Die Feststellung von positiven Biomarkern führt nicht immer zur Diagnosesicherung. Wie bei allen wissenschaftlichen Tests gibt es auch hier falsch positive oder falsch negative Testergebnisse. Daher werden viele dieser Marker bevorzugt zur Verlaufskontrolle statt zum primären Screening oder zur Diagnosestellung eingesetzt (der PSA-Wert ist einige der wenigen umstrittenen Ausnahmen).
In den aktuellen Leitlinien für die Endometriose wird die Bestimmung von Biomarkern zur Diagnosestellung nicht empfohlen. Hierbei wird jedoch Bezug auf die Tumormarker (CA 125 und CA 19-9) genommen, die vor allem in milder Ausprägung der Endometriose nicht relevant erhöht sein können und daher aufgrund der individuellen Unterschiede nicht einheitlich für das Screening eingesetzt werden können. [5]
Für das Endometriosescreening nutzt die Forschungsgruppe aus Frankreich spezifische microRNA Moleküle als Biomarker.
MicroRNA – oder kurz miRNA – können über eine Bindung an der messenger RNA Genabschnitte auf unserer DNA durch eine Hemmung regulieren und somit auch bestimmte Signalwege, die für die Entstehung von Krankheiten relevant sind. Bei der Endometriose sind bereits durch andere Forschungsarbeiten typische Signalwege bekannt, jedoch gibt es eine Anzahl verschiedener miRNA Moleküle, deren Relation zur Endometriose noch unerforscht ist. [6]
Unter den bisher weitgehend untersuchten miRNAs sind beispielsweise Funktionen im Zellwachstum und -beweglichkeit sowie Hormonsynthese bekannt. Durch Hemmung dieser Moleküle, erreicht die Endometriose ihre typischen Krankheitseigenschaften, wie übermäßiges Wachstum außerhalb der eigentlichen Gebärmutterschleimhaut. [7, 8]
Hintergrund dieses Speicheltests ist die Bestimmung von molekularen Biomarkern.
Biomarker sind Parameter, die in der Medizin unter anderem zur Feststellung einer Krankheit oder zur Bestimmung des Krankheitsverlaufes genutzt werden können. Ein Beispiel hierfür ist der vor allem für Diabetes relevante Blutzuckerwert.
Des Weiteren gibt es molekulare Biomarker, deren Gewinnung aus Körperflüssigkeiten oder entnommenem Gewebe erfolgt.
Einige dieser Moleküle, wie beispielsweise das Prostataspezifische Antigen (PSA), werden schon seit Jahren zum Screening eines Prostatakrebs in der urologischen Vorsorge angewendet.
Zur Bestimmung der spezifischen krankheitsrelevanten Moleküle wurden in der französischen Fall-Kontroll-Studie insgesamt 200 Probandinnen eingeschlossen. [2]
153 (76,5 %) der Teilnehmerinnen hatten eine operativ oder bildradiologisch bestätigte Endometriose.
Zur Kontrolle und Differenzierung wurden von 47 (23,5 %) Frauen ohne Endometriose die miRNA Moleküle über dasselbe Verfahren mitbestimmt.
Letztlich ergab die Studie, dass es 109 verschiedene microRNA Moleküle gibt, die bei 96 % der Endometriosepatientinnen gemeinsam vorkommen, während in Speichelproben aus der Kontrollgruppe diese nicht nachgewiesen werden konnten.
Insgesamt wurden bei der Fall- und Kontrollgruppe 2561 verschiedene miRNA Moleküle detektiert, hiervon 109 Moleküle selektiv bei den endometriosegesicherten Fällen.
Interessant ist, dass von 109 miRNAs 84 mit typischen Signalwegen und 4 bereits aus anderen Forschungsarbeiten mit Endometriose bekannt sein sollen. Die übrigen 25 miRNAs seien erstmalig von der Forschungsgruppe um Bendifallah beschrieben worden und bedürften daher weiterer Grundlagenforschung. [2]
Diese erstmalig in größerer Studienpopulation erreichten Ergebnisse wurden in Kollaboration sechs verschiedener französischer Kliniken gemeinsam mit der Firma Ziwig zur Entwicklung des neuen nichtinvasiven Speicheltests marktfreundlich umgesetzt. [4]
Durch eine CE-IVD Markierung darf das medizinische Produkt auch in der EU nun eingesetzt werden und ist seit dem 12. Oktober 2022 auf dem deutschen Markt erhältlich. [3, 4, 9]
Angesichts der Tatsache, dass die Diagnose der Endometriose derzeit viel Optimierungspotenzial besitzt, könnte dieses medizinische Produkt einen erheblichen Fortschritt für die Endometriose bieten. Im Vergleich waren bisher für die Diagnose ausgiebige Anamnesegespräche sowie kombinierte Untersuchungen nötig.
Eine endgültige Diagnose kann laut medizinischer Leitlinien mittels einer Gewebsuntersuchung per Bauchspiegelung erfolgen. [5] Eine Bauchspiegelung, auch Laparoskopie genannt, ist meist mit einem anschließenden stationären Aufenthalt verbunden.
In einer wissenschaftlichen Arbeit wurden die durchschnittlichen Vergütungen pro Operation veranschaulicht: Hierbei zeigten sich abhängig vom Endometriosestadium durchschnittliche Kosten zwischen minimal 747 Euro bis maximal 939 Euro pro Operation. [10] Zu dieser Vergütungshöhe müssen dann additiv noch die Kosten für den stationären Aufenthalt einbezogen werden.
Aktuell wird ein Endotest Diagnostic-Testkit über den Anbieter Eluthia in Deutschland für 799 Euro angeboten. [3] Bisher gibt es in Deutschland keine offiziell geregelte Kostenübernahme seitens der Krankenkassen. Derzeit handelt es sich um eine sogenannte individuelle Gesundheitsleistung, dessen Übernahme individuell beantragt und ggf. entscheidungsabhängig übernommen wird. [2]
Krankenkassen können Kosten anerkannter sowie nicht-anerkannter Behandlungsmethoden übernehmen. Besonders bei neu entwickelten Methoden, wie dem Endotest, ist für die weitere übergreifende Anerkennung die sogenannte Replizierbarkeit ein essenzieller Faktor.
Replizierbarkeit einer Studie bedeutet, dass die Ergebnisse aus der Hauptstudie in anderen unabhängigen Studien annähernd wiedergegeben werden. Hierbei ist es auch wichtig, dass eine höhere Anzahl an ProbandInnen als in der Originalstudie miteinbezogen werden. Somit steigt die Evidenz bzw. die Aussagekraft der angewendeten Methoden. [14]
Bezüglich der Aussagekraft des Speicheltests basierend auf die Originalstudie und erste klinischer Anwendung, gibt der Hersteller Ziwig auf seiner Webseite eine Testsensitivität von 97 % und Spezifität von 100 % an. [4]
Sensitivität bedeutet, dass 97 % der tatsächlich an Endometriose erkrankten Frauen im Test als krank erkannt werden sollen. Dagegen bedeutet eine angegebene Spezifität von 100 %, dass angeblich alle gesunden Frauen als gesund und nie fälschlich als erkrankt eingestuft werden.
Im Vergleich dazu hat die laparoskopische Diagnostik zwar auch eine hohe Sensitivität, jedoch abhängig von der Symptomkonstellation der operierten Frauen eine unterschiedliche Spezifität in den Studien gezeigt. So ergab eine Studie aus 2012 eine Sensitivität von 85 % bei einer Spezifität von vergleichsweise nur 44 %. [11]
Andererseits muss hervorgehoben werden, dass die Laparoskopie im Vergleich zu einem Speicheltestscreening nicht nur eine Diagnose stellen kann, sondern auch die Ausprägung sowie das Befallsmuster der Endometriose veranschaulicht.
Zudem unterscheidet man zwischen einer rein diagnostischen sowie einer erweitert therapeutischen Laparoskopie. Folglich kann durch eine Laparoskopie eine Endometriosebehandlung möglich sein, die bei einem Speichelscreeningtest entfällt. Daher kann ein Speicheltest zum Screening nicht den gleichzeitig vorliegenden diagnostischen und therapeutischen Wert einer Laparoskopie ersetzen.
Zuletzt ist die Zeit ein wichtiger Faktor für die Patientinnen bei der Diagnose. Eine frühe Diagnosestellung kann durch der damit einhergehenden Therapieindikation die spätere Ausprägung sowie den Krankheitsverlauf der Endometriose bestimmen. Während operative Eingriffe oder ärztliche Untersuchungen termingebunden bis zu mehreren Monaten dauern können, bietet der Endotest eine deutlich verkürzte Dauer von 14 Tagen bis zur Diagnose an. [4, 9]
Aus der bisherigen Medienresonanz auf den Endotest kamen einige relevante Fragen auf, welche durch weitere Studien oder im Rahmen der größeren marktlichen Nutzung geklärt werden könnten [2, 4, 12, 13]:
Es bleibt weiterhin sehr spannend in der Forschungsentwicklung der Endometriose, zumal nun durch den Bundestagsbeschluss auch in Deutschland wie in unserem Nachbarland Frankreich die Forschung der Endometriose aktiv gefördert werden soll.
Vor allem bezüglich der microRNA Moleküle gibt es nicht nur aufgrund ihrer Rolle in der Diagnostik, sondern zusätzlich für die potenzielle Nutzung als therapeutische Zielmoleküle viel Forschungsbedarf.
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