. Asia Oceania J Obstet Gynaecol. 1991 Dec;17(4):369-78. doi: 10.1111/j.1447-0756.1991.tb00288.x. PMID: 1801684.
  7. Abrão MS, Podgaec S, Filho BM, Ramos LO, Pinotti JA, de Oliveira RM. The use of biochemical markers in the diagnosis of pelvic endometriosis. Hum Reprod. 1997 Nov;12(11):2523-7. doi: 10.1093/humrep/12.11.2523. PMID: 9436699.
  8. Kraśnicki D. Ocena stezenia CA-125 w płynie otrzewnowym i surowicy u kobiet z endometrioza [Serum and peritoneal fluid CA-125 concentration in women with endometriosis]. Ginekol Pol. 2001 Dec;72(12A):1365-9. Polish. PMID: 11883280.
  9. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: CA 19-9 https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/hormone-tumormarker/ca-19-9.html (abgerufen am 24.03.2023)
  10. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: CA 15-3 https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/hormone-tumormarker/ca-15-3.html (abgerufen am 24.03.2023)
  11. Shen A, Xu S, Ma Y, Guo H, Li C, Yang C, Zou S. Diagnostic value of serum CA125, CA19-9 and CA15-3 in endometriosis: A meta-analysis. J Int Med Res. 2015 Oct;43(5):599-609. doi: 10.1177/0300060515583076. Epub 2015 Aug 5. PMID: 26246541.
  12. Yonghua Chen, Meixia Pan, Ying Zuo, Bin Yang, Shaoguang Wang, Research progress of CA125 in endometriosis: Teaching an old dog new tricks, Gynecology and Obstetrics Clinical Medicine, Volume 2, Issue 4, 2022, Pages 191-198, ISSN 2667-1646, https://doi.org/10.1016/j.gocm.2022.10.006. (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667164622000926)

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