4 Min. Lesezeit
Gleich zweimal in den letzten Wochen landeten Anfragen von User:innen, die bei der AOK NordWest versichert sind, bei unserem Support. Trotz aller Unterstützung durch unser Support-Team haben diese zwei Endometriose-Betroffenen noch keinen Aktivierungscode für die Endo-App von ihrer Krankenkasse erhalten.
Zu Recht fragt ihr euch jetzt sicherlich: Was ist da los? Diese Frage und wie die gesetzliche Lage eigentlich aussieht, beantworten wir euch in diesem Artikel.
Was wir (und das Gesetz) dazu sagen
Sarah ist 20 Jahre alt und hat gerade mit ihrem Studium zur Medien-Designerin begonnen. Sie lebt in einer WG mit zwei Freundinnen und verbringt ihre Freizeit am liebsten in der Kletterhalle.
Nachdem sie schon viele Jahre Beschwerden hatte, erhielt sie diesen Sommer endlich die Diagnose Endometriose. Zufällig wurde ihr dann bei Instagram ein Post der Endo-App angezeigt und Sarah war sofort begeistert – denn wirklich viel weiß sie über die Erkrankung noch nicht.
Nach der Installation und Registrierung nutze Sarah direkt die Option in der App einen Antragsbrief für die Krankenkasse zu generieren. Soweit super easy, dachte sie sich. Zusammen mit einem Arztbrief, in dem die Diagnose Endometriose vermerkt war (#ENZIAN A1), schickte sie die Unterlagen an die AOK NordWest.
Was dann folgte, haben selbst wir noch nicht gesehen. In einem ersten Ablehnungsschreiben wurden folgende Gründe genannt:
Nachdem Sarah bei nochmal bei AOK NordWest nachhakte und gesagt hatte, dass sie nur den Operationsbericht sowie eine Krankschreibung zur Einreichung habe, ruderte die Krankenkasse dann auf einmal (teilweise) zurück:
Was zeigt dieser Fall wieder ganz deutlich auf? Genau, Endometriose-Betroffene werden in unserem Gesundheitssystem leider immer noch nicht an allen Stellen ernst genommen. Was beim medizinischen Personal beginnt – wir kennen alle Sätze wie “Solche Schmerzen sind ganz normal!” – hört ganz offensichtlich bei den Krankenkassen nicht auf. Aber jetzt mal von vorne.
Auch wenn wir uns alle schon längst einen anderen Weg wünschen würden, ist die Bauchspiegelung zur Diagnose von Endometriose immer noch Standard und die einzige Methode, eine gesicherte Diagnose zu stellen. [1]
Und genau diesen Weg ist auch Sarah gegangen, wie es dem Arztbrief vom 28.06.2024 zu entnehmen ist. Von einem Verdacht kann hier wohl also kaum die Rede sein – was die Krankenkassen im Nachgang dann ja auch noch feststellte.
Es gibt zwei Wege, um als Patient:in an eine DiGA zu kommen. Entweder hat man ein Rezept von seiner Ärztin oder einem Arzt, das dann bei der Krankenkasse eingereicht wird (pinkes Rezept). Oder man beantragt die DiGA direkt bei der Krankenkasse, indem man ein Schreiben mit einem Diagnosenachweis (z.B. Arztbrief oder OP-Bericht) an die Krankenkassen sendet.
Genau, wie in Sarahs Fall. Dieses Vorgehen ist genau so auch auf der Webseite des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen beschrieben. Wieso die AOK NordWest dennoch ein Muster-16-Rezept verlangt, ist also nicht nachvollziehbar.
Wie jedes Medikament oder jedes medizinische Hilfsmittel hat auch die Endo-App eine Art Beipackzettel. Hier ist unter anderem beschrieben, für welche Personengruppe die App geeignet ist. Selbstverständlich gibt es hier auch einen Punkt “Kontraindikationen” – sozusagen die Nebenwirkungen. Wie es aus dem DiGA-Register des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hervorgeht, gibt es erstmal keine Kontraindikationen der Endo-App. Ganz explizit steht hier sogar: “Es existieren keine expliziten Ausschlusskriterien.”.
Bei bestimmten körperlichen Einschränkungen/Erkrankungen, während der Schwangerschaft/Stillzeit oder falls sich die Lebensqualität/Symptome durch die Nutzung der App verschlechtern sollten, müsste man eine Nutzung oder die Ausübung bestimmter Übungen in der App ärztlich besprechen. [2]
Sprich, es liegt nicht im Ermessen der Krankenkasse, hier eine medizinische Entscheidung für die versicherte Person zu treffen.
Wie bereits angedeutet, erreichte uns noch ein weiterer Fall von der AOK NordWest. Malaika leitete eine automatische E-Mail ihrer Krankenkasse an unseren Support weiter. In dieser war zu lesen, dass die Krankenkasse aufgrund eines erhöhten Aufkommens an Anfragen derzeit leider bis zu vier Wochen zur Bearbeitung benötigen würde.
Nach dem bereits am 26.03.2024 in Kraft getretenen neuen Digital-Gesetz sind gesetzliche Krankenversicherer dazu verpflichtet, Freischaltcodes für DiGAs innerhalb von 2 Werktagen herauszugeben. [3] In einem Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung vom 21.11.2023 wird darüber hinaus festgelegt, dass eine “schnelle und niedrigschwellige Zurverfügungstellung der DiGA” von Seiten der Krankenkassen gewährleistet werden muss. [4]
Wir gehen davon aus, dass vier Wochen nicht unter „schnell und niedrigschwellig“ fallen.
Bis heute (11.09.2024) hat die AOK NordWest sich leider noch gar nicht auf unsere zwei Anfragen zurückgemeldet.
Es ist gerade mit einer chronischen Erkrankung wie Endometriose nicht einfach, immer und immer wieder für sich und seine Rechte einstehen zu müssen. Aber sei dir sicher: Wir sind für dich da, wir bleiben am Ball! Vor allem unser Support hilft dir gerne, wo es nur geht.
Wir sind zudem immer daran interessiert, über positive wie negative Erfahrungen mit Krankenkassen informiert zu werden. Du kannst dich damit direkt an uns wenden. Bei wiederholtem Querstellen einer Krankenkasse besteht dann nämlich auch immer noch die Möglichkeit, das Bundesamt für Soziale Sicherung über das Verhalten dieser bestimmten Krankenkasse zu informieren.
Medizinjournalistin
Meike ist wissenschaftliche Redakteurin im Redaktionsteam der Endo Health GmbH. Gesundheitsförderung für Personen mit Endometriose, Adenomyose und Regelschmerzen ist ihr Herzensthema. Für sie bedeutet das nämlich auch Empowerment.
Insgesamt 49 Studien darüber, ob die Pille Gewichtszunahme verursacht oder nicht, kamen zu ein und…
Endo-App - kostenlos
Endometriose lindern
App auf Rezept