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Speicheltest für Endometriose: Das sagen die kritischen Stimmen





28.05.2024


Speicheltest für Endometriose: Das sagen die kritischen Stimmen


3 Min. Lesezeit


Bist du von Endometriose betroffen oder hast den Verdacht an Endometriose zu leiden? Dann hast du dich vielleicht schon schlau gemacht über die verschiedenen Diagnosewege. In der medizinischen Leitlinie gelten derzeit folgende Diagnoseschritte als der Goldstandard: Anamnese, Tastuntersuchung, Ultraschall, MRT und die Bauchspiegelung. Das klingt zeitaufwendig und im Falle der Bauchspiegelung vielleicht auch ein bisschen beängstigend.

Wie schön wäre es also, einen einfachen Test machen zu können? Ein solcher ist in Deutschland seit Oktober 2022 auf dem Markt. Wie sinnvoll und aussagekräftig er ist und was Kritiker:innen von ihm halten, haben wir hier einmal für dich zusammengefasst. 


Inhalt:

Wie funktioniert der Speicheltest überhaupt? 

Was sagen die Kritiker:innen? 

Kurz und knapp



Inhalt:

        1. Wie funktioniert der Speicheltest überhaupt?
        2. Was sagen die Kritiker:innen?
        3. Kurz und knapp



Wie funktioniert der Speicheltest überhaupt?

Wie funktioniert der Speicheltest überhaupt?


Der Speicheltest Endotest® beruht auf der Identifizierung sogenannter microRNA. Diese Moleküle besitzen eine gewisse Aussagekraft in Bezug auf bestimmte Krankheitsbilder, z.B. Krebserkrankungen – das ist schon länger bekannt. Man spricht auch von Biomarkern. In einer 2022 erschienenen Studie haben Forschende nun auch microRNAs ausfindig gemacht, die anzeigen, ob Endometriose vorliegt. 29 microRNAs erwiesen sich dabei sogar als sehr spezifisch. 

In der ersten Studie wurden von 200 Patient:innen mit chronischem Unterleibsschmerzen Speichelproben entnommen. Mittels Bauchspiegelung und/oder MRT wurde bei 153 von ihnen tatsächlich Endometriose festgestellt. Und in 96,7 % der Fälle kam der Speicheltest zum gleichen Ergebnis [1]. Mittlerweile veröffentlichten die Forschenden einen Zwischenbericht, in dem ähnliche Ergebnisse präsentiert werden und mit dem die erste Studie jetzt validiert werden soll [2].  

Möchtest du noch mehr über die Grundlagen dieser Forschung erfahren? Dann schau doch gerne in unseren Text zum Thema Biomarker oder dem Speicheltest. 


Was sagen die Kritiker:innen?

Was sagen die Kritiker:innen?


Grundsätzlich ist erst einmal jeder medizinische und wissenschaftliche Fortschritt in der Endometriose-Forschung sinnvoll – da sind wir uns alle einig. Und auch der Endotest® ist ein wichtiger Meilenstein, vor allem in Hinblick auf eine Verkürzung der Diagnosezeit. Denn aktuell dauert es zwischen 6 und 7 Jahre vom ersten Auftreten der Symptome bis zur Diagnose [3]. Je nach Studie sogar länger. Ein einfacher und unkomplizierter Speicheltest könnte da mehr als hilfreich sein. 

Zudem konnten in den Studien zum Test eine hohe Sensitivität und Spezifität festgestellt werden. Dabei gibt die Sensitivität an, wie viele erkrankte Personen der Test in der Studie richtig erkannt hat (96,7 %) und die Spezifität gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der der Test bei gesunden Menschen ein negatives Testresultat hervorbringt (100 %). Dass in den Studien beide Faktoren sehr hoch waren, legt den Rückschluss nahe, dass der Speicheltest die Krankheit Endometriose sehr zuverlässig erkennt und zudem sehr genau ist. 

Wie so oft in der Medizin sind aber auch hier noch weitere Studien nötig, um diese auf den ersten Blick beeindruckenden Ergebnisse zu verifizieren. Kritikpunkte an den aktuellen Studien sind zum Beispiel: 

  • Nur Personen, die bereits chronische Unterleibsschmerzen hatten, wurden in den Studien untersucht. In einem nächsten Schritt sollten nun auch Personen ohne bisherige Symptome berücksichtigt werden. Das Krankheitsbild Adenomyose wurde zudem bisher komplett außer Acht gelassen.
  • Insgesamt nahmen nur 200 Frauen an den Studien teil, von denen 153 nachweislich Endometriose hatten. Folgestudien, um diese Ergebnisse weiter zu untermauern, sollten unbedingt einen größeren Personenkreis untersuchen.
  • Und dann wären da die aktuell noch sehr hohen Kosten von 799 Euro pro Test, die derzeit noch nicht von den Krankenkassen übernommen werden.

In einem Statement der Arbeitsgemeinschaft Endometriose (AGEM) schreibt Prof. Dr. med. Sylvia Mechsner von der Charité in Berlin:  

„Natürlich ist grundsätzlich ein einfacher Test auf Endometriose wünschenswert, dennoch sehen wir den nun vorliegenden Test zum aktuellen Zeitpunkt noch mit Zurückhaltung.“ 

Darüber hinaus weist die AGEM darauf hin, dass eine Endometriose mit guter Anamnese und mithilfe fachgerechter Ultraschalluntersuchungen zu 90% sicher diagnostiziert werden könne. Zu einer möglichen Kostenübernahme durch die Krankenkassen verweist die AGEM auf die sowieso schon knappen Ressourcen. Diese sollten laut des Fachgremiums eher in einen flächendeckenden Ausbau bereits bestehender Therapiemöglichkeiten gesteckt werden, um so eine Therapie möglichst frühzeitig starten lassen zu können. 


Die AGEM ist eine Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie ist beteiligt an der Entwicklung von Standards und Leitlinien und fördert die spezialisierte Fortbildung zum Thema Endometriose von Ärztinnen und Ärzten. 



Kurz und knapp

Kurz und knapp


oder nicht, wäre mehr als wünschenswert. Vor allem, wenn man bedenkt, dass bis zu einer Diagnose oft viele Jahre vergehen. Jahre, in denen Schmerzen und andere Symptome nicht behandelt werden! Der Speicheltest Endotest®, der in Deutschland seit Oktober 2022 auf dem Markt ist, ist auf jeden Fall schon einmal ein Hoffnungsschimmer und der Start in die richtige Richtung.

Dennoch gibt es auch noch berechtigte Kritik, zum Beispiel von der Arbeitsgemeinschaft Endometriose. Wir finden, dass fachliche und konstruktive Kritik schon immer Treiber wissenschaftlichen Fortschritts war und sind gespannt, was da alles noch so kommt. Wir bleiben für euch am Ball!   



  1. Bendifallah, S. et al. 2022. „Salivary MicroRNA Signature for Diagnosis of Endometriosis.“ Journal of Clinical Medicine 11(3): 612.
  2. Bendifallah, S. et al. 2023. “Validation of a Salivary miRNA Signature of Endometriosis  – Interim Data.” NEJM Evidence 2(7). https://evidence.nejm.org/doi/pdf/10.1056/EVIDoa2200282 (Zugriff am 07.03.2024)
  3. Schweppe KW (2003) Differentialdiagnose und Behandlungsstrategien bei Endometriose: Was tun – wann? J Fertil Reprod 3, 8–12.



Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Meike Fischer

Medizinjournalistin

Meike ist wissenschaftliche Redakteurin im Redaktionsteam der Endo Health GmbH. Gesundheitsförderung für Personen mit Endometriose, Adenomyose und Regelschmerzen ist ihr Herzensthema. Für sie bedeutet das nämlich auch Empowerment.


Dieser Text wurde fachlich, nach bestem Wissen und Gewissen, geprüft. Er wurde auf Grundlage der aktuellen Forschung erstellt. Trotzdem können und wollen wir kein ärztliches Gespräch oder ärztliche Aufklärung ersetzen.  



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Meike Fischer

Seit 2021 arbeite ich nun schon für die Endo-App und es ist einfach mein Herzensthema! Zum einen habe ich seit einiger Zeit den Verdacht, selbst Endometriose zu haben. Zum anderen bedeutet Gesundheitsförderung, vor allem bei Personen mit Endometriose, für mich auch Empowerment – ein Thema, was mir ebenfalls sehr am Herzen liegt.

veröffentlicht von
Meike Fischer

 

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