Endometriose und Kündigung – was es zu beachten gilt

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses seitens der ArbeitgeberIn ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Das gilt erst recht bei krankheitsbedingten Kündigungen. Im Folgenden geht es um die Fragen, welche Bedingungen vorliegen müssen, damit es so weit kommen kann, wie du dagegen vorgehen kannst und welche Fallstricke es im Fall des Falles zu vermeiden gilt. 

Endometriose als Kündigungsgrund 

Du bist an Endometriose erkrankt und hast Angst deinen Arbeitsplatz zu verlieren? Keine Sorge. Die Erkrankung allein ist kein Kündigungsgrund. Im Rahmen der gebärmutterschleimhautähnlichen Wucherungen kann es jedoch zum Nachlassen von arbeitsvertraglich geschuldeten Fähigkeiten und zu krankheitsbedingter Abwesenheit kommen, was eine Kündigung bedingen kann. 

Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung 

Wichtig vorneweg: Eine ausgesprochene Kündigung ist nicht zwingend rechtens. Das deutsche Arbeitsrecht sieht weitreichende Schutzmaßnahmen zugunsten von ArbeitnehmerInnen vor, um diese vor willkürlichen Entscheidungen durch ArbeitgeberInnen zu bewahren. Diese beginnen schon bei der irreführenden Redewendung, eine Kündigung werde ausgesprochen. Fakt ist nämlich, dass diese zu ihrer Wirksamkeit schriftlich erfolgen muss. „Schriftlich“ heißt hier schriftlich im altmodischen Sinne: Eine Kündigung per E-Mail oder SMS ist genauso wenig wirksam, wie eine, die mündlich ausgesprochen wurde. Sie muss außerdem eindeutig und unmissverständlich als Kündigung formuliert sein und darf nicht an eine Bedingung geknüpft werden. Hat dein Unternehmen einen Betriebsrat, muss dieser nach den Vorgaben des § 102 Betriebsverfassungsgesetz zum geplanten Kündigungsvorhaben angehört werden. 

Zu einer wirksamen personenbedingten Kündigung, worunter die Kündigung wegen Krankheit fällt, bedarf es drei Voraussetzungen: einer negativen Gesundheitsprognose, einer erheblichen Beeinträchtigung der ArbeitgeberIn und einer beiderseitigen Interessenabwägung, die zulasten der Arbeitnehmerin ausgefallen ist.
Die Negativprognose verlangt die begründete Annahme, dass die betroffene Arbeitnehmerin die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung auch in der Zukunft nicht oder nur teilweise erbringen können wird. Gilt die für die Fehlzeiten ursächliche Erkrankung dagegen als ausgeheilt, kann eine Negativprognose nicht vorliegen. Eine erhebliche Beeinträchtigung der ArbeitgeberIn liegt dann vor, wenn es aufgrund der Erkrankung zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen aufseiten der ArbeitgeberIn gekommen ist, was beispielsweise durch hohe Entgeltfortzahlungskosten im Krankheitsfall oder bei entsprechend hohen Einarbeitungskosten gegeben sein kann. Davon ist grundsätzlich nicht auszugehen, wenn du innerhalb eines Jahres weniger als sechs Wochen arbeitsunfähig warst. Für die Beurteilung spielt es keine Rolle, ob eine Langzeiterkrankung die Beeinträchtigung verursacht hat oder ob kurze, dafür aber häufige Erkrankungen ursächlich waren. Zuletzt muss sich die Belastung durch die Beeinträchtigung im Rahmen einer Interessenabwägung für deine ArbeitgeberIn als nicht mehr hinnehmbar erweisen. Ob das bei dir der Fall ist, kann nur eine Prüfung der individuellen Bedingungen deines Arbeitsverhältnisses ergeben. Alternative Lösungen, welche eine Weiterbeschäftigung trotz endometriosebedingter Beschwerden möglich machen, müssen ausgeschlossen worden sein.
Das Vorliegen der einzelnen Voraussetzungen wird im Zweifel gerichtlich überprüft werden müssen. Vor deutschen Arbeitsgerichten bedarf es übrigens keiner anwaltlichen Vertretung, wie du § 11 Arbeitsgerichtsgesetz entnehmen kannst. Dennoch ist dringend zu einer solchen zu raten. 

Kündigungsfrist 

Wird die Kündigung von dir akzeptiert oder ist tatsächlich rechtens, endet dein Arbeitsverhältnis nicht mit ihrem Zugang, sondern erst nach Ablauf der Kündigungsfrist. Einerseits verschafft dir das die Zeit, deine berufliche Zukunft neu zu organisieren. Andererseits musst du deinen vertraglichen Pflichten bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nachkommen. Die Berechnung der Kündigungsfrist ist abhängig von dem Inhalt deines Arbeitsvertrags und der Dauer deines Arbeitsverhältnisses. Enthält dein Arbeitsvertrag keine Details zur Kündigungsfrist, so gilt die gesetzliche, welche in § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt ist. Während abweichende, auch kürzere Fristen, tarifvertraglich geregelt sein können, entsprechen die gesetzlichen Regelungen grundsätzlich den Mindestanforderungen und dürfen nicht unterschritten werden. Eine außerordentliche Kündigung, wie die fristlose Kündigung im Fachjargon heißt, kann krankheitsbedingt genauso wenig ausgesprochen werden, wie es einer vorherigen Abmahnung wegen Fehlzeiten bedarf. Du hast als Arbeitnehmerin nämlich ein Anrecht darauf krank zu sein. Eine andere Beurteilung kann sich ergeben, wenn du während einer Arbeitsunfähigkeit aus anderen Gründen, beispielsweise wegen einer Pflichtverletzung, gekündigt wirst. 

Gekündigt wegen chronischer Erkrankung

Klagefrist 

Neben der Kündigungsfrist musst du die sogenannte Klagefrist zu beachten. Das gilt jedenfalls dann, wenn du dagegen vorgehen möchtest. Nur unter Einhaltung derselben kannst du die Rechtsmäßigkeit der Kündigung gerichtlich überprüfen lassen. Die Klagefrist beträgt drei Wochen ab Zugang der Kündigung, § 4 Kündigungsschutzgesetz. Achtung: Zwar sind Ausstellungsdatum und Zugangsdatum nicht zwingend identisch, das Ausstellungsdatum gilt im Zweifel jedoch als Anhaltspunkt für die Berechnung des Zugangs. Deine Alarmglocken sollten also klingeln, wenn du eine Kündigung erhältst, deren Ausstellungsdatum älter ist. Versäumst du die Klagefrist, gilt auch eine eigentlich rechtsunwirksame Kündigung als von Anfang an wirksam (§ 7 Kündigungsschutzgesetz). 

Kündigung und Behinderung 

Gehörst du zu den Menschen mit einem Grad der Behinderung von über 50 oder zu den diesen gleichgestellten Personen, unterliegst du ab Beendigung der Probezeit dem besonders intensiven Sonderkündigungsschutz. Voraussetzung ist jedoch die Kenntnis deiner ArbeitgeberIn bezüglich deiner Schwerbehinderung. Ist deine gesundheitliche Situation deiner ArbeitgeberIn zum Kündigungszeitpunkt nicht bekannt, hast du drei Wochen Zeit, dich aufgrund deiner Schwerbehinderung oder deren Gleichstellung auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen. Unter diesen Voraussetzungen ist deine ArbeitgeberIn dazu verpflichtet die Schwerbehindertenvertretung über die Kündigung zu informieren und die Zustimmung des Integrationsamtes über das Vorhaben einzuholen. Letzteres macht sich vor Ort einen Eindruck über die bestehende Situation und hört die betroffene Arbeitnehmerin, die Schwerbehindertenvertretung, sowie den Betriebsrat an. Das oberste Ziel besteht in der Erhaltung des Arbeitsplatzes. Das Hinzuziehen einer BetriebsärztIn oder des technischen Beratungsdienstes kann im Rahmen der behindertengerechten Arbeitsplatzgestaltung sinnvoll sein. Zur Erhaltung des Arbeitsplatzes können Reha-Maßnahmen, Fortbildungen, die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit erforderlichen technischen Arbeitshilfen oder die Möglichkeit einer entsprechenden Umgestaltung des Arbeitsplatzes angedacht werden. 

Wie du dein Recht durchsetzen kannst 

Ist der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes für dich eröffnet, kannst du mit Vorliegen einer schriftlichen Kündigung und innerhalb der Klagefrist beim Arbeitsgericht „Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“. Die Voraussetzungen für die sogenannte Kündigungsschutzklage, sind erfüllt, wenn du als Arbeitnehmerin ohne längere Unterbrechung bereits sechs Monate in einem Unternehmen gearbeitet hast, welches mehr als zehn ArbeitnehmerInnen beschäftigt (§§ 1, 23 des Kündigungsschutzgesetzes). 

Liegen die Voraussetzungen bei dir nicht vor, kannst du die Kündigung auf Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder der Betriebsratsmitgliedschaft prüfen lassen. 

Aufhebungsvertrag – (k)eine Alternative 

Manche ArbeitgeberIn sucht die besonderen Kündigungsschutzvorschriften, sowie die Vorschriften des allgemeinen Kündigungsschutzes durch das Angebot eines Aufhebungsvertrags zu umgehen. Damit sich ein solcher nicht als Fallstrick erweist, ist besondere Vorsicht geboten. Im Gegensatz zu einer Kündigung setzt ein Aufhebungsvertrag das Einverständnis beider durch Arbeitsvertrag gebundenen Parteien voraus. Mit anderen Worten: du gibst deinen Arbeitsplatz freiwillig auf. Das hat Nachteile: die Entscheidung kann zu einer Sperrzeit von 12 Wochen beim Arbeitslosengeld (§ 159 SGB II), zu Einbußen bei ArbeitgeberInnen finanzierter betrieblicher Altersvorsorge oder der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst führen. Diese Nachteile können mittels geschickter Verhandlungsführung durch entsprechende Abfindungssummen ausgeglichen werden. Auch der Inhalt des auszustellenden Arbeitszeugnisses kann vertraglich festgelegt werden. Verhandelst du jedoch schlecht, kommst du schlecht weg und du kannst nur in Ausnahmefällen dagegen vorgehen. Wenn dir also ein Abfindungsvertrag angeboten wird, erbitte dir eine Bedenkzeit von drei oder vier Tagen. Hole dir Rechtsrat ein und halte bezüglich einer möglichen Sperrung und besonderen Formulierungswünschen Rücksprache mit der Agentur für Arbeit, um Nachteile zu umgehen. Als hilfreich kann sich ein Verhandlungstraining erweisen, in dessen Rahmen du konkret auf deine Aufhebungsvertragsverhandlung vorbereitet wirst. Übrigens: wenn du überrumpelt und ohne Bedenkzeit zur Unterschrift gedrängt wirst, kannst du gegen den Aufhebungsvertrag vorgehen. 

Abschließend noch ein Wort zu Aufhebungsverträgen und Steuern: damit du durch den Erhalt einer Abfindungszahlung nicht in den nächsthöheren Steuersatz rutschst, wurde die sogenannte „Fünftelregelung“ geschaffen. Um von dieser zu profitieren, musst du sie jedoch beantragen. 

Verhalten nach Kündigung 

Damit du das Beste aus der Situation machen kannst, gilt es einige Verhaltensregeln zu beachten. Eines vorweg: unterschreibe nichts einfach so. Hast du die Kündigung erhalten, solltest du ihr mit Bedacht begegnen und auf zur Schau gestellte emotionale Ausbrüche verzichten. Auch wenn dir hundeelend zumute ist, solltest du dich sofort bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden, um Arbeitslosengeld und gegebenenfalls weitere Unterstützungen zu erhalten. Das gilt auch dann, wenn du gegen die Kündigung vorgehen möchtest. In jedem Fall ist es empfehlenswert eine AnwältIn für Arbeitsrecht aufzusuchen, um anwaltlichen Rat einzuholen. Bedenke, dass das Zeitfenster, in welchem du gegen die Kündigung vorgehen kannst, klein ist. Ziehst du rechtliche Schritte gegen die Kündigung in Betracht, solltest du wissen, dass dem Prozess vor dem Arbeitsgericht ein sogenannter Gütetermin vorausgeht. Ziel ist es, übrigens genau wie zu jedem Zeitpunkt eines Prozesses, auf einen Vergleich hinzuwirken. Hier enden tatsächlich auch viele Konflikte. Deswegen kann es sinnvoll sein, deiner ArbeitgeberIn nach erfolgter anwaltlicher Beratung, anstelle eines Rechtsstreits, eine Mediation vorzuschlagen. Die hier angestrebte Einigung ist einvernehmlich, mit kalkulierbaren Kosten verbunden und erfolgt ohne zeitlichen Druck. Sowohl im Vorfeld eines Mediationsverfahrens als auch vor einer Güteverhandlung solltest du dir genau überlegen, zu welchen Bedingungen du einer Einigung zustimmen möchtest. Ganz wichtig ist: ändere dein Verhalten nicht plötzlich, beispielsweise indem du krankfeierst. Kranksein ist dagegen natürlich erlaubt. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass

  • du dich mit Erhalt einer Kündigung sofort arbeitssuchend melden solltest,
  • eine Kündigung nicht immer rechtmäßig erfolgt und du nur innerhalb eines kleinen Zeitfensters gegen sie vorgehen kannst,
  • du keine AnwältIn brauchst, eine Rechts- und Prozessvertretung aber anzuraten ist,
  • ein Mediationsverfahren eine Alternative zum Gerichtsverfahren sein kann,
  • du deiner ArbeitgeberIn spätestens drei Wochen nach Zugang der Kündigung von deinem Anspruch auf Sonderkündigungsschutz berichten musst,
  • du bei dem Angebot eines Aufhebungsvertrags Bedenkzeit einräumen, dich rechtlich beraten lassen, die Agentur für Arbeit kontaktieren und gegebenenfalls die Verhandlung vorbereiten solltest
  • du die Verhaltensregeln nach einer erfolgten Kündigung einhältst, wenn du das Beste aus der Situation machen möchtest.

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Nadine
Nadine
21. Oktober 2021 19:00

Der Artikel ist gut geschrieben und erklärt, jedoch heißt es nicht mehr „Prozente“, wenn man von der Behinderung spricht-das ist veraltet! Es heißt GdB -Grad der Behinderung.

Sandra Fleck
26. Oktober 2021 16:03
Antworten zu  Nadine

Danke für den Hinweis, Nadine. Wir haben es geändert 🙂

Saskia Schlossberger
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