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Unser Support-Team ist immer wieder Anlaufstelle für Endometriose-Betroffene, deren Krankenkassen sich bei der Beantragung eines Aktivierungscodes querstellen. Trotz der unermüdlichen Unterstützung unseres Support-Teams kommt es manchmal auch vor, dass Anträge abgelehnt werden – meist mit weit hergeholten Begründungen.
Da Apps auf Rezept (DiGAs), wie die Endo-App, mit anderen medizinischen Hilfsmitteln gleichgestellt sind, haben wir bei den Krankenkassen einmal nachgehakt. So auch in einem Fall der BKK exklusiv.
Was wir (und das Gesetz) dazu sagen
Aylin ist 28 Jahre alt und lebt mit ihrem Kater Leonardo in einer gemütlichen 2-Zimmerwohnung in der Nähe von Hannover. Ihre Endometriose-Diagnose hat sie erst seit knapp 2 Jahren. Aber auch wenn es ihr manchmal noch schwerfällt zu akzeptieren, ist sie eigentlich doch ganz froh, dass ihre vielen Symptome jetzt endlich einen Namen haben.
Eine Sache, auf die sie sich jeden Tag freut, ist der Konfetti-Regen in der Endo-App. Deswegen und weil sie die Inhalte und das Symptom-Tagebuch sehr schätzt, hat sie sich die Endo-App nun schon mehrfach verschreiben lassen. Immer mit Rezept ihres Arztes.
Viermal wurde ihr von ihrer Krankenkasse, der BKK exklusiv, ein Aktivierungscode gesendet. Dann der große Knall! Nachdem ihr der letzte Code am 30.04.2024 zugesandt wurde, erhielt Aylin folgende Mail:
Also eine Ablehnung mit Ankündigung? Ganz genau so schien es der Fall zu sein. Denn nachdem Aylin über unseren Antragsservice das fünfte Rezept ihres Arztes bei der BKK exklusiv eingereicht hatte (17.07.2024), folgte das dicke Ende in einem äußerst ausführlichen Ablehnungsschreiben am 02.08.2024.
In diesem wurden vor allem folgende Punkte als Begründung genannt:
Zunächst einmal ist es total verständlich, dass ein solch langer Brief voller Paragrafen einschüchternd und abschreckend wirken kann. Gerade dann, wenn man sich nicht mit der entsprechenden gesetzlichen Lage auskennt. Wenn du mehr über das neue Digitalgesetz und seine direkten Auswirkungen auf Patient:innen erfahren willst, dann kannst du in unserem Blog dazu noch weitere Artikel finden. Ansonsten dröseln wir das Ganze jetzt mal auf.
Gemäß dem Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung vom 13.06.2023 ist es “[u]nter Beachtung der Therapiefreiheit des Arztes [ist es] der Krankenkasse grundsätzlich verwehrt, in die Verordnungsentscheidung des Arztes einzugreifen.“. [1]
Auf gut Deutsch: Dein Arzt oder deine Ärztin weiß am besten, was für dich gut ist. Wenn du also ein Rezept bei deiner Krankenkasse einreichst, sollte diese eigentlich erstmal nichts dagegen einzuwenden haben. Denn auch Ärztinnen und Ärzte sind dazu verpflichtet, bei ihren Verordnungen die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit im Blick zu haben. [2]
Hat nun eine Krankenkasse, wie die BKK exklusiv, dennoch Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit, hat sie die Möglichkeit, den sogenannten Medizinischen Dienst (MD) einzuschalten.
Der Medizinische Dienst ist der Beratungs- und Begutachtungsapparat der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen. Er soll sicherstellen, dass es in unserem Gesundheitssystem gerecht zugeht und ist deshalb zum Beispiel für die Feststellung eines Pflegegrads oder eben die Frage, ob eine bestimmte Therapie- oder Behandlungsmethode zum Einsatz kommen soll, verantwortlich. Wichtig: Der MD arbeitet dabei immer unabhängig!
Gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V wäre die BKK exklusiv dann also dazu verpflichtet, eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst einzuleiten. [3] Dies ist unseres Wissens bisher jedoch noch nicht passiert.
Da viele Krankenkassen in der Vergangenheit regelmäßig und systematisch den MD eingeschaltet haben, um eine DiGA-Verordnung zu verhindern, wurde in einem Rundschreiben des Bundesamtes für Soziale Sicherung nochmal bekräftigt: Eine regelmäßige Überprüfung, vor allem von Folgeverordnungen, ist nicht zulässig. [4]
Aylin wurde ganz deutlich gesagt, dass sie mittlerweile in der Lage sein müsse die Übungen und Selbstmanagementmethoden aus der App selbständig anwenden zu können. Klar gibt es in der App viele Tipps und Tricks, die man nach und nach in den eigenen Alltag einbauen kann. Aber aktuell haben wir rund 75 Stunden Video- und Audioinhalte in der Endo-App. Viele davon sind direkte Anleitungen zum Mitmachen. Wir finden: 75 Stunden auswendig zu lernen wäre eine sehr (denk-)sportliche Leistung.
Wie ihr sicherlich wisst, beinhaltet die Endo-App, unter anderem auch noch ein ausführliches Symptomtagebuch. In Studien konnte gezeigt werden, dass auch eine solche Funktion eine wirksame Möglichkeit für das Schmerz- und Symptommanagement darstellt. [5]
Gerade bei chronischen Erkrankungen wie Endometriose wäre es also ziemlich naheliegend und notwendig, den Versicherten ein solches Hilfsmittel an die Hand zu geben.
Dann verwies die BKK exklusiv ja noch auf unsere Zulassungsstudie. Wie vom Gesetzgeber gefordert, führten wir diese über einen Zeitraum von 12 Wochen durch. Die Ergebnisse waren klasse: Es konnte gezeigt werden, dass die Endo-App einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität von Endometriose-Betroffenen haben kann.
Und nicht nur das. Auch Fatigue, (chronische) Schmerzen und Angst/Depression verbesserten sich bei den App-Nutzenden signifikant. [6]
Jedoch wissen wir alle: Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die einer dauerhaften Therapie und Begleitung bedarf. Es gibt sogar Studien, die einen weitaus größeren Effekt bei einer längeren Nutzung feststellten. [7] Mit einmaligen oder kurzfristigen Behandlungen oder Therapien ist es bei chronischen Krankheiten also nicht getan.
Und vielleicht ist es ja auch nicht unbedingt im Sinne der Wirtschaftlichkeit (und der Menschlichkeit) chronische kranke Menschen mit ihrer Diagnose einfach allein zu lassen.
Die Dauer und Häufigkeit von Verschreibungen von Apps auf Rezept sind nicht grundsätzlich beschränkt. Sollte die Krankenkasse dennoch begründete Zweifel haben, so muss sie, wie oben beschrieben, eigentlich den Medizinischen Dienst heranziehen.
Bis heute (06.09.2024) hat die BKK exklusiv leider noch nicht auf unsere konkreten Fragen geantwortet. Lediglich folgende Rückmeldung haben wir erhalten:
“Wir nehmen jedoch die von Ihnen übermittelte Anfrage zum Anlass, unsere Entscheidung einer nochmaligen internen Überprüfung zu unterziehen. Diesbezüglich werden wir uns mit unserer Versicherten direkt in Verbindung setzen.”
Wenn auch deine Krankenkasse bei der Beantragung eines Aktivierungscodes für die Endo-App Probleme macht, lass dir gesagt sein: Du bist damit nicht alleine. Klar ist es gerade mit einer chronischen Erkrankung wie Endometriose nicht einfach, immer und immer wieder für sich und seine Rechte einstehen zu müssen, aber unser Support hilft dir gerne, wo es nur geht.
Wir sind zudem immer daran interessiert, über positive wie negative Erfahrungen mit Krankenkassen in Bezug auf die Endo-App informiert zu werden. Damit kannst du dich also auch direkt an uns wenden.
Bei wiederholtem Querstellen einer Krankenkasse besteht dann nämlich auch immer noch die Möglichkeit, das Bundesamt für Soziale Sicherung über das Verhalten dieser bestimmten Krankenkasse zu informieren.
Medizinjournalistin
Meike ist wissenschaftliche Redakteurin im Redaktionsteam der Endo Health GmbH. Gesundheitsförderung für Personen mit Endometriose, Adenomyose und Regelschmerzen ist ihr Herzensthema. Für sie bedeutet das nämlich auch Empowerment.
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