Endometriose am Blinddarm (Appendix)

Endometriose ist eine entzündliche Erkrankung, welche verschiedenste Ausprägungen und Symptome kennt. Diese können von Kopfschmerzen über Atemprobleme bis hin zu diversen Bauchschmerzen und sogar psychischen Problematiken reichen. Das hormonelle Ungleichgewicht, Endometriose Läsionen an Organen und Bauchfell sowie traumatische Erlebnisse führen zu dieser breiten Palette an gesundheitlichen Problemen. Ein ganz typisches Symptom stellen Schmerzen im Bauchraum dar, begleitet von Verdauungsstörungen wie Durchfällen oder Verstopfungen. Einige Betroffene berichten von lokal begrenzten Empfindungsstörungen, welche links-, rechtsseitig oder mittig sein können. In den Fällen, in welchen besonders auf der rechten Seite Schmerzen vorherrschen, könnte der Blinddarm von Endometriose Läsionen befallen sein. In diesem Bericht klären wir auf, was es mit der sogenannten „Blinddarm (Appendix) Endometriose“ auf sich hat.

Funktion des Blinddarms

Zum herkömmlichen Diagnoseweg der Blinddarm Endometriose gehört dessen Entfernung. In seltenen Fällen ist dies unumgänglich, um die Gesundheit der Betroffenen zu schützen, da es zu Entzündungen mit starker Symptomatik kommen kann. Doch bevor dieser Schritt in Erwägung gezogen wird, sollte bedacht werden, dass auch der häufig unterschätzte Blinddarm wichtige Funktionen für den Körper erfüllt. Lange Zeit wurde von Forschenden angenommen, dass der Blinddarm keine nennenswerten Funktionen hat und lediglich ein Überbleibsel der Evolution ist. In der Wissenschaft herrschte die Meinung, dass der Appendix ursprünglich ein Teil des Darmes war, in welchem Pflanzen fermentiert wurden [7]. Dieser Glaubenssatz konnte mit intensiver Forschung in Form von immunologischen und phylogenetischen (Stammbaum) Studien jedoch verändert werden. Der Appendix scheint durchaus einige spezifische Funktionen zu haben, was ihn keineswegs überflüssig macht.

Besonders im 19. Jahrhundert hat die zunehmende Forschung auf dem Gebiet des Blinddarmes die Debatten um dessen umstrittene Funktionen angeheizt [7]. Spannenderweise konnten Forschende um 1900 herausfinden, dass in der Region des Appendix eine hohe Menge an lymphatischen Strukturen existieren. So kam bereits früh der Verdacht auf, dass der Darmfortsatz an der Immunantwort oder anderen immunologischen Prozessen beteiligt sein könnte. Zusätzlich zeigt der Blinddarm eine relativ geschützte Form und Position im Körper, welche dazu beitragen könnte, dass symbiotische (friedlich mit uns zusammenlebende) Darmmikroben als eine Art Reserve geschützt werden. Das ist im Falle von Magen-Darm-Infektionen vorteilhaft, um die gesunde Darmbesiedelung zu gewährleisten. Diese beiden Funktionen könnten erklären, warum im Laufe der Zeit der Blinddarm evolutionär geblieben ist, anstatt immer weiter zu verschwinden [7]. Somit sollte eine Entfernung des Organs nur dann erfolgen, wenn dies tatsächlich medizinisch notwendig ist.

Geschichte der Blinddarm Endometriose

Bereits im Jahr 1860 wurde die sogenannte Blinddarm Endometriose erstmals in einem wissenschaftlichen Bericht beschrieben [1]. Zu dieser Zeit wurde allmählich die Theorie der retrograden Menstruation als primären Auslöser von Endometriose vorgeschlagen und berichtet, dass Endometriose den Blinddarm befällt. Etwa 100 Jahre später (1951) wies die Literatur über 150 Fälle mit diesem Typ der Endometriose auf. Zusätzlich dazu konnten mehr als 50.000 zufällige krankhafte Veränderungen des Blinddarmes festgestellt und schriftlich festgehalten werden. Damit konnte erstmals eine Häufigkeit der Blinddarm Endometriose von 0,054 % geschätzt werden. Zahlreiche Studien seit dieser Zeit haben die Häufigkeitsrate der Blinddarm-Endometriose von 0,8 % bis 22 % angegeben, je nach ausgewerteter Versuchsgruppe [1].

Häufigkeit und Symptome der Blinddarm Endometriose?

Grundsätzlich zählt diese Form der Erkrankung zur Gruppe der Darm Endometriose. Bei dieser Lokalisation besiedeln genauso wie am restlichen Darmtrakt die Endometriosezellen die Darmwand und durchdringen diese bis in die Muskelschicht [2]. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 8 % bis 12 % der Patientinnen mit der Diagnose Endometriose eine Darmbeteiligung haben. Bei diesen Betroffenen sind besonders das Rektum (letzter 10 – 15 cm langer Darmabschnitt vor dem After) und das Sigma (ca. 40 cm langer Abschnitt vor dem Rektum) befallen. Etwa 90 % aller Darmläsionen befinden sich in diesen Regionen. Einen kleinen Teil der restlichen 10 % macht die Blinddarm Endometriose aus und ist somit insgesamt selten [2]. Die Häufigkeit der Blinddarm Endometriose bei Patientinnen mit durch Biopsie nachgewiesener Endometriose oder mit Schmerzen im rechten unteren Bauchbereich beträgt in einer aktuellen Studie 4,1 % bzw. 3,7 %. Diese Rate ist ähnlich der Häufigkeit von 2,8 %, die durch Literaturrecherche bei Patientinnen mit Endometriose bestätigt wurde [1].

Patientinnen mit Blinddarm Endometriose können grundsätzlich in vier Gruppen eingeteilt werden, welche auf dem medizinischen Erscheinungsbild basieren [3]:

  • Die erste Gruppierung beinhaltet Betroffene mit einer akuten Blinddarmentzündung.
  • Gruppe zwei vereint Frauen mit einer Einstülpung des Blinddarmes.
  • In der dritten Einteilung befinden sich Patientinnen mit atypischen Symptomen wie Übelkeit oder Bauchkoliken.
  • Die letzte Gruppierung setzt sich aus Frauen zusammen, die asymptomatisch sind [3].

Zudem können betroffene Personen über akute oder chronische Beckenschmerzen, Fieber oder untere gastrointestinale Blutungen klagen. Doch auch vollständig asymptomatische Verläufe sind möglich, da der Blinddarm an sich keine Schmerzverbindung zum Gehirn hat. Die meisten Fälle werden während einer Operation entdeckt und bei einer histologischen Untersuchung des Blinddarms diagnostiziert [2].

Begleiterscheinungen der Blinddarm Endometriose

Endometriose Läsionen kommen meist nicht einzeln vor, sondern mehrfach und teilweise auf verschiedenen Organen verstreut. Forschende konnten feststellen, dass auch bei der Appendix Endometriose des Appendix andere Körperstellen von der Erkrankung befallen sein können. Betroffene Frauen zeigen gehäuft weit verbreitete tiefe Läsionen und häufigere zyklische Darmsymptome [4]. Außerdem wurde ein Zusammenhang zwischen einer Beteiligung des Sigmoids, Rektosigmoids und des rechten Harnleiters sowie einer extrapelvinen Darmendometriose (Läsionen außerhalb des Beckenbereiches, z. B. in Lunge) gefunden [5]. Doch auch andere Teile des Darmes können bei Vorhandensein einer Blinddarm Endometriose betroffen sein.

Diagnose und Behandlung einer Blinddarm Endometriose

Ob eine tatsächliche Blinddarm Endometriose vorliegt, kann durch eine visuelle Betrachtung des Organs erfolgen, falls oberflächlich Läsionen oder Veränderungen erkennbar sind. Durch die Entnahme von Proben und die histologische Untersuchung in einem Labor kann der Endometriose Verdacht bestätigt werden [2]. Daraufhin werden Gewebeproben gefärbt und mikroskopisch auf Veränderungen (wie Entzündungen oder Endometriose) untersucht. Stellt sich hier heraus, dass tatsächlich Läsionen vorhanden sind, ist die Diagnose Appendix Endometriose gesichert. Bei der Appendektomie können grundsätzlich zwei Arten unterschieden werden; die selektive und die inzidentelle Variante.

Die inzidentelle Appendektomie ist die chirurgische Entfernung eines augenscheinlich nicht erkrankten Blinddarms während eines anderen primären chirurgischen Eingriffs [6]. Wenn beispielsweise rechtsseitige Bauchschmerzen ohne erkennbaren Grund vorherrschen und der Blinddarm nicht primär im Fokus liegt, kann es im Rahmen einer Endometriose Operation dennoch zu einer gleichzeitigen Entfernung des Blinddarmes kommen. Unbeabsichtigt erfährt die betroffene Person dann, dass bei der histologischen Untersuchung eine Endometriose des Appendix festgestellt wurde. Eine selektive Appendektomie stellt das Gegenteil dar, da vorab geplant und gezielt der Blinddarm entfernt wird. Dies ist bei Endometriose ebenfalls möglich, wenn Auffälligkeiten im Blinddarmbereich erkennbar sind (Ultraschall, MRT, CT) oder während der Operation klar erkennbare Veränderungen vorhanden sind. Grundlegend für die Entfernung ist jedoch das Vorhandensein von starken Symptomen oder sogar Entzündungen, welche zu weiteren Problemen führen würden [1]. Ist dies nicht der Fall, kann zunächst eine Rettung des Organs erfolgen, indem die veränderten Stellen entfernt werden.

Fazit

In seltenen Fällen kann es dazu kommen, dass Frauen mit Endometriose die sogenannte Endometriose des Appendix aufweisen. Symptome sind möglich, jedoch nicht immer vorhanden. Wie so oft stellt sich die Erkrankung als eine Art Chamäleon dar, welches je nach Individuum verschiedene Ausprägungen haben kann. Ob tatsächlich die Blinddarm Variante vorliegt, kann nach derzeitigem Stand nur mit Hilfe von Entfernung und histologischer Untersuchung des Organs entschieden werden. In lebensbedrohlichen Situationen ist die operative Entfernung notwendig, um die Gesundheit von Betroffenen zu schützen. Besteht lediglich der Verdacht und der Appendix präsentiert sich unauffällig, sollte eine Appendektomie gut überlegt sein. Ähnliche Symptome wie eine Blinddarm Endometriose kann auch eine herkömmliche Blinddarmentzündung aufweisen, welche je nach Fall eine andere Behandlung benötigt, um die betroffene Person zu schützen. Daran sollte gedacht werden, wenn Beschwerden neuartig und intensiv auftreten. Wie jedes Körperteil erfüllt der Blinddarm wichtige Funktionen, welche für das Leben vorteilhaft sein können. Insgesamt ist die Endometriose des Appendix eine seltene Form von Endometriose. Bei Beschwerden im rechten unteren Bauchbereich sollte jedoch die Möglichkeit im Hinterkopf sein, dass es sich um diese Variante handeln könnte, besonders wenn eine Endometriose Erkrankung bekannt ist.

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Referenzen

  1. R. L. Gustofson, N. Kim, S. Liu, und P. Stratton, „Endometriosis and the appendix: a case series and comprehensive review of the literature“, Fertil Steril, Bd. 86, Nr. 2, S. 298–303, Aug. 2006, doi: 10.1016/j.fertnstert.2005.12.076.
  2. M. Mabrouk u. a., „Endometriosis of the Appendix: When to Predict and How to Manage-A Multivariate Analysis of 1935 Endometriosis Cases“, J Minim Invasive Gynecol, Bd. 27, Nr. 1, S. 100–106, Jan. 2020, doi: 10.1016/j.jmig.2019.02.015.
  3. J. Yoon, Y. S. Lee, H.-S. Chang, und C. S. Park, „Endometriosis of the appendix“, Ann Surg Treat Res, Bd. 87, Nr. 3, S. 144–147, Sep. 2014, doi: 10.4174/astr.2014.87.3.144.
  4. M. S. Abrão, J. A. Dias, G. P. Rodini, S. Podgaec, M. A. Bassi, und M. Averbach, „Endometriosis at several sites, cyclic bowel symptoms, and the likelihood of the appendix being affected“, Fertility and Sterility, Bd. 94, Nr. 3, S. 1099–1101, Aug. 2010, doi: 10.1016/j.fertnstert.2009.10.031.
  5. H. Gimonet, V. Laigle-Quérat, S. Ploteau, C. Veluppillai, B. Leclère, und E. Frampas, „Is pelvic MRI in women presenting with pelvic endometriosis suggestive of associated ileal, appendicular, or cecal involvement?“, Abdom Radiol, Bd. 41, Nr. 12, S. 2404–2410, Dez. 2016, doi: 10.1007/s00261-016-0884-7.
  6. R. Kaderli, „[Incidental appendectomy: standard or unjustified risk?]“, Ther Umsch, Bd. 71, Nr. 12, S. 753–758, Dez. 2014, doi: 10.1024/0040-5930/a000621.
  7. M. J. H. Girard-Madoux u. a., „The immunological functions of the Appendix: An example of redundancy?“, Semin Immunol, Bd. 36, S. 31–44, Apr. 2018, doi: 10.1016/j.smim.2018.02.005.