Übersäuerung und Endometriose
Tipps zu basischer Ernährung, die eine Übersäuerung des Körpers verhindern oder wieder abschwächen soll, füllen Bücher und Internetseiten. Theorien, welche Beschwerden durch eine Übersäuerung des Körpers ausgelöst werden sollen überzeugen einige, auch Endometriosepatientinnen, ihre Ernährung auf basische Lebensmittel umzustellen.
Eine Übersäuerung des Körpers soll Entzündungsprozesse fördern und bei Endometriose natürlich vermieden werden. Dies, so die Theorie, erreicht man durch den Verzehr basischer Lebensmittel oder einer basischen Ernährung. Die basische Ernährung soll der Übersäuerung des Körpers vorbeugen oder entgegenwirken. Dabei werden Lebensmittel in Gruppen unterteilt, wobei Lebensmittel, die als „basenbildend“ eingestuft werden, bevorzugt werden sollen. Was ist dran an basischer Ernährung und Übersäuerung?
Theorie der basischen Ernährung
Die Vorstellung einer „Übersäuerung“ des Körpers entstand etwa im 17. Jahrhundert, wurde aber erst im 20. Jahrhundert populär. Verfechter der „Übersäuerungs-Theorie“ sind der Überzeugung, dass viele Zivilisationskrankheiten wie z.B. Gicht, viele Allergien, Hauterkrankungen und auch Krebs durch eine Übersäuerung des Körpers verursacht würden. Sie stützen dies auf die Behauptung, dass unsere moderne Ernährung mit Fast Food, Weißmehl, Zucker, Alkohol und anderen als ungesund anerkannten Lebensmitteln dazu führe, dass im Menschen zu viele Säuren gebildet würden.
Der Folgeschluss dieser Annahme ist dann die Idee, dass der Übersäuerung des Menschen mit einer basischen Ernährung vorgebeugt werden müsse, um Schäden und Krankheiten vorzubeugen. Diese basische Kost besteht aus einer langen Liste basischer Lebensmittel. Ist es mit der Ernährung nicht möglich, die angenommene Übersäuerung auszugleichen, sollen auch Basenpulver helfen.
Kann der Körper tatsächlich übersäuern?
Die Grundlage der basischen Ernährung ist die Idee, dass der Körper durch falsche Ernährung oder Stress übersäuert. Diese Idee ist wissenschaftlich jedoch nicht haltbar, denn ein gesunder Mensch reguliert das Säure-Basen-Verhältnis ganz von allein und braucht dazu weder spezielle Ernährung noch bestimmte Basenpulver oder andere basische oder basenbildende Mittelchen. Überschüssige Säuren scheidet der Körper immer automatisch wieder aus, sie müssen nicht durch spezielle basische Ernährung ausgeglichen werden. [2]
Dieser Mechanismus läuft im gesunden Körper völlig automatisch ab: der Hauptanteil der durch die Nahrungsaufnahme aufgenommenen überschüssigen Säuren wird über die Nieren ausgeschieden, aber auch Atem, Schweiß und Stuhlgang enthalten Säuren. Nur bei wirklich kranken Personen können in seltenen Einzelfällen wirklich zu viele Säuren ins Blut gelangen. Aber auch dann entsteht noch lange keine Übersäuerung, denn der Körper stellt ganz einfach Kalzium aus den Knochen bereit, um damit den Säure-Basen-Haushalt wieder zu harmonisieren.
Die Meinung von Medizin und Wissenschaft ist zu diesem Thema ganz eindeutig: eine Übersäuerung des Körpers ist nur bei wirklich schweren Stoffwechselentgleisungen (beispielsweise bei Nierenversagen) möglich, wird aber grundsätzlich nicht durch unsere Ernährung verursacht. Es konnte bisher bei keiner einzigen wissenschaftlichen Studie ein Zusammenhang zwischen „Übersäuerung“ und Krankheiten festgestellt werden.
Was ist mit Urintests?
Anhänger der basischen Ernährung messen zur Beweisführung oft den pH-Wert ihres Urins, um damit zu beweisen, dass ihr Körper übersäuert sei. Wird dazu mit einem pH Teststreifen auf der Toilette eine angebliche Übersäuerung diagnostiziert, bedeutet das jedoch nur, dass die natürlichen Regulationsmechanismen des Körpers richtig funktionieren. Ist der Urin sauer, hat der Körper gerade überschüssige Säuren ganz von allein ausgeschieden. Der pH-Wert des Urins schwankt übrigens immer über den ganzen Tag.
Warum helfen basische Lebensmittel manchmal?
Sicherlich hast du von jemandem gehört oder gelesen, der mit basischer Ernährung gute Erfahrungen gemacht hat, weil die Person dadurch vielleicht Gewicht verloren hat, sich die durch Endometriose verursachten Symptome gebessert haben, sie die Verdauung regulieren konnte oder sich damit einfach nur fitter fühlt.
Dieser Effekt kann auf einen ganz einfachen Grund zurückgeführt werden: ein Nebeneffekt der basischen Ernährung ist nämlich der, dass sich die Personen intensiver mit dem, was sie zu sich nehmen auseinander setzen und sich daher bewusster und meist etwas gesünder ernähren. Viele der als basisch beschriebenen Lebensmittel (wie viele Gemüsesorten) sind also tatsächlich gesünder als die angeblich säuernden Lebensmittel. Nur mit Säuren oder Basen/Laugen hat das nichts zu tun. Wer Weißmehlprodukte, Zucker, Alkohol, Fast Food, fetten Käse und andere, angeblich säurebildenden Lebensmittel nicht mehr oder weniger isst, ernährt sich dadurch automatisch gesünder und „endometriosegerechter“ – und spürt die positiven Effekte einer gesünderen Ernährung natürlich auch. Mehr dazu, wie eine gesunde Ernährung bei Endometriose aussieht, liest du hier: Ernährung bei Endometriose Basics
Eine gesunde Ernährung ist übrigens immer ohne Nahrungsergänzungsmittel wie zum Beispiel Basenpulver möglich. [1] Nur in ganz seltenen Ausnahmen macht es Sinn, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Ob du zu den Ausnahmen zählst, erfährst du hier: Nahrungsergänzungsmittel bei Endometriose.
Referenzen
- Was Endometriose mit der Darmflora zu tun hat - 12. Mai 2022
- Mandelmilch selbst herstellen - 9. Oktober 2021
- Milchreis: kreativ, vegan und glutenfrei - 7. Oktober 2021