Herausforderungen für Versicherte der IKK classic

Svenja Hauschild (Name von der Redaktion geändert) gehört zu den Endo-App-Nutzerinnen der ersten Stunde: Seit Anfang 2022 nutzt sie die Alltagshilfe für Endometriose-Betroffene und konnte dadurch ihre Lebensqualität deutlich verbessern. Da auch ihre Ärztin vom Behandlungserfolg überzeugt ist, hat sie Svenja schon dreimal ein Rezept für die Endo-App ausgestellt. Bereits auf das erste Rezept reagierte Svenjas Krankenkasse, die IKK classic, zunächst mit einem Ablehnungsbescheid. Dank der Hilfe unseres Support-Teams lenkte die Sachbearbeiterin aber schließlich ein. Als Svenja die Endo-App im Mai diesen Jahres zum zweiten Mal verlängern wollte, lehnte die Krankenkasse jedoch erneut ab. Was genau Svenja erlebt hat, kannst du hier nachlesen. Vielleicht bist du ja in einer ähnlichen Situation und der Erfahrungsbericht kann dir als Wegweiser dienen.

Krankenkasse stellt ärztliche Verordnung infrage

„Ich konnte die Endo-App bereits vor der offiziellen Markteinführung im Rahmen eines Anwendertests nutzen. Das Selbstmanagement hat für mich von Anfang an perfekt funktioniert. Deshalb war für mich klar, dass ich mir die Endo-App sofort verschreiben lasse, als dies einige Monate später möglich wurde. Meine Ärztin musste ich nicht lange überzeugen. Die IKK classic lehnte den Antrag allerdings zunächst ab. Ein Schreiben, das mir das Endo-App-Support-Team zur Verfügung gestellt hatte, stimmte die Sachbearbeiterin aber glücklicherweise um. Schließlich bekam ich meinen Freischaltcode und auch die Verlängerung nach Ablauf des ersten Quartals funktionierte problemlos.

Als ich die App jedoch zum zweiten Mal verlängern wollte, ließ die Rückmeldung von der IKK classic sechs Wochen auf sich warten: Statt eines neuen Freischaltcodes erhielt ich eine Information darüber, dass der Medizinische Dienst zur Begutachtung eingeschaltet worden sei. Weitere vier Wochen später hieß es, dass die ‚erforderlichen Unterlagen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzung‘ noch nicht vorlägen. Eineinhalb Wochen danach wurde mir mitgeteilt, dass diese Unterlagen, nämlich ‚ein ausführlicher gynäkologischer Bericht zur Symptomatik und des Behandlungsziels sowie zum Anwendungsverlauf‘ bei meiner Ärztin angefordert worden seien.

Statt eines neuen Freischaltcodes erhielt Svenja von ihrer Krankenkasse die Information, dass ihre Ärztin die Verschreibung gegenüber dem Medizinischen Dienst rechtfertigen muss.

Nach einer weiteren Woche hielt ich den Ablehnungsbescheid in Händen. Begründung: Für die Digitale Gesundheitsanwendung Endo-App sei eine ‚empfohlene Anwendungsdauer‘ festgelegt worden, die ich bereits ‚ausgeschöpft‘ hätte. Außerdem bestünde ‚aufgrund des Untersuchungsbefundes und der Beschwerdeschilderung derzeit keine Indikation zur Leistungsgewährung‘. Die letzte Aussage stützte sich auf ein Telefonat mit meiner Ärztin, die – offenbar völlig entnervt – von der Folgeverordnung zurückgetreten sei.

13 Wochen nach Antragstellung schließlich Ernüchterung: Svenjas Ärztin hatte gegenüber der Krankenkasse resigniert und es erfolgte ein Ablehnungsbescheid.

Insgesamt hat die IKK classic 13 Wochen gebraucht, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Das war für mich sehr zermürbend. Ich wandte mich wieder an das Support-Team der Endo-App, das vermittelnd einschritt.“

Endo-App-Team schaltet sich ein

Als unsere Geschäftsführerin, Dr. med. Nadine Rohloff, von Svenjas Fall erfuhr, schrieb sie einen Brief an die IKK classic, in dem sie auf die Rechtslage hinwies und um Klärung des Missverständnisses bat.

Eine Verordnungsobergrenze gibt es für die Endo-App nämlich nicht. Und die Entscheidung, ob eine Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) wie die Endo-App verordnet wird, liegt allein beim behandelnden Arzt beziehungsweise bei der behandelnden Ärztin. Das Bundesamt für Soziale Sicherung, kurz BAS, hat dies in einem Rundschreiben vom 16. Juni 2023 an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen noch einmal klargestellt: „Unter Beachtung der Therapiefreiheit des Arztes ist es der Krankenkasse grundsätzlich verwehrt, in die Verordnungsentscheidung des Arztes einzugreifen.”

Darüber hinaus darf der Medizinische Dienst laut Gesetzgeber nur bei Anträgen auf Kostenerstattung nach SGB V § 13 Abs 3a eingeschaltet werden, also zum Beispiel bei Heilmittelverordnungen für Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie (Muster 13). Ein Rezept nach Muster 16, wie es für die Endo-App verwendet wird, gehört eindeutig nicht dazu!

Das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) verpflichtet hier alle gesetzlichen Krankenversicherungen zu einem einheitlichen Vorgehen – Sonderregelungen ausgeschlossen.

DiGA-Verschreibung und -Folgeversorgung

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind spezielle Anwendungen, die auf ärztliche Verschreibung erhältlich sind. Die Zertifizierung der Endo-App als DiGA erfolgte im Jahr 2022. Für Personen, die gesetzlich versichert sind, bedeutet dies, dass sie die App kostenlos nutzen können, sofern eine gesicherte Diagnose oder ein Rezept von ihrem Arzt vorliegt. Jede DiGA hat eine vordefinierte Nutzungsdauer, die vom Hersteller festgelegt wurde. In der Regel beträgt diese Zeitspanne 90 Tage, und dies gilt auch für die Endo-App.

Nach Ablauf dieser dreimonatigen Periode ist eine Verlängerung der Lizenz zur Nutzung der Endo-App erforderlich. Der Prozess dafür ist im Wesentlichen identisch mit dem der Erstverordnung. Man kann entweder ein neues Rezept erhalten, das dann bei der Krankenkasse eingereicht wird, oder man beantragt einen Code mit einem Diagnosenachweis.

Gespräch zwischen Vertreter:innen der Endo-App und der IKK classic führt zu mäßigem Erfolg

Auf das Anschreiben unserer Geschäftsführerin reagierte der Ansprechpartner für DiGA bei der IKK classic mit dem Vorschlag zu einem gemeinsamen Gespräch, den wir dankend annahmen.

Im Gespräch stellte sich heraus, dass seitens der IKK classic einige Missverständnisse bestehen – sowohl in Bezug auf die Endo-App als auch auf DiGA im Allgemeinen. So ging der DiGA-Beauftragte beispielsweise davon aus, dass es sich bei der Endo-App um ein 12-wöchiges Programm handelt. Das haben wir natürlich dementiert – schließlich handelt es sich um eine fortlaufende Therapie, die gerade aufgrund der langfristigen Nutzung einen Erfolg bringt. Eine Behandlungsunterbrechung, wie sie im Falle von Svenja leider eingetreten ist, kann den Therapieerfolg gefährden.

Insgesamt verlief das Gespräch nach unserem Empfinden unbefriedigend. Der DiGA-Verantwortliche versprach uns zwar, persönlich dafür zu sorgen, dass Svenja umgehend einen neuen Freischaltcode erhält – dies sollte allerdings letztmalig geschehen. Außerdem bot er uns an, uns bei zukünftigen Problemen direkt an ihn wenden zu können. Trotzdem gab es kein Einlenken in Bezug auf das Vorgehen, bei einigen DiGA-Verordnungen den Medizinischen Dienst zur Prüfung einzuschalten.

Wir werden weiterhin mit dem DiGA-Beauftragten der IKK classic im Gespräch bleiben und haben auch angeboten, Endo-App-Infomaterialien und Testzugänge bereitzustellen sowie DiGA-Schulungen für IKK-classic-Mitarbeiter:innen durchzuführen.

Wir finden gemeinsam eine Lösung

Als DiGA-Start-up sind wir uns bewusst, dass in Bezug auf die DiGA-Verordnung teilweise noch Aufklärungsarbeit bei den Krankenkassen notwendig ist.

Wenn auch du Unterstützung bei der Kommunikation mit deiner Krankenkasse benötigst, lass es uns bitte wissen! Hinterlasse uns einen Kommentar oder wende dich an unseren freundlichen Support:

E-Mail: [email protected]

Tel.: +49 (371) 335 603 01

WhatsApp: +49 157 77 444 732

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Friederike Grigoleit