Zusammenhang von Gebärmutter- und Eierstockentzündungen mit Endometriose/Adenomyose

In dem Artikel über Gebärmutter- und Eierstockentzündungen hast du einen Überblick über die entzündlichen Erkrankungen des oberen weiblichen Genitaltraktes bekommen, den sogenannten „Pelvic inflammatory diseases“ (PID). Dazu zählen Entzündungen des Gebärmutterhalses (Zervizitis), der Gebärmutterwand (Endometritis), der Gebärmuttermuskulatur (Myometritis), der Eileiter und Eierstöcke (Adnexitis). Die Symptome und Ursachen sind komplex und unterscheiden sich abhängig von den betroffenen, entzündeten Organen.

Auch beim Krankheitsbild der Endometriose und Adenomyose sind Entzündungen von zentraler Bedeutung. Worin liegen also die Unterschiede von Endometriose/Adenomyose und den PID? Gibt es einen Zusammenhang der Erkrankungen? Und können Endometriose und Adenomyose als Folge dieser Entzündungen vorkommen und andersherum? Diese Fragen werden dir in diesem Artikel anhand der aktuellen Studienlage beantwortet.

Gut zu wissen!

Bei Endometritis und Adnexitis kommt es zu Entzündungen im natürlich vorhandenen Gewebe der Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke. Diese Entzündungen können zum Beispiel aufgrund einer bakteriellen Infektion auftreten. Im Vergleich dazu geht es bei Endometriose um die Verbreitung von Gebärmutterschleimhaut ähnlichem Gewebe (Endometrium) außerhalb der Gebärmutter. Unter Adenomyose versteht man die Ausbreitung von Endometrium auf die Gebärmuttermuskulatur. Zusammenfassend handelt es sich bei den PID und Endometriose/Adenomyose also um unterschiedliche Erkrankungen, die jeweils spezifische Ursachen, Symptomen und Therapiemöglichkeiten mit sich bringen. [1]

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Endometriose/Adenomyose und Endometritis/Adnexitis?

Besonders für Betroffene ist es interessant zu erfahren, ob eventuell Zusammenhänge der Erkrankungen bestehen. Mehrere Studien zielen auf diese Fragestellung ab und untersuchen den Zusammenhang von Endometriose/Adenomyose und Endometritis/Adnexitis. Ziel der Untersuchungen ist unter anderem, herauszufinden, ob eine Erkrankung die andere begünstigt und ob Endometriose und PID vermehrt in Kombination auftreten. Die folgenden Studien zeigen dir, wie mögliche Zusammenhänge untersucht wurden und zu welchen Schlüssen die Forschenden gelangt sind.

Der Zusammenhang von PID und Endometriose

Eine aussagekräftige Studie wurde im Jahr 2020 in dem „Journal of Gynecology, Obstetrics and Human Reproduction“ veröffentlicht und trägt den Titel „Severe PID with and without endometriosis“. Die Studie konzentriert sich auf den Zusammenhang von PID und Endometriose und basiert auf Daten des Sacro Cuore Don Calabria Klinikum, einem tertiären Endometriosezentrum in Verona. Die Grundlage der Studie bildeten 311 durchgeführte Bauchspiegelungen zwischen Januar 2004 und Juni 2018. Mithilfe der Bauchspiegelungen wurde bei 115 der 311 Patientinnen eine PID ohne Endometriose festgestellt. Bei den übrigen 196 der 311 Betroffenen wurde jedoch im gleichen Zuge Endometriose diagnostiziert. Aus diesen Ergebnissen ergibt sich somit eine Endometriose Häufigkeit von 63%. Das bedeutet, dass bei 63% der ursprünglich wegen PID durchgeführten Bauchspiegelungen auch Endometriose Herde entdeckt wurden. Somit liegt ein Zusammenhang zwischen PID und Endometriose nahe. Der Krankenhausaufenthalt für Patientinnen mit Endometriose und PID betrug durchschnittlich sieben Tage, während Patientinnen mit reiner PID das Krankenhaus nach durchschnittlich vier Tagen verlassen konnten. Dies spiegelt den erhöhten Schweregrad von PID in Verbindung mit Endometriose wider. [2]

Erhöhtes Risiko für Gebärmutterinfektionen

Eine weitere, kleinere Studie, die auf die Untersuchung eines möglichen Zusammenhangs der Krankheiten abzielte, wurde als Kooperation zwischen der Shiga University of Medical Science und dem Takanohara Central Klinikum (Japan) im Zeitraum von April 2001 bis Dezember 2012 durchgeführt. Im Zuge der Studie wurden Endometrium Gewebeproben von 71 Frauen untersucht. Bei Endometriose Patientinnen wurden mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit Kulturen von Kolibakterien, Streptokokken, Gardnerella und Enterokokken gefunden. In Zahlen zeigte die Studie, dass 52,94% der Patientinnen neben Endometriose auch eine chronische Endometritis aufwiesen. Innerhalb der Gruppe „nicht Endometriose Betroffene“ wurde bei 27,02% der Patientinnen eine chronische Endometritis diagnostiziert. Diese Daten deuten darauf hin, dass bei Patientinnen mit Endometriose eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Gebärmutterinfektion mit leichtem Verlauf besteht, die wiederum auf eine chronische Endometritis hinweisen.  Innerhalb der Studie wurde zudem der Einfluss der unterschiedlichen Endometriose Stadien betrachtet. Im Hinblick darauf konnten keine signifikanten Unterschiede beim Auftreten chronischer Endometriose festgestellt werden. [3],[4]

Die 2018 veröffentlichte, großangelegte Studie „Association of Pelvic Inflammatory Disease with Risk of Endometriosis: A Nationwide Cohort Study Involving 141.460 Individuals“ bestätigt die Resultate der zuvor vorgestellten Untersuchungen. Die Studie wurde vom Taiwanesischen „National Health Insurance Program“ initiiert und bezieht sich auf Daten von 141.460 Patientinnen im Zeitraum von 2000 bis 2011. Auch in dieser Studie geht es um den Zusammenhang von PID und Endometriose, wofür die Daten von PID-Betroffenen und nicht-PID Betroffenen analysiert wurden. Die Studie ergab, dass bei PID-Patientinnen ein dreifach erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Endometriose besteht. [5]

Wie genau erhöhen Endometriose und Adenomyose die Wahrscheinlichkeit von PID und andersherum?

Endometriose gilt als multifaktorielle Erkrankung und es gibt verschiedene Theorien, die versuchen die Ursachen zu erklären. In den Theorien wird unter anderem der Einfluss von Hormonen, des Immunsystems, der Genetik und Epigenetik aufgegriffen. Die aktuelle Studienlage zur Ursachenforschung lässt vermuten, dass auch PID eine entscheidende Rolle spielen könnten und ein Zusammenhang von Endometriose mit beispielsweise Gebärmutter- und Eierstockentzündungen vorliegt. Dennoch ist der Zusammenhang bisher nicht mit Sicherheit bestätigt und weitere Forschungen sind erforderlich, um die Art und Weise und Ursache der Korrelation zu verstehen. [4]

Laut der genannten Studien ist es auf der einen Seite möglich, dass eine vorliegende PID, wie beispielsweise eine chronische Endometritis, die Entstehung von Endometriose, zumindest teilweise, fördert. Auf der anderen Seite kann auch eine bestehende Endometriose für Entwicklung von weiteren Entzündungen des vorhandenen Gewebes ursächlich sein. Ein weiterer Ansatz ist, dass bestimmte Risikofaktoren und Krankheiten die Entwicklung beider Erkrankungen begünstigen und es somit zu einem vermehrten, kombinierten Auftreten kommt. In der aktuellen Forschung werden zum Beispiel Ungleichgewichte in der Darmflora mit entzündlichen Krankheiten in Verbindung gebracht und als mögliche Ursache herangezogen. [3],[6],[7],[8],[9],[10],[12]

Die Rolle des Mikrobioms

Aus diesem Grund konzentrieren sich einige Untersuchungen in den letzten Jahren vermehrt auf die Rolle des Mikrobioms. Unter dem Mikrobiom kannst du dir die Gesamtheit aller Mikroorganismen vorstellen, die den Körper besiedeln. Dazu zählen zum Beispiel Bakterien, Viren und Pilze. Diese Mikroorganismen stehen unter anderem mit dem Immunsystem und hormonellen Funktionen im Zusammenhang. Forschungen haben ergeben, dass das Mikrobiom auch die inneren und äußeren weiblichen Geschlechtsorgane besiedelt und damit für das bakterielle Gleichgewicht sorgt. Die Ansiedlung verhindert das Eindringen von Erregern in den weiblichen Reproduktionstrakt und trägt damit wesentlich zur Erhaltung der Gesundheit und des Immunsystems bei. Es ist bekannt, dass das Mikrobiom des Darms Auswirkungen auf die Entwicklung von Entzündungen hat. Daher wird auch ein Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom der weiblichen Geschlechtsorgane entzündlichen Erkrankungen vermutet. Das bedeutet also, dass eine abnormale Bakterienbesiedlung des oberen Genitaltraktes auch chronische Entzündungen begünstigen und somit zu Endometriose führen könnte. [8],[10],[12],[13]

Zusammenfassung der aktuellen Studienlage

In Bezug auf explizite Zusammenhänge zwischen Adenomyose und Entzündungen in der Gebärmutter und den Eierstöcken ist die Studienlage leider dünn und lässt wenig Schlüsse zu. Da Adenomyose jedoch eng mit Endometriose verknüpft ist, erscheint ein Zusammenhang mit PID zumindest plausibel.

Auch wenn der Zusammenhang bisher nicht eindeutig erforscht ist, können die aktuellen Erkenntnisse für die Diagnostizierung und Behandlung hilfreich sein. Da insbesondere eine chronische Endometritis häufig symptomarm verläuft, sollte bei Endometriose Betroffenen auch diese Erkrankung in Betracht gezogen und untersucht werden. [11]

Kurz und knapp

Du siehst, die Studienlage bezüglich PID und Endometriose und Adenomyose steht noch ziemlich am Anfang und eindeutige und sichere Aussagen zu den Zusammenhängen sind bisher leider nicht möglich. Dennoch sind die ersten Schritte getan und das Bewusstsein und die Präsenz von Endometriose und entzündlichen Erkrankungen nimmt stetig zu. Einige Forschungsarbeiten und Studien beschäftigen sich aktuell mit diesem Thema und machen Hoffnung auf neues Wissen und ein besseres Verständnis der Erkrankungen. Es bleibt also spannend! Wir halten dich auf dem Laufenden und informieren dich gerne, sobald es neue Erkenntnisse aus der Forschung gibt.

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Referenzen

  1. Igenomix: Endometritis and endometriosis, two different causes of infertility: https://www.igenomix.eu/endometritis-endometriosis-different-causes-infertility/, aufgerufen am 1. Dezember 2022.
  2. Clarizia R, Capezzuoli T, Ceccarello M, et al. Inflammation calls for more: Severe pelvic inflammatory disease with or without endometriosis. Outcomes on 311 laparoscopically treated women. J Gynecol Obstet Hum Reprod (2020): https://www.contemporaryobgyn.net/view/severe-pid-and-without-endometriosis, aufgerufen am 1. Dezember 2022.
  3. Takebayashi A, Kimura F, Kishi Y, Ishida M, Takahashi A, Yamanaka A, Takahashi K, Suginami H, Murakami T. The association between endometriosis and chronic endometritis. PLoS One. (2014): https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3928198/, aufgerufen am 1. Dezember 2022.
  4. Ettore Cicinelli, Giuseppe Trojano, Marcella Mastromauro, Antonella Vimercati, Marco Marinaccio, Paola Carmela Mitola, Leonardo Resta, Dominique de Ziegler, Higher prevalence of chronic endometritis in women with endometriosis: a possible etiopathogenetic link: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0015028217303977, aufgerufen am 2. Dezember 2022.
  1. Tai FW, Chang CY, Chiang JH, Lin WC, Wan L. Association of Pelvic Inflammatory Disease with Risk of Endometriosis: A Nationwide Cohort Study Involving 141,460 Individuals. J Clin Med (2018): https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30352985/, aufgerufen am 3. Dezember 2022.
  2. Lucidi, R.S.; Witz, C.A.; Chrisco, M.; Binkley, P.A.; Shain, S.A.; Schenken, R.S. A novel in vitro model of the early endometriotic lesion demonstrates that attachment of endometrial cells to mesothelial cells is dependent on the source of endometrial cells. Fertil. Steril, 84, 16–21 (2005).
  3. Cramer, D.W.; Missmer, S.A. The epidemiology of endometriosis. Ann. N. Y. Acad. Sci., 955, 11–22 (2002).
  4. Herington, J.L.; Bruner-Tran, K.L.; Lucas, J.A.; Osteen, K.G. Immune interactions in endometriosis. Expert Rev. Clin. Immunol, 7, 611–626 (2011).
  5. Lebovic, D.I.; Mueller, M.D.; Taylor, R.N. Immunobiology of endometriosis. Fertil. Steril, 75, 1–10 (2001).
  6. Kiviat, N.B.; Wolner-Hanssen, P.; Eschenbach, D.A.; Wasserheit, J.N.; Paavonen, J.A.; Bell, T.A.; Critchlow, C.W.; Stamm, W.E.; Moore, D.E.; Holmes, K.K. Endometrial histopathology in patients with culture-proved upper genital tract infection and laparoscopically diagnosed acute salpingitis. Am. J. Surg. Pathol, 14, 167–175 (1990).
  7. The center for menstrual disorders: Pelvic inflammatory disease: https://www.cmdrc.com/womens-health/sexually-transmitted-diseases-std/pelvic-inflammatory-disease-pid/, aufgerufen am 5. Dezember 2022.
  8. Vidal A, Peric A. Die wichtige Rolle des Mikrobioms im weiblichen Genitaltrakt und seine Auswirkungen auf die Fertilität: https://www.kup.at/kup/pdf/15176.pdf, aufgerufen am 12. Dezember 2022.
  9. Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH: Das Mikrobiom: https://www.helmholtz-hzi.de/de/wissen/wissensportal/unser-immunsystem/das-mikrobiom/, aufgerufen am 12. Dezember 2022.

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Josefine Maxara
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