Die sanften Bewegungen des Qigong, Tiefenatmung und Visualisierungen unterstützen dann das Qi dabei, die Blockaden mehr und mehr zu lösen, wieder frei zu fließen und unseren Körper wie auch unseren Geist zu entspannen.
Hierfür kreisen und öffnen wir zunächst die Gelenke und atmen tief in die engen, schmerzenden Stellen unseres Körpers hinein. Die sanften körperlichen Bewegungen bieten einen Anker, sich trotz oder mit den unangenehmen Empfindungen zu entspannen, sanft zu dehnen und an blockierten Stellen wieder etwas durchlässiger zu werden. Dies kann in jeder Position – im Stehen, wie auch im Sitzen oder Liegen geübt werden. Entscheidend ist bei dieser Form von Qigong nicht die Größe der Bewegung, sondern die energetische Öffnung, hauptsächlich durch unseren Geist.
Eine wichtige Rolle spielt im Qigong unsere Vorstellungskraft. Wir verbinden uns deshalb zu Beginn jeder Stunde so gesehen mit der Lebensenergie um uns herum, zunächst über die Fußsohlen, mit der nährenden Kraft der Erde unter uns. Dann dehnen wir uns mit dem Scheitelpunkt in Richtung Himmel und öffnen uns der großen Weite über uns. Schließlich wecken wir die Vorstellung, dass wir in einem Meer von Lebenskraft stehen, sitzen oder liegen. Dass um uns herum das Leben pulsiert und wir mit jedem Atemzug und durch jede Pore daran teilhaben können.
Wichtig ist, dass all diese Vorstellungen spielerisch gesehen werden, es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern ein Erforschen und Entdecken. Häufig stellt sich durch diese Bilder ein Gefühl von tiefer innerer Entspannung und Weite ein, was das Schmerzempfinden dämpft und abmildert. Dass mentale Bilder und Vorstellungen Auswirkungen auf den Körper haben, ist eine uralte menschliche Erfahrung und mittlerweile sogar wissenschaftlich bewiesen.
Die modernen Neurowissenschaften erhellen mit dem Begriff Neuroplastizität, warum im Qigong die Visualisierungen in unserem Geist so entscheidend sind. Im Qigong, wie ich es verstehe und praktiziere, sind die äußeren Bewegungen hilfreich, aber letztlich zweitrangig. Zentral ist, ob und wie unser Geist den Qi-Fluss, den Fluss der Lebensenergie, begleitet – „Where the mind goes, the Chi flows.“ – Die Aufmerksamkeit lenkt das Qi. Mithilfe von inneren Bildern lenken wir also die Aufmerksamkeit hin zu mehr Öffnung gegenüber der allumfassenden Lebensenergie. Je häufiger wir dies tun, desto mehr speichern unsere Gehirnzellen und damit unser Körpergedächtnis diese Erfahrung ab, was eine Stärkung von Körper, Psyche und Geist zur Folge hat.