Da die Endometriosezellen unter Östrogeneinfluss wachsen, können östrogensenkende Hormonsubstrate eine weitere Ausbreitung verringern.
Trotz des nachgewiesenen therapeutischen Effekts ist jedoch die Einnahme von Kontrazeptiva bezugnehmend bestimmte Aspekte der Erkrankung ein kontroverses Thema.
Es gibt in der Literatur einige wenige Veröffentlichungen, welche die Frage aufwerfen, ob eine frühere Pilleneinnahme zu einer späteren Endometrioseentwicklung führen kann.
In einer Metaanalyse, also einer zusammenfassenden Auswertung mehrerer Studien, wurden von Vercellini et al. die Forschungsergebnisse von insgesamt 18 Studien berücksichtigt: [3]
Hierbei zeigte sich eine um den Faktor 1,21 erhöhte Endometrioserate bei Patientinnen mit früherer Hormontherapie.
In der Kontrollgruppe, welche zum Beobachtungszeitpunkt die Einnahme fortführte, konnte hingegen ein deutlich geringeres Risiko festgestellt werden.
Die Autoren dieser Studie heben jedoch entgegen den Ergebnissen hervor, dass es sich hierbei um eine Datenverzerrung handeln könnte. Es besteht die Möglichkeit, dass der Diagnosenanstieg nach Absetzen der Hormone auf eine vorher nicht erkannte Endometriose beruhen könnte.
In einer Fall-Kontroll-Studie, diesmal von Chapron et al., erwies sich auch eine erhöhte Endometrioseprävalenz nach vergangener Hormonpräparateinnahme. [4]
Hierbei wurden bei der Auswertung zwischen den Einnahmegründen (Kontrazeption versus Einnahme aufgrund von Regelschmerzen) und der Krankheitsausprägung (Tief infiltrierende versus oberflächliche Endometriose) differenziert.
Es zeigte sich in den Ergebnissen eine 5,6-fach erhöhte Endometrioserate bei früherer Hormoneinnahme aufgrund einer primären Dysmenorrhoe (Periodenschmerzen). Zudem wurden bei diesen Patientinnen am häufigsten eine tief infiltrierende Endometriose operativ diagnostiziert.
Die Forschungsgruppe um Chapron wirft, wie Vernicelli et al., auch die Frage zur Diskussion auf, ob die Kontrazeptiva aufgrund ihres therapeutischen Effekts eine bereits bestehende Endometriose klinisch asymptomatisch machen können.
Besonders wenn Patientinnen aufgrund von Regelschmerzen die Pille verschrieben bekommen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese typischen Beschwerden auf eine bereits manifeste Endometriose basieren.
Sollte aus unterschiedlichen Gründen die Medikation im Verlauf abgesetzt werden, kann es zu einer neuartigen oder wiederkehrenden Symptomatik kommen.
Anschließend stellen sich die Patientinnen mit diesen Beschwerden zur weiteren Abklärung vor und erhalten letztlich erst nach beendeter Hormoneinnahme die Diagnose einer Endometriose.
Weiterhin wird diese Annahme damit bestärkt, dass die Fallgruppe mit Endometriose im Vergleich zu nicht betroffenen Studienteilnehmerinnen häufiger die Pille aufgrund von Regelbeschwerden, statt primär zur Kontrazeption einnahmen. [4]
Eine weitere interessante Erkenntnis zu diesem Thema wurde in einer großen Studie von Tu et al. hervorgebracht. [5] Unter den 9.585 beteiligten Frauen zwischen dem Alter von 18 und 23 Jahren zum Beobachtungsbeginn wurde prospektiv eine unterschiedliche Endometrioserate zwischen gebärenden und nicht-gebärenden Frauen festgestellt. Frauen, die bereits ein Kind geboren hatten, zeigten trotz früherer Hormoneinnahme sogar ein um den Faktor 0,41-0,45 geringeres Risiko für eine Endometriose. Im Vergleich dazu ergab sich für nicht-gebärende Frauen ein zweifach erhöhtes Risiko für eine spätere Erkrankung. Am höchsten war die Erkrankungsrate mit einer Risikoerhöhung um den Faktor 2,3, wenn die Kontrazeption länger als 5 Jahre bei nicht Gebärenden durchgeführt wurde. Aus diesen Ergebnissen konnte die Schlussfolgerungen gezogen werden, dass erstens die Dauer der Hormontherapie ein entscheidender Faktor ist und zweitens das Krankheitsrisiko bei früherer oraler Kontrazeption abhängig von der Parität der Frauen ist.
An dieser Stelle könnte man den Schluss ziehen, dass Schwangerschaften protektiv auf eine Endometriose wirken. [6] Dieser Aspekt ist jedoch aktuell ein diskutiertes Thema in der Endometrioseforschung und wird in einem weiteren Artikel von uns demnächst genauer erläutert. Des Weiteren begründet dieselbe Forschungsgruppe um Tu et al. ihre Studienergebnisse damit, dass Frauen mit einer (vergangenen) Kontrazeptivaeinnahme, häufig eine bessere Anbindung an Ärzt:innen hätten und deshalb wahrscheinlicher eine Endometriosediagnose gestellt bekommen. [5]
Folglich ergeben sich wie aus den vorherigen Studien viele mögliche Begründungen für die Datenverzerrungen bzw. für den beobachteten Zusammenhang. Eine direkte Kausalität zwischen Hormoneinnahme und Endometrioseentstehung konnte bei den bisherigen Studiendesigns und genannten weiteren Einflussfaktoren nicht konkret erwiesen werden.
Da es bei den bisherigen retrospektiven als auch prospektiven Datenerhebungen zu relevanten Ergebnisverzerrungen gekommen ist, müssen weitere Studien durchgeführt werden, um eindeutig eine Kausalität zwischen früherer Hormonpräparatnutzung und der Endometrioseentwicklung nachzuweisen oder zu widerlegen.
Hierfür muss besonders zum Zeitpunkt des Therapiebeginns eine Endometriose ausgeschlossen werden, um gegebenenfalls eine Krankheitsentstehung im Beobachtungsverlauf erstmals erkennen zu können bzw. diese auf die Therapie zurückzuführen.
Neben der oralen Kontrazeptivaeinnahme müssen auch mögliche Einflussfaktoren, wie die Parität, Symptomatik oder andere hormonelle Begebenheiten der Frauen in die Auswertung eingeschlossen werden.
In den bisher einbezogenen Studienergebnissen bleibt jedoch gemeinsam, dass eine aktuelle Einnahme der Medikamente, also eine fortlaufende Hormontherapie, das Endometrioserisiko senkt.
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