Natürlich schwanger werden mit Endometriose bzw. Adenomyose – ist das möglich? In diesem Beitrag findest du hilfreiche Fakten und Tipps.

Endometriose am Blinddarm (Appendix)

Endometriose ist eine entzündliche Erkrankung, welche verschiedenste Ausprägungen und Symptome kennt. Diese können von Kopfschmerzen über Atemprobleme bis hin zu diversen Bauchschmerzen und sogar psychischen Problematiken reichen. Das hormonelle Ungleichgewicht, Endometriose Läsionen an Organen und Bauchfell sowie traumatische Erlebnisse führen zu dieser breiten Palette an gesundheitlichen Problemen. Ein ganz typisches Symptom stellen Schmerzen im Bauchraum dar, begleitet von Verdauungsstörungen wie Durchfällen oder Verstopfungen. Einige Betroffene berichten von lokal begrenzten Empfindungsstörungen, welche links-, rechtsseitig oder mittig sein können. In den Fällen, in welchen besonders auf der rechten Seite Schmerzen vorherrschen, könnte der Blinddarm von Endometriose Läsionen befallen sein. In diesem Bericht klären wir auf, was es mit der sogenannten „Blinddarm (Appendix) Endometriose“ auf sich hat.

Funktion des Blinddarms

Zum herkömmlichen Diagnoseweg der Blinddarm Endometriose gehört dessen Entfernung. In seltenen Fällen ist dies unumgänglich, um die Gesundheit der Betroffenen zu schützen, da es zu Entzündungen mit starker Symptomatik kommen kann. Doch bevor dieser Schritt in Erwägung gezogen wird, sollte bedacht werden, dass auch der häufig unterschätzte Blinddarm wichtige Funktionen für den Körper erfüllt. Lange Zeit wurde von Forschenden angenommen, dass der Blinddarm keine nennenswerten Funktionen hat und lediglich ein Überbleibsel der Evolution ist. In der Wissenschaft herrschte die Meinung, dass der Appendix ursprünglich ein Teil des Darmes war, in welchem Pflanzen fermentiert wurden [7]. Dieser Glaubenssatz konnte mit intensiver Forschung in Form von immunologischen und phylogenetischen (Stammbaum) Studien jedoch verändert werden. Der Appendix scheint durchaus einige spezifische Funktionen zu haben, was ihn keineswegs überflüssig macht.

Besonders im 19. Jahrhundert hat die zunehmende Forschung auf dem Gebiet des Blinddarmes die Debatten um dessen umstrittene Funktionen angeheizt [7]. Spannenderweise konnten Forschende um 1900 herausfinden, dass in der Region des Appendix eine hohe Menge an lymphatischen Strukturen existieren. So kam bereits früh der Verdacht auf, dass der Darmfortsatz an der Immunantwort oder anderen immunologischen Prozessen beteiligt sein könnte. Zusätzlich zeigt der Blinddarm eine relativ geschützte Form und Position im Körper, welche dazu beitragen könnte, dass symbiotische (friedlich mit uns zusammenlebende) Darmmikroben als eine Art Reserve geschützt werden. Das ist im Falle von Magen-Darm-Infektionen vorteilhaft, um die gesunde Darmbesiedelung zu gewährleisten. Diese beiden Funktionen könnten erklären, warum im Laufe der Zeit der Blinddarm evolutionär geblieben ist, anstatt immer weiter zu verschwinden [7]. Somit sollte eine Entfernung des Organs nur dann erfolgen, wenn dies tatsächlich medizinisch notwendig ist.

Geschichte der Blinddarm Endometriose

Bereits im Jahr 1860 wurde die sogenannte Blinddarm Endometriose erstmals in einem wissenschaftlichen Bericht beschrieben [1]. Zu dieser Zeit wurde allmählich die Theorie der retrograden Menstruation als primären Auslöser von Endometriose vorgeschlagen und berichtet, dass Endometriose den Blinddarm befällt. Etwa 100 Jahre später (1951) wies die Literatur über 150 Fälle mit diesem Typ der Endometriose auf. Zusätzlich dazu konnten mehr als 50.000 zufällige krankhafte Veränderungen des Blinddarmes festgestellt und schriftlich festgehalten werden. Damit konnte erstmals eine Häufigkeit der Blinddarm Endometriose von 0,054 % geschätzt werden. Zahlreiche Studien seit dieser Zeit haben die Häufigkeitsrate der Blinddarm-Endometriose von 0,8 % bis 22 % angegeben, je nach ausgewerteter Versuchsgruppe [1].

Häufigkeit und Symptome der Blinddarm Endometriose?

Grundsätzlich zählt diese Form der Erkrankung zur Gruppe der Darm Endometriose. Bei dieser Lokalisation besiedeln genauso wie am restlichen Darmtrakt die Endometriosezellen die Darmwand und durchdringen diese bis in die Muskelschicht [2]. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 8 % bis 12 % der Patientinnen mit der Diagnose Endometriose eine Darmbeteiligung haben. Bei diesen Betroffenen sind besonders das Rektum (letzter 10 – 15 cm langer Darmabschnitt vor dem After) und das Sigma (ca. 40 cm langer Abschnitt vor dem Rektum) befallen. Etwa 90 % aller Darmläsionen befinden sich in diesen Regionen. Einen kleinen Teil der restlichen 10 % macht die Blinddarm Endometriose aus und ist somit insgesamt selten [2]. Die Häufigkeit der Blinddarm Endometriose bei Patientinnen mit durch Biopsie nachgewiesener Endometriose oder mit Schmerzen im rechten unteren Bauchbereich beträgt in einer aktuellen Studie 4,1 % bzw. 3,7 %. Diese Rate ist ähnlich der Häufigkeit von 2,8 %, die durch Literaturrecherche bei Patientinnen mit Endometriose bestätigt wurde [1].

Patientinnen mit Blinddarm Endometriose können grundsätzlich in vier Gruppen eingeteilt werden, welche auf dem medizinischen Erscheinungsbild basieren [3]:

  • Die erste Gruppierung beinhaltet Betroffene mit einer akuten Blinddarmentzündung.
  • Gruppe zwei vereint Frauen mit einer Einstülpung des Blinddarmes.
  • In der dritten Einteilung befinden sich Patientinnen mit atypischen Symptomen wie Übelkeit oder Bauchkoliken.
  • Die letzte Gruppierung setzt sich aus Frauen zusammen, die asymptomatisch sind [3].

Zudem können betroffene Personen über akute oder chronische Beckenschmerzen, Fieber oder untere gastrointestinale Blutungen klagen. Doch auch vollständig asymptomatische Verläufe sind möglich, da der Blinddarm an sich keine Schmerzverbindung zum Gehirn hat. Die meisten Fälle werden während einer Operation entdeckt und bei einer histologischen Untersuchung des Blinddarms diagnostiziert [2].

Begleiterscheinungen der Blinddarm Endometriose

Endometriose Läsionen kommen meist nicht einzeln vor, sondern mehrfach und teilweise auf verschiedenen Organen verstreut. Forschende konnten feststellen, dass auch bei der Appendix Endometriose des Appendix andere Körperstellen von der Erkrankung befallen sein können. Betroffene Frauen zeigen gehäuft weit verbreitete tiefe Läsionen und häufigere zyklische Darmsymptome [4]. Außerdem wurde ein Zusammenhang zwischen einer Beteiligung des Sigmoids, Rektosigmoids und des rechten Harnleiters sowie einer extrapelvinen Darmendometriose (Läsionen außerhalb des Beckenbereiches, z. B. in Lunge) gefunden [5]. Doch auch andere Teile des Darmes können bei Vorhandensein einer Blinddarm Endometriose betroffen sein.

Diagnose und Behandlung einer Blinddarm Endometriose

Ob eine tatsächliche Blinddarm Endometriose vorliegt, kann durch eine visuelle Betrachtung des Organs erfolgen, falls oberflächlich Läsionen oder Veränderungen erkennbar sind. Durch die Entnahme von Proben und die histologische Untersuchung in einem Labor kann der Endometriose Verdacht bestätigt werden [2]. Daraufhin werden Gewebeproben gefärbt und mikroskopisch auf Veränderungen (wie Entzündungen oder Endometriose) untersucht. Stellt sich hier heraus, dass tatsächlich Läsionen vorhanden sind, ist die Diagnose Appendix Endometriose gesichert. Bei der Appendektomie können grundsätzlich zwei Arten unterschieden werden; die selektive und die inzidentelle Variante.

Die inzidentelle Appendektomie ist die chirurgische Entfernung eines augenscheinlich nicht erkrankten Blinddarms während eines anderen primären chirurgischen Eingriffs [6]. Wenn beispielsweise rechtsseitige Bauchschmerzen ohne erkennbaren Grund vorherrschen und der Blinddarm nicht primär im Fokus liegt, kann es im Rahmen einer Endometriose Operation dennoch zu einer gleichzeitigen Entfernung des Blinddarmes kommen. Unbeabsichtigt erfährt die betroffene Person dann, dass bei der histologischen Untersuchung eine Endometriose des Appendix festgestellt wurde. Eine selektive Appendektomie stellt das Gegenteil dar, da vorab geplant und gezielt der Blinddarm entfernt wird. Dies ist bei Endometriose ebenfalls möglich, wenn Auffälligkeiten im Blinddarmbereich erkennbar sind (Ultraschall, MRT, CT) oder während der Operation klar erkennbare Veränderungen vorhanden sind. Grundlegend für die Entfernung ist jedoch das Vorhandensein von starken Symptomen oder sogar Entzündungen, welche zu weiteren Problemen führen würden [1]. Ist dies nicht der Fall, kann zunächst eine Rettung des Organs erfolgen, indem die veränderten Stellen entfernt werden.

Fazit

In seltenen Fällen kann es dazu kommen, dass Frauen mit Endometriose die sogenannte Endometriose des Appendix aufweisen. Symptome sind möglich, jedoch nicht immer vorhanden. Wie so oft stellt sich die Erkrankung als eine Art Chamäleon dar, welches je nach Individuum verschiedene Ausprägungen haben kann. Ob tatsächlich die Blinddarm Variante vorliegt, kann nach derzeitigem Stand nur mit Hilfe von Entfernung und histologischer Untersuchung des Organs entschieden werden. In lebensbedrohlichen Situationen ist die operative Entfernung notwendig, um die Gesundheit von Betroffenen zu schützen. Besteht lediglich der Verdacht und der Appendix präsentiert sich unauffällig, sollte eine Appendektomie gut überlegt sein. Ähnliche Symptome wie eine Blinddarm Endometriose kann auch eine herkömmliche Blinddarmentzündung aufweisen, welche je nach Fall eine andere Behandlung benötigt, um die betroffene Person zu schützen. Daran sollte gedacht werden, wenn Beschwerden neuartig und intensiv auftreten. Wie jedes Körperteil erfüllt der Blinddarm wichtige Funktionen, welche für das Leben vorteilhaft sein können. Insgesamt ist die Endometriose des Appendix eine seltene Form von Endometriose. Bei Beschwerden im rechten unteren Bauchbereich sollte jedoch die Möglichkeit im Hinterkopf sein, dass es sich um diese Variante handeln könnte, besonders wenn eine Endometriose Erkrankung bekannt ist.

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Referenzen

  1. R. L. Gustofson, N. Kim, S. Liu, und P. Stratton, „Endometriosis and the appendix: a case series and comprehensive review of the literature“, Fertil Steril, Bd. 86, Nr. 2, S. 298–303, Aug. 2006, doi: 10.1016/j.fertnstert.2005.12.076.
  2. M. Mabrouk u. a., „Endometriosis of the Appendix: When to Predict and How to Manage-A Multivariate Analysis of 1935 Endometriosis Cases“, J Minim Invasive Gynecol, Bd. 27, Nr. 1, S. 100–106, Jan. 2020, doi: 10.1016/j.jmig.2019.02.015.
  3. J. Yoon, Y. S. Lee, H.-S. Chang, und C. S. Park, „Endometriosis of the appendix“, Ann Surg Treat Res, Bd. 87, Nr. 3, S. 144–147, Sep. 2014, doi: 10.4174/astr.2014.87.3.144.
  4. M. S. Abrão, J. A. Dias, G. P. Rodini, S. Podgaec, M. A. Bassi, und M. Averbach, „Endometriosis at several sites, cyclic bowel symptoms, and the likelihood of the appendix being affected“, Fertility and Sterility, Bd. 94, Nr. 3, S. 1099–1101, Aug. 2010, doi: 10.1016/j.fertnstert.2009.10.031.
  5. H. Gimonet, V. Laigle-Quérat, S. Ploteau, C. Veluppillai, B. Leclère, und E. Frampas, „Is pelvic MRI in women presenting with pelvic endometriosis suggestive of associated ileal, appendicular, or cecal involvement?“, Abdom Radiol, Bd. 41, Nr. 12, S. 2404–2410, Dez. 2016, doi: 10.1007/s00261-016-0884-7.
  6. R. Kaderli, „[Incidental appendectomy: standard or unjustified risk?]“, Ther Umsch, Bd. 71, Nr. 12, S. 753–758, Dez. 2014, doi: 10.1024/0040-5930/a000621.
  7. M. J. H. Girard-Madoux u. a., „The immunological functions of the Appendix: An example of redundancy?“, Semin Immunol, Bd. 36, S. 31–44, Apr. 2018, doi: 10.1016/j.smim.2018.02.005.

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Diana Dichtl
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    Wir euch haben nach Erfahrungen mit Blasenschwäche gefragt. In diesem Beitrag erhaltet ihr Tipps und Tricks im Umgang mit dieser Symptomatik!

    Stillen & Endometriose – die Auswirkungen der hormonellen Veränderungen

    Eine Endometriose Diagnose ist für Betroffene zunächst oft ein Schock und wirft einige Fragen auf. Dabei spielt auch das Thema Schwangerschaft eine zentrale und sehr emotionale Rolle. Auch wenn Endometriose mit einem erhöhten Risiko für Unfruchtbarkeit einhergeht, ist eine Schwangerschaft nicht ausgeschlossen und kann sogar komplikationsfrei verlaufen. [1] Es ist bereits bekannt, dass eine Schwangerschaft die Symptome der Endometriose sogar lindern kann. Dies lässt sich auf den veränderten und ausbalancierteren Hormonhaushalt und das Ausbleiben der Menstruation während der Schwangerschaft zurückführen. Leider ist die Verbesserung der Symptome meist nur temporär und lässt mit dem Ende der Schwangerschaft nach. [2] Seit einigen Jahren untersuchen Forscherteams auch den Zusammenhang von Stillen und Endometriose. Mehrere Studien gelangen dabei zu spannenden Erkenntnissen, die für Betroffene interessant sein könnten. Welche hormonellen Veränderungen ruft das Stillen hervor? Wie wirken sich die Veränderungen auf Endometriose aus? Und welche Ergebnisse liefern die Studien bisher? Im folgenden Artikel bekommst du eine Antwort auf diese Fragen.

    Welche hormonellen Veränderungen treten beim Stillen auf?

    Um den Einfluss des Stillens zu verstehen, widmen wir uns zunächst den hormonellen Veränderungen. Im Laufe der Schwangerschaft haben im weiblichen Körper bereits einige Hormonumstellungen stattgefunden. Möchtest du mehr darüber erfahren, findest du hier einen wissenswerten Artikel in der Endo Wissensdatenbank. Mit dem Ende der Schwangerschaft beginnt nach der Geburt erneut ein wichtiger, hormoneller Umbauprozess, der sich auf Endometriose auswirken kann. Im Mittelpunkt steht die Hormongruppe der Östrogene, welche während der Schwangerschaft besonders stark vertreten ist. Mit der Geburt sinkt der Östrogenspiegel stark ab. Gleichzeitig stellen sich auch bei dem Hormon Progesteron und den Endorphinen Normalwerte ein.

    Versorgt die Mutter den Säugling nach der Geburt durch Stillen, rücken weitere Hormone in den Vordergrund:   Oxytocin und Prolaktin. Das Oxytocin spielt bereits während der Schwangerschaft eine wichtige Rolle und ist für das Auslösen der Wehen und die Rückbildung der Gebärmutter verantwortlich. Beim Stillen kommt für das Hormon eine weitere Aufgabe hinzu: die Anregung der Brustdrüsen und die Förderung des Milchflusses. Das Saugen des Neugeborenen regt wiederum die Ausschüttung des Oxytocins an und sorgt für ein wohliges und entspanntes Gefühl bei Mutter und Kind. Ein weiterer hormoneller Akteur beim Stillen ist das Prolaktin. Die Ausschüttung dieses Hormons stellt die Milchproduktion sicher und sorgt dafür, dass die Frau gelassener ist. Das Prolaktin stärkt außerdem die Bindung zwischen Mutter und Kind und unterstützt die Entwicklung der Beschützerinstinkte der Mutter. Stillt die Mutter das Neugeborene voll, setzt der normale Zyklus meist erst wieder nach dem Abstillen ein. Somit bleibt die Monatsblutung bis zum Ende des Stillens aus. Dieser Zustand wird auch Laktationsamenorrhoe genannt. Dies ist im Kontext der Endometriose besonders relevant und kann sich, ähnlich wie während der Schwangerschaft, auf die Endometriose Symptomatik auswirken. [3], [4]

    Welche Ergebnisse liefert die aktuelle Studienlage?

    Im Jahr 2017 wurde eine großangelegte Beobachtungsstudie aus den USA zum Thema Stillen und Endometriose veröffentlicht. [5] Dafür wurden Daten der sogenannten Health Study II ausgewertet. Im Rahmen dieser Studie erfolgte in den Jahren 1989-2011 eine regelmäßige Befragung von über 116.000 Frauen. Im Mittelpunkt der Erhebung standen die Entwicklung von Krankheiten und der Lebensstil der Teilnehmerinnen im Laufe der Jahre. Von den befragten Frauen lag bei 3.296 eine mittels Laparoskopie diagnostizierte Endometriose vor. Um die Variable des Stillens zu untersuchen, wurden in Abhängigkeit der Stillzeit unterschiedliche Gruppen gebildet und die Daten auf 100.000 Personenjahre gerechnet. Diese definieren die Anzahl an Patientinnen und die Anzahl an Teilnahmejahren an der Studie. In der Auswertung lieferte die Beobachtungsstudie daraufhin spannende Erkenntnisse über einen möglichen Zusammenhang von Endometriose und Stillen: In der Gruppe von Frauen mit einer Stillzeit von mehr als drei Jahren kam es zu 184 Endometriose Erkrankungen pro 100.000 Personenjahre. Demgegenüber steht eine Gruppe von Frauen, die weniger als einen Monat gestillt haben. In dieser Gruppe konnten 453 Endometriose Erkrankungen pro 100.000 Personenjahre identifiziert werden. In der untersuchten Gruppe zeigt sich somit eine 40%ige Senkung des Endometriose Risikos durch Stillen! Das Forscherteam hat außerdem herausgefunden, dass das Risiko dosisabhängig ist und sich mit steigender Stillzeit verringern lässt. Dies bedeutet im Detail eine Verminderung des Risikos um 8 Prozent pro drei Monate Stillen mit Zufüttern und um 14 Prozent ohne Zufüttern (exklusives Stillen). [6]

    Auf die Veröffentlichung der Studie folgten einige weitere Untersuchungen und 5 Jahre später wurde im Jahr 2022 eine zusammenfassende Metaanalyse publiziert. Im Zuge dieser Studie sind 18 herausgegebene Artikel zum Thema Stillen und Endometriose untersucht und überprüft worden. [7] In der Analyse bestätigen die Forschenden aus Australien und dem Iran die Ergebnisse und den positiven Effekt des Stillens und der Muttermilch bei Endometriose.

    Neben der generellen Risikoverringerung, wird auch ein Einfluss des Stillens bei Regelschmerzen (Dysmenorrhea), Eierstockzysten (Schokoladenzysten) und dem chronischen Beckenschmerzsyndrom CPP (Chronic pelvic pain syndrome) vermutet. Dieser Zusammenhang wurde im Zuge einer kleineren Studie aus dem Jahr 2021 mit 123 Teilnehmerinnen erforscht. [8] Es konnte eine deutliche Reduzierung der Regelschmerzen und CPP-Beschwerden bei den Patientinnen festgestellt werden und auch die Größe von Eierstockzysten war verringert. Alle Patientinnen haben gestillt und wurden zuvor mit Endometriose diagnostiziert. Einhergehend mit der großen Kohortenstudie wurde deutlich, dass der Effekt abhängig von der Stillzeit ist und Betroffene besonders von exklusivem Stillen und dem Ausbleiben der Menstruation profitieren. Im Hinblick auf den Einfluss einer Schwangerschaft wurde bereits festgestellt, dass eine Verbesserung der Endometriose Symptome meist nur temporär stattfindet und mit dem Ende der Schwangerschaft nachlässt. Leider zeigte sich in der genannten Studie ebenfalls ein Rückgang des positiven Einflusses und eine langsame Wiederkehr der Symptome nach dem Abstillen. Es gibt dennoch eine gute Nachricht: aus einigen der Studien geht auch hervor, dass zumindest die Intensität der wiederkehrenden Symptome nach dem Abstillen abgenommen hat, insbesondere bei exklusivem Stillen über einen längeren Zeitraum hinweg.

    Wie genau wirkt sich das Stillen auf Endometriose aus?

    Die aktuelle Studienlage deutet also auf einen positiven Einfluss des Stillens hin, der das Endometriose Risiko, sowie Schmerzen und das Wachstum von Endometriose Herde verringern kann. Außerdem verstärkt sich der schützende Einfluss mit längerer Stillzeit und durch exklusives Stillen. Wie genau das Stillen das Endometriose Risiko mindert, ist noch nicht eingehend erforscht. Weiterhin ist offen, ob sich eine bestehende Endometriose durch das Stillen zurückbilden kann. Es gibt jedoch naheliegende Erklärungsansätze für den Wirkungsmechanismus des Stillens. Im Fokus stehen dabei die Unterbrechung des Zyklus und die Hemmung der Monatsblutung. Weiterhin ist die Veränderung des Östrogenspiegels interessant. In der Regel begünstigt ein hoher Östrogenspiegel das Wachstum von Endometrioseherden. Während der Stillzeit ist die Östrogenproduktion in den Eierstöcken allerdings gewöhnlich heruntergefahren.  Dadurch kann der Eisprung verhindert und das Wachstum und die Entwicklung von Endometriose eingedämmt werden. Das Zusammenspiel von Prolaktin und Östrogen könnte also als positiver Wirkungsfaktor des Stillens bei Endometriose in Frage kommen. [8], [9], [10], [11], [12]

    Fazit

    Die Studienlage ist aussichtsreich und das Stillen könnte in Zukunft zu einem wichtigen, modifizierbaren Risikofaktor bei Endometriose werden. Liegt eine Endometriose zum Beispiel bereits vor einer Schwangerschaft vor, könnte das Risiko für ein erneutes Auftreten direkt nach der Geburt mithilfe des Stillens aktiv gemindert werden. Da ein Wiederauftreten der Symptome (eventuell in abgeschwächter Form) nach dem Abstillen möglich ist, sollten Betroffene nach dem Abstillen oder nach einer Geburt bei ihrem Frauenarzt/ ihrer Frauenärztin eine weiterführende Endometriosetherapie ansprechen damit erneute Beschwerden vermieden werden können. Wir beobachten für euch die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung und halten euch auf dem neuesten Stand!

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    Referenzen

    1. Alberico D, Somigliana E, Bracco B, et al. Potential benefits of pregnancy on endometriosis symptoms. 2018. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30308401/fulltext. Accessed 9 February, 2023.
    2. Böhm S. Endometriose und Kinderwunsch. https://www.babyforte.de/endometriose/. Accessed 9 February, 2023.
    3. Abou-Dakn M. Was passiert im Körper beim Stillen? https://lunamum.de/stillhormone-stillen-hormone-was-passiert/. Accessed 9 February, 2023.
    4. Jenapharm GmbH & Co. KG. Informationen rund ums Stillen. https://www.jenapharm.de/service/Stillbroschuere.pdf. Accessed 9 February, 2023.
    5. Farland L V, Eliassen A H, Tamimi R M, Spiegelman D, Michels K B, Missmer S A et al. History of breast feeding and risk of incident endometriosis: prospective cohort study BMJ. 2017. https://www.bmj.com/content/358/bmj.j3778. Accessed 9 February, 2023.
    6. Dr. Bauer Publikationen in der Stillförderung. Still-Lexikon. https://www.still-lexikon.de/laenger-stillende-muetter-sind-seltener-von-endometriose-betroffen/. Accessed. 10 February 2023.
    7. Youseflu S, Savabi-Esfahani M, Asghari-Jafarabadi M, Maleki A. The Protective Effect of Breastfeeding and Ingesting Human Breast Milk on Subsequent Risk of Endometriosis in Mother and Child: A Systematic Review and Meta-Analysis. Breastfeed Med. 2022. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36282195/. Accessed 13 February, 2023.
    8. Prosperi Porta R, Sangiuliano C, Cavalli A, Hirose Marques Pereira LC, Masciullo L, Piacenti I, Scaramuzzino S, Viscardi MF, Porpora MG. Effects of Breastfeeding on Endometriosis-Related Pain: A Prospective Observational Study. Int J Environ Res Public Health. 2021. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8535640/. Accessed 13 February, 2023.
    9. Bühler K. Rund ums Baby. Endometriose und Stillen. https://www.rund-ums-baby.de/experten/kinderwunsch-expertenforum/endometriose-und-stillen__77805. Accessed 13 February, 2023.
    10. Endometriose. Hohl M.H, Mueller M, Eberhard M, Häberlin F. https://www.kantonsspitalbaden.ch/Departement-Frauen-Kinder/Dokumente/broschuere_endometriose_de.pdf. Accessed 13 February, 2023.
    11. Wood R. Endometriosis and pregnancy (and breastfeeding). https://endometriosis.org/resources/articles/endometriosis-and-pregnancy-breastfeeding/. Accessed 13 February, 2023.
    12. Scheele M. Stillen und Empfängnisverhütung. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/stillen/stillen-und-empfaengnisverhuetung/. Accessed 13 February, 2023.

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    Josefine Maxara

    Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS) und der Unterschied zum Prämenstruellen Syndrom (PMS)

    Das Prämenstruelle Syndrom ist den meisten ein Begriff die Prämenstruelle Dysphorische Störung dahingegen ist den meisten weniger geläufig. Was sich dahinter verbirgt und was der Unterschied zum Prämenstruellen Syndrom ist, erfährst du in dem folgenden Artikel.  

    Was ist die Prämenstruelle Dysphorische Störung?

    Die Prämenstruelle Dysphorische Störung kann als eine Variante des Prämenstruellen Syndroms angesehen werden. Es gilt auch als stärkste Form des PMS. Man geht davon aus, dass 3-8% der Frauen im gebärfähigen Alter darunter leiden. [3] Ähnlich wie bei PMS erleben die Betroffenen körperlich und psychisch Beschwerden, allerdings stehen die psychischen Symptome bei einer PMDS im Vordergrund. [1]  

    Der Symptombeginn setzt genauso wie bei dem PMS in der zweiten Zyklushälfte ein, hält allerdings die ersten Tage der Periode an. Zu den Beschwerden, die bei der PMS auftreten sticht bei der PMDS allerdings mindestens eins der folgenden Symptome besonders heraus:  

    • Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit 
    • Ängstlichkeit und Anspannung 
    • Starke Stimmungsschwankungen
    • Ausgeprägte Reizbarkeit und Wut. 

    Ähnlich wie bei dem PMS ist die Ursache bis heute nicht eindeutig geklärt. Man vermutet, dass der PMDS häufig Depressionen und Angstzustände zugrunde liegen. Es ist also möglich, dass die hormonellen Veränderungen, die durch die Regelblutung ausgelöst werden, die Symptome, die ohnehin schon vorhanden sind, negativ beeinflussen. [2]  

    Grundsätzlich ist es schwierig, die Symptome der PMDS zu klassifizieren, Diagnosekriterien findet man im DSM-V, ein Klassifikationssystem aus dem Bereich der Psychologie. [4] Eine PMDS liegt vor, wenn in den meisten zurückliegenden Zyklen eins der Symptome Affektlabilität, Wut, Reizbarkeit, Anspannung oder Schlafstörungen aufgetreten ist und mit einsetzen der Periode wieder verschwindet.  

    Außerdem ist es sehr hilfreich, wie auch bei PMS, ein Zyklustagebuch zu führen, um herauszufinden, ob die Symptome mit dem Zyklus zusammenhängen und wie sich die Symptomschwankungen verhalten. Dementsprechend können dann gemeinsam mit dem oder der Ärzt:in individuelle Therapiekonzepte entworfen werden.  

    Welche Therapiemöglichkeiten gibt es für PMDS?

    Die Therapie sollte eine Behandlung der psychischen Grunderkrankung beinhalten und schließt sich der Behandlung der PMS an. Nachweislich haben sich psychotherapeutische Verfahren wie die kognitive Verhaltenstherapie als wirksam erwiesen. Nach Absprache mit dem oder der Ärzt:in kann auch die Einnahme von Medikamenten in manchen Fällen eine Besserung verschaffen. [2],[3]

    Ähnlich wie bei PMS kann die Einnahme der Antibabypille im Langzeitzyklus Hormonschwankungen vermeiden und somit zur Abnahme der Symptome führen. Im Falle eines ausgeprägten PMDS-Beschwerdebilds kann die gleichzeitige Gabe von Antidepressiva zur Besserung der Symptomatik beitragen. Die Betroffenen erlangen das Gefühl von Kontrolle – auch in der Prämenstruellen Phase – zurück, was die Lebensqualität deutlich steigert. Auch weitere Symptome wie Müdigkeit, Heißhungerattacken und Schlafstören können unter dieser Therapie abnehmen. Erfreulicherweise bessern sich die Symptome unter einer adäquaten Therapie rasch. [2],[3]

    Kurz und knapp zusammengefasst

    Die Prämenstruelle Dysphorische Störung gilt als stärkste Form des Prämenstruellen Syndroms. Neben der körperlichen Einschränkung stehen besonders psychischen Beschwerden wie Depression und Angst bei PMDS im Vordergrund. Die Ursache ist bis heute nicht gänzlich geklärt. Aufgrund der schwierigen Diagnosestellung ist es hilfreich ein Symptomtagebuch zu führen, um die Beschwerden mit einer möglichen PMDS-Symptomatik in Zusammenhang bringen zu können. Die Therapiekonzepte sind vielfältig und hängen von den Beschwerden, möglichen Grunderkrankungen und dem individuellen Leidensdruck ab.

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    Referenzen

    1. Gätje R, Eberle C, Scholz C, Lübke M, Solbach C. Kurzlehrbuch Gynäkologie und Geburtshilfe. Deutschland; 2015.
    2. Tatnai Burnett. What’s the difference between premenstrual dysphoric disorder (PMDD) and premenstrual syndrome (PMS)? How is PMDD treated? [Updated 2021 March 11]. https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/premenstrual-syndrome/expert-answers/pmdd/faq-20058315. Accessed November 27, 2022
    3. Rohde A. PMS und PMDS – Behandlungsmöglichkeiten in der Frauenarztpraxis, wenn die psychischen Symptome im Vordergrund stehen. https://dgpfg.de/blog/https-dgpfg-de-wp-content-uploads-2019-05-gyne-2-19-pdf/. Accessed November 27, 2022.
    4. Dorsch V. Die prämenstruelle Syndrome PMS und PMDS – Prämenstruelle dysphorische Störung – Mythos oder behandlungsbedürftige Störung? Published 2018.  https://www.springermedizin.de/zyklus-und-ovulationsstoerungen/gynaekologie-in-der-hausarztpraxis/die-praemenstruellen-syndrome-pms-und-pmds/15416106#:~:text=Nach%20DSM%2D5%2DKriterien%20liegt,des%20letzten%20Jahres%20bestanden%20haben. Accessed November 27, 2022.

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    Katharina Klobusch
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      Grüntee werden verschiedene heilsame Effekte nachgesagt. Doch wie wirkt dieser bei Endometriose? Das erfährst du in diesem Beitrag.

      Retrograde Menstruation als Ursache für Endometriose?

      Wie du schon weißt, gibt es bei der Endometriose Gebärmutterschleimhaut-ähnliche Zellen, die sich an Orten im Körper befinden, wo sie nicht hingehören. Die Ursache hierfür ist bislang unklar, jedoch haben sich zwei Theorien durchgesetzt: Der ersten Theorie zufolge wandeln sich einige Zellen im Bauchraum durch einen unbekannten Mechanismus in Gebärmutterschleimhaut um. Die andere Theorie besagt, dass sich Gebärmutterzellen während der Menstruation ablösen und mit dem Blut durch die geöffneten Eileiter in die Bauchhöhle gelangen können. [1] Diese Theorie würde die Existenz von Herden im Bauchraum erklären, und bei manchen Frauen* könnte dies dazu führen, dass eine Endometriose entsteht.

      Retrograde Menstruation – was bedeutet das?

      Den normalen Weg des Menstruationsblutes kennst du sicher – die Gebärmutterschleimhaut wird aufgrund des Einflusses der Hormone Östrogen und Progesteron abgestoßen und das daraus entstehende Blut bahnt sich seinen Weg durch die Scheide. Eine Untersuchung der physiologisch vorkommenden Flüssigkeit im Bauchraum hat ergeben, dass sich darin bei circa 90% aller Frauen* mit regulären, durchlässigen Eileitern Blut befindet, sodass angenommen werden kann, dass das Eintreten von Menstruationsblut in den Bauchraum grundsätzlich normal ist. Bei Frauen* mit verschlossenen Eileitern hingegen konnte nur bei 15% der Personen Blut im Bauchraum nachgewiesen werden. [2] In den meisten Fällen verursacht das Blut mitsamt den enthaltenen Zellen keine Probleme und wird ganz normal vom Körper abgebaut. Es kann jedoch passieren, dass die Gebärmutterzellen sich im Bauchraum einnisten und eine Endometriose entsteht. [3]

      Warum dies nur bei einigen Personen vorkommt und nicht bei allen fruchtbaren Menstruierenden, ist bislang ungeklärt. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass an Endometriose Leidende erwiesenermaßen eine herabgesetzte Funktion der natürlichen Killerzellen und Makrophagen aufweisen. [4] In einer aktuellen Studie hat man durch den Vergleich der Flüssigkeit im Bauchraum (Peritonealflüssigkeit) von an Endometriose Erkrankten und von gesunden Personen herausgefunden, dass die natürlichen Killerzellen bei Endometriose deutlich weniger aktiv waren als es normal wäre. Zwar war die Aktivität der Immunzellen während der Menstruation bei beiden Gruppen merklich vermindert, jedoch erhöhte sie sich in der gesunden Gruppe nach der Menstruation signifikant, blieb bei den Erkrankten jedoch weiterhin deutlich geringer. Da die natürlichen Killerzellen und Makrophagen wichtige Bestandteile des Immunsystems sind, kann eine unzureichende Funktion dazu führen, dass sich im Menstruationsblut befindliche Antigene – also Substanzen, die eine Immunreaktion auslösen – nicht erkannt und bekämpft werden können.

      Interessant ist, dass die Funktionseinschränkung nur im Bauchraum gefunden wurde, nicht jedoch in anderen Körperregionen. Für diese Hypothese spricht, dass die Endometriose häufig zusammen mit anderen Erkrankungen auftritt, die aufgrund einer Dysfunktion des Immunsystems auftreten. Beispiele dafür sind die Hashimoto-Thyreoditis (chronische Entzündung der Schilddrüse) und verschiedene chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa. [5] Die Begleiterkrankungen können sowohl bereits zur gleichen Zeit wie die Endometriose vorhanden sein als auch im Verlauf der Erkrankung auftreten, sodass es schwierig ist, zu unterscheiden, welche Leiden durch die Endometriose ausgelöst wurden und welche unabhängig davon aufgetreten sind. Letztlich kann die verminderte Aktivität der Immunzellen eine Erklärung für die Einnistung der Fremdzellen sein, das ist jedoch bisher noch nicht bewiesen worden.

      Wie entstand die Theorie zur retrograden Menstruation?

      Die Theorie der retrograden Menstruation ist nicht neu, sondern wurde bereits 1927 von dem amerikanischen Gynäkologen Dr. John Sampson aufgestellt. Damals war die Endometriose als Krankheit zwar schon bekannt, allerdings gab es vor seiner Forschung nur wenige Erkenntnisse. Er lieferte erstmalig eine anatomisch plausible Erklärung für die Entstehung der Erkrankung. [9]

      Über die Jahre hinweg wurde die Theorie der retrograden Menstruation weiter erforscht und Sampsons Ergebnisse konnten reproduziert werden. Eine Studie aus dem Jahr 1995 konnte herausstellen, dass eine gezielte Injektion von Endometriumzellen in den Bauchraum mit dem Ziel, eine Endometriose auszulösen, meist erfolgreich zu sein scheint. [10] Endometriumzellen aus verschiedenen Stadien des Menstruationszyklus wurden in den Bauchraum von Pavianen injiziert. Es wurden Zellen aus der Menstruationsphase und Lutealphase (nach dem Eisprung) jeweils außerhalb des Bauchfells und Zellen aus der Menstruationsphase innerhalb des Bauchfells eingebracht. Nach zwei, fünf und zwölf Monaten wurden Laparoskopien durchgeführt, um eventuelle Veränderungen zu erkennen. Das Ergebnis stützt die Hypothese: Das Vorkommen der für Endometriose typischen Gewebeläsionen war wesentlich höher bei den Primaten, welche Zellen aus der Menstruationsphase in das Bauchfell injiziert bekommen hatten. Auch war die Injektion der Zellen in das Bauchfell deutlich erfolgreicher darin, Endometrioseherde zu verursachen als die Injektion außerhalb des Bauchfells. Keine nennenswerten Veränderungen konnten bei den Primaten festgestellt werden, welche eine Injektion von Zellen aus der Lutealphase außerhalb des Bauchfells erhielten. Interessant war auch, dass eine Kontrolluntersuchung mittels Laparoskopie nach zwölf Monaten zeigte, dass die neu aufgetretene Endometriose weiter fortgeschritten war. In einem Primaten, welcher in der Zwischenzeit keine weitere Menstruation hatte, war die Endometriose rückläufig. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Endometriose nur dann ausgelöst werden konnte, wenn die injizierten Zellen während der Menstruationsphase entnommen worden waren, nicht aber in anderen Phasen des Zyklus – ein Indiz dafür, dass die retrograde Menstruation, wie bereits angenommen, eine Rolle bei der Entstehung der Endometriose spielt.

      Endometriose durch verstärkte Muskelaktivität?

      Eine weitere Theorie besagt, dass es an der Grenze zwischen den Schichten des Endometriums aufgrund von gesteigerter Muskelaktivität zu Mikroverletzungen kommen kann, welche einen Reparaturmechanismus in Gang setzen. [6] Dies führt zu einer lokalen Produktion von Östrogen, welches wiederum für das Aufrechterhalten der gesteigerten Muskelaktivität sorgt, da es in die Kontrollmechanismen des Ovars für die Uteruskontraktionen eingreift. Je mehr Muskelaktivität, desto mehr Mikroverletzungen entstehen und desto mehr Östrogen wird produziert – die Problematik verselbstständigt sich. Letztlich führt dies dazu, dass Mikrofragmente des Endometriums in den Bauchraum gelangen, welche sich dort einnisten können. Je mehr Fragmente sich dort ansiedeln, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Endometriose entsteht. Woher die erhöhte Muskelaktivität kommt, ist nicht ganz klar. Mutmaßlich gibt es einen Vorfall kurz nach Beginn der Fruchtbarkeit, welcher der Auslöser hierfür sein könnte. Was genau das für ein Vorfall sein könnte, ist bisweilen noch ungeklärt.

      Weder die Theorie zur retrograden Menstruation noch die Funktionseinschränkung der Immunzellen oder die erhöhte Muskelkontraktion erklärt jedoch das Vorkommen von Endometrioseherden in anderen Körperbereichen, zum Beispiel im Gehirn – hierzu gibt es Vermutungen, dass die Endometriose sich mithilfe des lymphatischen Systems im Körper verbreiten und zu weit entfernten Körpergebieten gelangen kann. [7] Tatsächlich ist das Vorkommen von Endometriose im Gehirn extrem selten, und es gibt nur wenige dokumentierte Fälle. Was deutlich häufiger vorkommt, sind psychische Beschwerden wie Depression und Angststörungen. Es hat sich herausgestellt, dass etwa ein Drittel der Betroffenen zusätzlich zur Endometriose an diesen Beschwerden leidet. Interessanterweise kann man Veränderungen im Gehirn bei diesen Personen mittels CT und MRT bildlich darstellen. Unklar ist bisweilen, ob das sogenannte Endometriose-Hirn durch die chronischen Schmerzen, unbeteiligte psychische Begleiterkrankungen oder die Endometriose selbst ausgelöst wird, sodass keine abschließende Aussage zu den Ursachen der Veränderungen getroffen werden kann. [8]

      Wie entsteht retrograde Menstruation und wie lässt sie sich behandeln?

      Leider wird zu dem Thema nur wenig geforscht, daher kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wie die retrograde Menstruation entsteht. Es steht die Hypothese im Raum, dass eine abnormale Muskelkontraktion des Uterus eine Rolle spielen könnte. [11] Mutmaßlich weist die Kontraktion bei Endometriose eine höhere Frequenz und Spannung auf, jedoch ist die momentane Datenlage dünn. Aktuell lässt sich daher weder die Ursache der retrograden Menstruation bestimmen, noch gibt es Therapien dagegen.

      Fazit

      Klar ist, dass die retrograde Menstruation als Erklärung für die Entstehung von Endometriose nicht alleine stehen kann, da sie nicht erklärt, wieso sich bei manchen Personen eine Endometriose manifestiert und bei anderen nicht. Da die retrograde Menstruation grundsätzlich physiologisch bei Menstruierenden vorkommt und bei den meisten keine Probleme auslöst, kann es also nicht alleine daran liegen. Vielmehr bietet die Theorie einen Erklärungsansatz für die Krankheitsentstehung, allerdings nur in Kombination mit weiteren Faktoren wie genetischer Anfälligkeit und Veränderungen der Immunzellen. Was sich als Schlussfolgerung aus den verschiedenen Resultaten der zitierten Studien ergibt, ist, dass nicht mehr Menstruierende meistens eine Rückbildung der Endometriose erleben. Daher könnte es sein, dass eine Sterilisation Abhilfe schaffen kann – jedoch kann auch hier nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass diese Methode hundertprozentig hilft. Außerdem stellt dies für Personen mit einem Kinderwunsch natürlich keine Möglichkeit dar. Zu hoffen ist, dass sich die Forschung diesem Thema in Zukunft mehr widmet, sodass wir dir schon bald genauere Informationen hierzu liefern können.

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      Referenzen

      1. Universitäts-Frauenklinik Tübingen. Definition der Endometriose. https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/einrichtungen/kliniken/frauenklinik/endometriosezentrum#:~:text=Liegen%20bei%20Ihnen%20Beschwerden%20wie,jeden%20Fall%20bei%20uns%20vorstellen. Abgerufen am 28.11.2022
      2. Halme J, Hammond MG, Hulka JF, Raj SG, Talbert LM. Retrograde menstruation in healthy women and in patients with endometriosis. Obstet Gynecol. 1984 Aug;64(2):151-4. PMID: 6234483. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/6234483/. Abgerufen am 28.11.2022
      3. Vinatier D, Dufour P, Leroy JL. Mécanismes de l’endométriose [The mechanisms of endometriosis]. Rev Prat. 1999 Feb 1;49(3):254-7. French. PMID: 10189792. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10189792/. Abgerufen am 28.11.2022
      4. Ushiwaka T, Yamamoto S, Yoshii C, Hashimoto S, Tsuzuki T, Taniguchi K, Izumiya C, Kobayashi H, Maeda N. Peritoneal natural killer cell chemotaxis is decreased in women with pelvic endometriosis. Am J Reprod Immunol. 2022 Sep;88(3):e13556. doi: 10.1111/aji.13556. Epub 2022 May 4. PMID: 35452561
      5. Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. Broschüre Begleiterkrankungen 2019. https://www.endometriose-vereinigung.de/files/endometriose/infomaterial/Broschuere%20Begleiterkrankungen%202019_web.pdf. Abgerufen am 28.11.2022
      6. Leyendecker G, Wildt L, Mall G. The pathophysiology of endometriosis and adenomyosis: tissue injury and repair. Arch Gynecol Obstet. 2009 Oct;280(4):529-38. doi: 10.1007/s00404-009-1191-0. Epub 2009 Jul 31. PMID: 19644696; PMCID: PMC2730449
      7. Jerman LF, Hey-Cunningham AJ. The role of the lymphatic system in endometriosis: a comprehensive review of the literature. Biol Reprod. 2015 Mar;92(3):64. doi: 10.1095/biolreprod.114.124313. Epub 2015 Jan 14. PMID: 25588508
      8. Maulitz, L., Stickeler, E., Stickel, S., Habel, U., Tchaikovski, S. N., & Chechko, N. (2022). Endometriosis, psychiatric comorbidities and neuroimaging: Estimating the odds of an endometriosis brain. Frontiers in Neuroendocrinology, 65, 100988. https://doi.org/10.1016/J.YFRNE.2022.100988
      9. Center for endometriosis care. Who is Sampson and what does he have to do with endometriosis. https://centerforendo.com/who-is-sampson-and-what-does-he-have-to-do-with-endometriosis. Abgerufen am 28.11.2022
      10. D’Hooghe TM, Bambra CS, Raeymaekers BM, De Jonge I, Lauweryns JM, Koninckx PR. Intrapelvic injection of menstrual endometrium causes endometriosis in baboons (Papio cynocephalus and Papio anubis). Am J Obstet Gynecol. 1995 Jul;173(1):125-34. doi: 10.1016/0002-9378(95)90180-9. PMID: 7631669
      11. Bulletti C, De Ziegler D, Polli V, Del Ferro E, Palini S, Flamigni C. Characteristics of uterine contractility during menses in women with mild to moderate endometriosis. Fertil Steril. 2002 Jun;77(6):1156-61. doi: 10.1016/s0015-0282(02)03087-x. PMID: 12057721

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      Sharleen Omara
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      2022 erschien eine Studie zum Zusammenhang von Endometriose, Reizdarm und Essstörungen. Was dahinter steckt, erfährst du in diesem Blogbeitrag.

      Was in deinem Körper eine Woche vor der Periode geschieht – Das Prämenstruelle Syndrom (PMS)

      Viele Frauen kennen es: Die alltäglichen Missgeschicke, wie das Umschütten des Kaffees bedeutet schon die Welt oder das Anziehen des Pullovers wird durch Schmerzen in der Brust zur Herausforderung. Häufig steckt das prämenstruelle Syndrom dahinter – kurz: PMS.

      Das prämenstruelle Syndrom kann die Lebensqualität der Betroffenen maßgeblich einschränken und eine große Belastung darstellen.

      Was ist das prämenstruelle Syndrom?

      Das prämenstruelle Syndrom ist ein komplexes Zusammenspiel aus unterschiedlichen zyklusbedingten, körperlichen und seelischen Beschwerden. Die Vorsilbe „Prä“ bedeutet „vorher“ und beschreibt den Zeitraum vor der monatlichen Regelblutung, also die zweite Zyklushälfte. Meistens verschwinden die Symptome dann mit einsetzen der Periode [1].

      Das prämenstruelle Syndrom tritt nicht selten auf, fast jede 3. bis 4. Frau ist davon betroffen. Der Höhepunkt der Symptome wird in der fünften Lebensdekade beschrieben [2]. Die lokalen und generalisierten chronisch-wiederkehrenden Beschwerden können sich auf den Alltag auswirken und die Lebensqualität in der beschriebenen Zeit maßgeblich mindern [3]. Das kann so weit gehen, dass alltägliche Aufgaben nicht mehr nachgegangen werden kann, sogar bis zur Berufsunfähigkeit [11]. In manchen Fällen können die Beschwerden auch nach Einsetzen der Regelblutung weiterhin bestehen bleiben [4].

      Wie wird das prämenstruelle Syndrom ausgelöst?

      Bis heute konnte keine genaue Ursache für das Auftreten des prämenstruellen Syndroms gefunden werden. Es wird davon ausgegangen, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen.

      Dazu zählen zahlreiche körperliche und seelische Faktoren, wie Alter, Übergewicht, Bewegungsmangel sowie psychische Belastungen in Form von Depressionen als Verstärkung der Grundbeschwerden [2], [3].

      Außerdem wird eine Dysbalance diverser Hormone sowie eine gestörte Elektrolyt- und Flüssigkeitsverteilung im Körper mit PMS in Verbindung gebracht [3].

      Lange Zeit hielt sich die Studienlage zu PMS in Grenzen, aber es gibt gute Nachrichten: Aufgrund der weltweiten Verbreitung besteht jüngst ein großes Interesse an der Erforschung des prämenstruellen Syndroms. Zunächst gehen wir im Folgenden aber noch auf einige Infos zur Symptomatik ein [10].

      Welche Symptome treten während des PMS auf?

      Die Beschwerden, die während des PMS auftreten, variieren in ihrer Ausprägung und Intensität von Zyklus zu Zyklus sowie von Frau zu Frau. Bei manchen Betroffenen begrenzen sich die Symptome nur auf den Körper. In vielen Fällen tritt bei PMS jedoch auch eine starke seelischen Belastung auf.

      Die Symptome, die den Körper betreffen, reichen von Schmerzen in Brust, Bauch, Rücken und Kopf bis hin zu Migräne. Betroffene berichten auch von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie Libidoverlust.

      Schweißausbrüche im Wechsel mit Hitzewallungen erschweren den Alltag und auch Magen-Darm-Beschwerden sind ein ständiger Begleiter. Das kann sich unterschiedlich äußern. Entweder durch ein Völlegefühl, Verstopfung und Blähungen oder durch Übelkeit, Reizdarm, Reizmagen bis hin zu Durchfällen. In manchen Fällen ist der Kreislauf stark beeinträchtigt und Schwindel sowie Wassereinlagerung kündigen sich monatlich vor Beginn der Periode an. Auch äußerlich kann eine Veränderung häufig in Erscheinung treten, in Form von Unreinheiten in der Haut oder gar bis zur Akne.

      Als wäre das nicht schon Einschränkung genug, kommt es neben dem körperlichen Beschwerdebild häufig auch durch eine seelische Begleitkomponente zur Minderung der Lebensqualität. Stimmungsschwankungen erschweren tagtägliche Entscheidungen.  Der Antrieb kann gemindert sein und das kann wiederum zeitgleich mit ängstlichen oder depressiven Episoden auftreten. Durch kleinste Unstimmigkeiten oder Irritationen kann sich die Stimmung im nächsten Moment schlagartig ändern und in Gereiztheit, Aggressivität und Hyperaktivität übergehen.

      Es gibt eine beachtliche Anzahl an weiteren Symptomen, darunter auch Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Viele Betroffene berichten ebenfalls auch über Heißhungerattacken, die sich negativ auf das Grundgefühl auswirken können [1], [2], [4].

      Das prämenstruelle Syndrom ist sehr facettenreich und kann sich bei jeder Betroffenen unterschiedlich äußern. Die geschilderten Symptome werden von den Betroffenen subjektiv empfunden, daher ist die Schwere der Symptome stets schwer messbar. Das führt dazu, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung nur schwierig eingeschätzt werden kann.

      Diagnostik

      Es ist nicht so einfach das prämenstruelle Syndrom zu diagnostizieren, da sich die Beschwerden von Frau zu Frau sehr unterscheiden. Steht nun aber der Verdacht auf PMS im Raum, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.

      Die erste Maßnahme sollte sein, mit dem oder der niedergelassenen Frauenärzt:in über die Beschwerden zu sprechen, um mögliche andere Ursachen auszuschließen [2]. Dazu zählen zum Beispiel Endometriose, beginnende Wechseljahre oder Zeichen einer Frühschwangerschaft [15]. Manche Frauen leiden auch schon vor dem Einsetzen der Regelblutung unter Schmerzen. Oft haben sich die Betroffenen so sehr an die chronischen Beschwerden gewöhnt, dass sie diese als den „Normalzustand“ ansehen. Im ärztlichen Gespräch berichten sie dann meist zum Beispiel nur von den Schmerzspitzen. Deshalb ist es wichtig, dass ausführlich über die Beschwerden und Schmerzen gesprochen wird, um dagegen vorzugehen, denn eines ist sicher: Chronische Schmerzen mindern auf kurz oder lang die Lebensqualität der Betroffenen [2].

      Leider helfen Labortests zur Diagnose des PMS nicht weiter, da es keinen spezifischen „PMS-Marker“ gibt [1]. Es ist aber möglich, einen Hormonstatus zu erheben, um der Diagnose näher zu kommen. In manchen Fällen kann nämlich auch die Schilddrüse dahinterstecken [2].

      Wie bereits erwähnt, kann sich das prämenstruelle Syndrom ganz unterschiedlich äußern. Um die Symptome besser einschätzen zu können, wäre eine weitere sinnvolle Maßnahme, einen PMS-Kalender anzulegen. Dort können alle Veränderung, die auf PMS zurückzuführen sind, notiert und verfolgt werden. Es kann ebenfalls dazu beitragen, die Beschwerden der Stärke nachzuordnen, z.B. in einer numerischen Skala 1-10. All das kann dabei helfen, nachzuvollziehen, welche Beschwerden sich wann und wie äußern sowie welche Maßnahmen ergriffen werden können, um dagegen vorzugehen [1].

      Therapie

      Die Therapie von PMS kann man mit einem Drei-Säulen-Modell strukturieren. Diese sind:

      • Änderung des Lebensstiles
      • Alternative Heilverfahren
      • Medikamentöse Therapie

      Edukation und Lebensstil

      Bei der Behandlung von PMS gibt es nicht das eine Therapiekonzept, das zur Linderung der Symptome führt. Die großen individuellen Unterschiede der Beschwerden bedeuten im gleichen Zuge, die Notwendigkeit unterschiedlicher individueller Maßnahmen, um eine Verbesserung zu erzielen.

      Ein guter Anfang ist es, sich ausführlich über PMS zu informieren. Ein gutes Verständnis kann dabei helfen, individuell angepasste Techniken und Konzepte zu entwickeln, um die Lebensqualität zu verbessern.

      Bei der Recherche über PMS stolpert man sehr schnell über das Konzept: „Änderung der Lebensführung“, aber was heißt das genau? Wir haben bereits über mögliche Triggerfaktoren gesprochen. Zu denen gehören zum Beispiel Übergewicht und Bewegungsmangel. Nicht nur bei PMS kann es hilfreich sein, dagegen mit Sport und ausgewogener Ernährung vorzugehen. Generell stehen viele weitere Komorbiditäten eng mit diesen Faktoren in Verbindung [1].  Zu weiteren Triggersubstanzen gehören Alkohol, Nikotin und vermutlich auch Koffein. Es ist kein Geheimnis, dass Noxen wie Alkohol und Nikotin sich auf viele Arten und Weisen negativ auf den Körper auswirken. Der Verzicht kann zu einer Besserung der Symptome führen [1].  Die Rolle von Koffein ist nicht eindeutig, aus einer neuen Studie geht hervor, dass die Einnahme hoher Koffeinmengen zurzeit eher nicht mit einem gesteigerten PMS-Risiko assoziiert wird [13].

      Eine weitere Komponente, die das PMS stark beeinflusst, ist Stress. Eine Stressreduktion kann dabei helfen, die PMS-Beschwerden zu lindern. Ursachen für Stress sind divers und somit gibt es hier keinen allgemeinen Weg der Stressreduktion, der für alle passt. Es kann in manchen Fällen genügen, sich im Alltag aktiv Zeit für sich selbst zu nehmen [2].  Da in der Mehrzahl der Fälle Schlafmangel mit PMS vergesellschaftet ist, sollte auf ausreichend Schlaf und einen regelmäßigen Schlafrhythmus geachtet werden [4]. Eine weitere Möglichkeit sind Entspannungsverfahren, wie zum Beispiel autogenes Training, Yoga, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson und das Erlernen von Copingstrategien [2].

      Alternative Heilverfahren

      Ergänzend können alternative Heilverfahren die PMS-Symptomatik verbessern. Dazu zählen Mineralien sowie Nahrungsergänzungsmittel, wie Magnesium, Vitamin B1, Vitamin B6, Vitamin E und Calciumcarbonat. Weitere beliebte natürliche Präparate sind Frauenmantel und Mönchspfeffer. In manchen Fällen wird auch eine Hydrotherapie (Wechselduschen) oder eine Lichttherapie empfohlen [2].

      Medikamentöse Therapie

      Je nach Beschwerdebild kann die Einnahme von Pharmaka einen positiven Effekt auf die Symptome haben. Bisher gibt es kein Medikament was gezielt bei PMS wirkt, beziehungsweise dafür zugelassen ist. In der Praxis bedeutet das, dass Medikamente „off label“ verschrieben werden – also, dass Medikamente gegeben werden, die nicht offiziell für die Behandlung für einer Erkrankung zugelassen sind, aber trotzdem in der Praxis eine positive Wirkung erzielen.  Aus diesem Grund ist die Voraussetzung einer solcher Behandlung eine ausführliche ärztliche Beratung. Mögliche Präparate, die zur Behandlung von PMS in Frage kommen, sind Hormonpräparate, Schmerzmittel, entwässernde Medikamente, und angstlösende Medikamente [16].

      Wenn von PMS die Rede ist, rückt häufig der Einsatz von Hormonpräparaten ins Bild. Das kann auf Studien zurückgeführt werden, die besagen, dass Frauen, die mit Hormonpräparaten behandelt worden sind, im Vergleich zum Betroffenen ohne eine solche Behandlung über weniger PMS-Beschwerden sowie Beeinträchtigungen, die mit der PMS einhergehen, berichtet haben. Gleichwohl bringt auch die Einnahme von oralen Kontrazeptiva ein Spektrum an Nebenwirkungen mit. Deshalb ist es wichtig, ausführlich mit dem oder der Ärzt:in Rücksprache zu halten [16].

      Bei ausgeprägten körperlichen prämenstruellen Beschwerden können – wie auch bei Regelschmerzen – Schmerzmittel eingenommen werden. Sie sind gut verträglich, allerdings macht bei allen Medikamenten die Dosis das Gift. Schmerzmittel wie Ibuprofen sind von Nebenwirkungen nicht ausgenommen. Bei zu häufiger Einnahme können Magenschmerzen und Kopfschmerzen auftreten – daher sollte auch die Einnahme von Schmerzmitteln mit dem oder der Ärztin besprochen werden [16]. Ein zugelassenes Medikament zur Linderung von prämenstruellen Spannungsgefühlen in der Brust ist ein progesteronhaltiges Gel [16].

      Bei Auftreten eines „prämenstruellen Ödems“, also Wassereinlagerungen in den Beinen sowie Spannungsgefühle in den Brüsten, kann neben einer kochsalzarmen Ernährung in schwerer Ausprägung über ausschwemmende Medikamente nachgedacht werden [14], [16].

      Bei manchen Betroffenen sind die psychische Begleitsymptomatik so stark ausgeprägt, dass von einem prämenstruellen dysphorischen Syndrom die Rede ist. Das kann so weit gehen, dass die Betroffenen alltäglichen Aufgaben nicht mehr nachgehen können. Aus diesem Grund ist es wichtig sich ausführlich mit dem oder der Ärztin darüber auszutauschen. In manchen Fällen kann eine Therapie mit Antidepressiva mit sogenannten SSRIs helfen [18].

      Kurz und knapp zusammengefasst

      Das prämenstruelle Syndrom ist ein Symptomkomplex aus körperlichen und seelischen Beschwerden, welche meist in der zweiten Zyklushälfte, nach dem Eisprung, beginnen. Warum PMS auftritt, ist bis heute noch nicht abschließend geklärt. Die Beschwerden variieren in ihrer Ausprägung und Intensität von Zyklus zu Zyklus sowie von Frau zu Frau. Aus diesem Grund ist es oft schwierig, eine Diagnose zu stellen. Manchmal kann auch etwas anderes hinter den Symptomen stecken – daher ist es immer empfohlen, mit dem oder der Frauenärzt:in Rücksprache zu halten. Die Therapie von PMS beinhaltet die Änderung des Lebensstiles, Alternative Heilverfahren und in manchen Fällen auch eine medikamentöse Therapie.

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      Referenzen

      1. Gätje R, Eberle C, Scholz C, Lübke M, Solbach C. Kurzlehrbuch Gynäkologie und Geburtshilfe. Deutschland; 2015.
      2. Kirschbaum M, Münstedt K, Athanassiou N, Braems G, Brässner Lang A. Checkliste Gynäkologie und Geburtshilfe. Deutschland 2005.
      3. Stauber M, Weissenbacher T, Steldinger R, Klosterhalfen T, von Zumbusch Wayerstahl S, Teschner A. Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. Deutschland; 2013.
      4. Skibbe X, Löseke A. Gynäkologie und Geburtshilfe für Pflegeberufe. Deutschland; 2021.
      5. Andreae S, Avelini S, Avelini P, Berg M, Blank I, Burk A, Dierolf A, Dockter G, Dold C, Evers M et al., Hrsg. Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2008. doi:10.1055/b-0034-58643
      6. Herpertz U. Zyklisch-prämenstruelles Ödem. In: Herpertz U, Hrsg. Ödeme und Lymphdrainage. 6., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020.
      7. Huber H, Winter E, Bickel A, Fujak A, Irnich D, Kastner S, Koppert W, Pfander D, Schuchmann F et al. Menstruelle Migräne. In: Huber H, Winter E, Hrsg. Checkliste Schmerztherapie. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2005.
      8. Gudipally PR, Sharma GK. Premenstrual Syndrome. [Updated 2022 Jul 18]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan-.
      9. Zendehdel M, Elyasi F. Biopsychosocial etiology of premenstrual syndrome: A narrative review. J Family Med Prim Care. 2018 Mar-Apr;7(2):346-356. doi: 10.4103/jfmpc.jfmpc_336_17. PMID: 30090776; PMCID: PMC6060935.
      10. Tiranini L, Nappi RE. Recent advances in understanding/management of premenstrual dysphoric disorder/premenstrual syndrome. Fac Rev. 2022 Apr 28;11:11. doi: 10.12703/r/11-11. PMID: 35574174; PMCID: PMC9066446.
      11. Kuhl, Herbert, Braendle, Wilhelm; Breckwoldt, Meinert; et al. Grundlagen, Symptomatik, Erkrankungen, Therapie. Deutschland; 2002.
      12. Tatnai Burnett. What’s the difference between premenstrual dysphoric disorder (PMDD) and premenstrual syndrome (PMS)? How is PMDD treated? [Updated 2021 March 11]. https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/premenstrual-syndrome/expert-answers/pmdd/faq-20058315. Accessed November 27, 2022
      13. Alexandra C Purdue-Smithe, JoAnn E Manson, Susan E Hankinson, Elizabeth R Bertone-Johnson, A prospective study of caffeine and coffee intake and premenstrual syndrome, The American Journal of Clinical Nutrition, Volume 104, Issue 2, August 2016, Pages 499–507, https://doi.org/10.3945/ajcn.115.127027
      14. Gesundheitsinformation.de. https://www.gesundheitsinformation.de/behandlung-von-pms-beschwerden.html. Accessed November 27, 2022.
      15. Rohde A. PMS und PMDS – Behandlungsmöglichkeiten in der Frauenarztpraxis, wenn die psychischen Symptome im Vordergrund stehen. https://dgpfg.de/blog/https-dgpfg-de-wp-content-uploads-2019-05-gyne-2-19-pdf/. Accessed November 27, 2022.

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      Katharina Klobusch
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        Was sind hormonell wirksame Inhaltsstoffe?

        Der Begriff hormonaktive Wirkstoffe (HAWs) beschreibt Substanzen, die unabhängig vom Mechanismus eine hormonähnliche Aktivität besitzen [1]. Verbindungen mit östrogener Aktivität (Xenoöstrogene) erhielten bislang die meisten Bedenken in Bezug auf ihre Wirkung als endokrine Disruptoren. Dabei handelt es sich um Chemikalien, welche das eigene Hormonsystem stören und sowohl bei Menschen als auch bei Wildtieren schädliche Auswirkungen haben können. Antiöstrogene, Antiandrogene und andere Giftstoffe, die auf das Hormonsystem wirken, werden in geringerem Maße von der Wissenschaft und Gesundheitspolitik betrachtet, sind aber nicht weniger wichtig [1]. Da der menschliche Körper aus komplexen biologischen Prozessen besteht, kann eine Störung im Schilddrüsenhormonsystem beispielsweise schon ausreichen, um negative Einflüsse auf den Hormonhaushalt in der Gebärmutter zu haben. Doch welche HAWs sind in Kosmetika anzutreffen und welchen Effekt genau können sie auf unsere Hormone haben?

        Typische HAWs in Kosmetika und ihr Einfluss auf den Körper

        Es wurden verschiedene Schadstoffe mit endokriner Wirkung beobachtet. Diese HAWs sind sehr unterschiedlich in ihrem Charakter, unterscheiden sich stark in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften, wie sie verwendet werden und wie sie in der Umwelt vorkommen. Da die Liste lang ist, können in diesem Artikel lediglich die wichtigsten HAWs genannt werden. Eine umfangreiche Auflistung kann in der Quelle [2] nachgelesen werden. Betrachten wir lediglich Kosmetika des täglichen Bedarfs, so fallen einige Stoffe auf, welche bedenklich sein können. Drei Hauptklassen von Inhaltsstoffen stehen im Verdacht, HAWs und zudem endokrine Disruptoren zu sein; nämlich Ultraviolett (UV)-Filter, polyzyklischer Moschus, Parabene und Phthalate.

        UV-Filter

        Handelsübliche Sonnenschutzmittel sind organische Verbindungen, die UV-B- und/oder UV-A-Strahlung blockieren können. Sie werden verwendet, um die Haut vor den schädlichen Auswirkungen des Sonnenlichts zu schützen. UV-Filter finden sich nicht nur in Sonnenschutzmitteln, sondern auch in anderen kosmetischen Produkten. Einige Gesichtscremes oder Tagesmakeup weisen solche UV-Filter auf und konnten bereits in menschlichem Urin nachgewiesen werden [2]. Verschiedene Nachforschungen im Labor und an Lebewesen konnten zeigen, dass eine Reihe von UV-Filtern östrogene Wirkungen ausüben [2]. Andere Studien wiesen nach, dass UV-Filter die Jodidaufnahme in der Schilddrüse hemmten und somit die Biosynthese der Schilddrüsenhormone störten [2].

        Synthetische Moschusverbindungen

        Synthetische Moschusverbindungen, einschließlich Nitro- und polyzyklische Moschusverbindungen, werden in Waschmitteln und kosmetischen Produkten verwendet [2]. Nitro- und polyzyklischer Moschus sind wesentliche Duftstoffe, die in einer Vielzahl von Parfüms, Kosmetika und Waschmitteln zu finden sind. Diese chemischen Stoffe sind in der Natur dauerhaft existent und können sich in aquatischen Lebewesen anreichern (z. B. Fisch oder Muscheln). Sie wurden bereits in verschiedenen Gewässern sowie in Muttermilch, Fettgewebe und Blut nachgewiesen [2]. Wissenschaftliche Tests zeigten, dass polyzyklische Moschusverbindungen Antagonisten für den Progesteronrezeptor sind. Das bedeutet, sie docken wie das natürliche Progesteron an den entsprechenden Rezeptoren und blockieren diese für das eigene Progesteron [2]. Dies führt dazu, dass die biologisch gewollten Prozesse (welche auch bei Endometriose gewünscht sind) nicht richtig ablaufen können. Dazu zählt beispielsweise eine korrekte Funktionsweise von Progesteron im Körper, was das Wachstum von Endometriose mildern kann.

        Parabene

        Parabene (Alkylester der p-Hydroxybenzoesäure) werden in großem Umfang als Konservierungsmittel und Bakterizide in Kosmetika, Toilettenartikeln und Körperpflegeprodukten verwendet [2]. Sie werden auch als antimikrobielle Mittel in Lebensmitteln und Getränken genutzt. Parabene werden vor allem über das häusliche Abwasser kontinuierlich in die Umwelt freigesetzt. Obwohl sie bei konventionellen Abwasserbehandlungen zu einem beträchtlichen Teil entfernt werden, wurden Rückstände in Wasserproben und auch in Böden sowie Sedimenten nachgewiesen [2]. Östrogene Aktivität von Parabenen beim Menschen wurde berichtet. Verschiedene Analysen haben gezeigt, dass Parabene an Östrogenrezeptoren binden können und dass einzelne Parabene eine schwache östrogene Aktivität aufweisen [2]. Sie wurden zudem in menschlichen Brusttumoren gefunden. Deswegen wird vermutet, dass sie zu einer abweichenden Östrogen-Signalübertragung in der menschlichen Brust beitragen und das Auftreten von Brustkrebs nachteilig beeinflussen könnten. Außerdem könnten sie das Uterusgewicht erhöhen und somit womöglich auch bei der Entstehung von Gewebeneubildungen im Bereich der Gebärmutter wirken [2].

        Phthalate

        Phthalate sind eine Reihe weitverbreiteter Chemikalien, die sich als endokrine Disruptoren erweisen und der menschlichen Gesundheit schaden. Phthalate sind in den meisten Produkten enthalten, die während der Herstellung, Verpackung oder Lieferung mit Kunststoffen in Kontakt kommen. Trotz der kurzen Halbwertszeit in Geweben wird ein chronischer Kontakt zu Phthalate das endokrine System und die Funktion mehrerer Organe negativ beeinflussen, was sich langfristig hinderlich auf den Erfolg einer potenziellen Schwangerschaft, das Wachstum und die Entwicklung von Kindern sowie die Ausbildung des Fortpflanzungssystems bei Minderjährigen auswirken kann [3].

        In der Studie von Koniecki et al. (2011) wurde der Phthalatgehalt in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten bestimmt. Dazu wurden von den Forschenden insgesamt 252 Produkte aus herkömmlichen Geschäften des alltäglichen Bedarfs ausgewählt und untersucht, wobei es sich bei 98 Waren um Babypflegeprodukte handelte. Die Auswahlpalette untergliederte sich in Haarpflegeprodukte (Gele oder Haarsprays), Nagellacke, Deodorants sowie Antitranspirantien, Hautreinigungsprodukte, Körpercremes und Lotionen als auch diverse beliebte Babyprodukte (Windelcremes, Öle, Shampoos und Wundsalben). Die Studie konnte demonstrieren, dass beinahe die Hälfte aller Produkte mit Phthalaten belastet ist, in teilweise bedenklichen Konzentrationen [4]. Es zeigt sich somit, dass Phthalate in hohem Maße in Kosmetikprodukten vorkommen und zudem schädlich für das eigene Hormonsystem wirken können. Dass sich dies auch negativ auf eine existente Endometriose auswirken kann, erklärt der folgende Abschnitt.

        Auswirkungen von HAWs bei Endometriose

        Endometriose kann als das Vorhandensein von endometriumähnlichem Gewebe definiert werden, das strukturell und funktionell den Endometriumdrüsen oder dem Stroma ähnelt. Zu den am häufigsten von Endometriose betroffenen Strukturen gehören die Eierstöcke, die Bänder der Gebärmutter, das Beckenbauchfell, das rektovaginale Septum (Trennwand zwischen Vagina und Mastdarm) und der untere Genitaltrakt [2]. Andere Stellen, die betroffen sein können, sind der Dünn- und Dickdarm, das gesamte Bauchfell, der Urogenitaltrakt mit Blase und Harnleiter, der Ischiasnerv oder auch weiter weg gelegene Organe wie die Lunge. Sie ist durch ein anormales Wachstum von Gebärmutterschleimhaut-ähnlichen Zellen außerhalb des Uterus gekennzeichnet, was zu einer durch Östrogen induzierten Wucherung der Gewebe führt und innere Blutungen verursacht. Die Ursachen dieser Krankheit sind nur ansatzweise erforscht, aber der Kontakt gegenüber östrogenähnlichen Verbindungen (wie HAWs) wird vermutet und Immunmechanismen könnten am Krankheitsprozess beteiligt sein [2].

        Grundsätzlich ist bei Endometriose der Hormonhaushalt von größter Bedeutung. Hormonelle Medikamente werden derzeit am häufigsten für die medizinische Behandlung verwendet und basieren auf den endokrin-pathogenetischen Aspekten. Östrogenabhängigkeit und Progesteronresistenz sind die Schlüsselereignisse, die das krankhafte Wachstum von endometriumähnlichen Zellen verursachen, den gesunden Zelltod verringern und oxidativen Stress, Entzündungen und Neuroangiogenese (Wachstum von Nerven sowie Blutgefäßen) erhöhen [5]. Da verschiedene HAWs in der Lage sind, östrogenähnlich zu wirken oder Progesteronrezeptoren zu blockieren, liegt die Vermutung nahe, dass sich dies nachteilig in Bezug auf Endometriose auswirkt.

        Da die Studienlage zu Endometriose grundsätzlich eher schlecht ist, sind nur wenige Studien zum Thema HAWs und Endometriose vorhanden. Somit kann bislang nicht eindeutig ausgesagt werden, ob diese sich nachteilig auswirken. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie harmlos und unbedenklich sind, im Gegenteil. Die wenigen existenten Studien lassen die Vermutung zu, dass HAWs einen negativen Einfluss auf das Hormonsystem haben können und damit auch auf die Erkrankung selbst.

        Bei Frauen mit Endometriose konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass diese in ihrem Blut häufig erhöhte Konzentrationen an Phthalaten aufweisen [6]. Die Plasmakonzentrationen von allgegenwärtigen Umweltschadstoffen wie Phthalaten werden in einer italienischen Studie mit Endometriose in Verbindung gebracht, die zum ersten Mal die Rolle von Phthalatestern bei der Pathogenese der Krankheit nahelegt [6]. Auch die beschriebenen UV-Filter in vielen Kosmetika wurden genauer in Bezug auf Endometriose untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass der Kontakt gegenüber erhöhten UV-Filter-Konzentrationen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Endometriose-Diagnose verbunden sein kann [7]. Zu synthetischen Moschusverbindungen sind bislang keine Studien durchgeführt worden, jedoch konnten bei Frauen mit gynäkologischen Problemen vermehrt Nitro-Moschusverbindungen im Blut ermittelt werden [8]. Da viele Patienten mit gynäkologischen Auffälligkeiten an Endometriose leiden, könnte hier ein Zusammenhang bestehen. Diese Hypothese muss jedoch erst durch wissenschaftliche Untersuchungen analysiert werden.

        Bei Parabenen sieht die aktuelle Studienlage schon klarer aus. Diese chemischen Verbindungen zählen zu den beliebtesten Konservierungsmittelen in einer Vielzahl von Produkten und sind weltweit in aktiver Verwendung. Der menschliche Körper kann Parabene leicht aufnehmen, was in höheren Mengen Folgen nach sich ziehen könnte [9]. Sie sind in der Lage die normale Funktionsweise der natürlich vorkommenden Hormone zu stören, sodass diese in ihrem Wirkmechanismus beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund ist die Suche nach alternativen und sichereren Konservierungsmittel sinnvoll, um die bislang beschriebenen negativen Auswirkungen von Parabenen auf das Hormonsystem zu umgehen [9]. Dennoch finden sie immer noch intensiven Einsatz, auch in Kosmetika. Die Ergebnisse von Peinado et al. (2021) zeigen, dass die Häufigkeit der Verwendung von Kosmetika ein großer Faktor dafür ist, welcher aussagen kann, wie stark ein Mensch verschiedenen Parabenen ausgesetzt ist. Diese chemischen Verbindungen können das Endometrioserisiko in einer von oxidativem Stress unabhängigen Weise erhöhen [10].

        Fazit

        Insgesamt zeigt sich somit, dass HAWs durchaus das Potenzial haben, Endometriose zu begünstigen oder den Verlauf der Erkrankung negativ zu beeinflussen. Je nach chemischer Verbindung existieren mehr oder weniger verlässliche Studien. Endometriose ist eine komplexe Erkrankung, bei der viele Einflussfaktoren eine Rolle spielen können. In der Summe jedoch zeichnet sich ein Bild ab, welches von der Verwendung vieler Kosmetika abrät, unabhängig davon ob eine Endometriose vorliegt oder nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass die Wirkweise aus HAW-Kombination noch nahezu unbekannt ist. Menschen nehmen stets einen Cocktail verschiedenster Chemikalien in Form von kosmetischen Produkten auf. Wie diese im Körper zusammen interagieren, ist kaum erforscht. Die derzeitige Studienlage lässt keine eindeutige Aussage darüber zu, ob Kosmetika und bestimmte darin enthaltene HAWs einen Einfluss auf Endometriose haben. Es wird schlichtweg viel mehr Forschung benötigt. Aus diesem Grund kann nur die Empfehlung ausgesprochen werden, im Zweifel auf möglichst viele unnötige Kosmetikprodukte zu verzichten. Im alternativen Produktsegment existieren bereits viele Ersatzprodukte, welche vollständig ohne synthetische Chemikalien produziert sind. Zwar kann auch hier nicht ausgeschlossen werden, dass manche Stoffe nachteilig bei Endometriose wirken, jedoch ist die Summe aller genutzten Inhaltsstoffe geringer. Das in Kombination mit vermehrt natürlichen Produktinhalten reduziert das Risiko von gesundheitlichen Nachteilen.

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        Referenzen

        1. National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine, Hormonally Active Agents in the Environment. Washington, DC: The National Academies Press, 1999. doi: 10.17226/6029.
        2. F. Anwer, S. Chaurasia, und A. A. Khan, „Hormonally active agents in the environment: a state-of-the-art review“, Rev Environ Health, Bd. 31, Nr. 4, S. 415–433, Dez. 2016, doi: 10.1515/reveh-2016-0014.
        3. Y. Wang und H. Qian, „Phthalates and Their Impacts on Human Health“, Healthcare (Basel), Bd. 9, Nr. 5, S. 603, Mai 2021, doi: 10.3390/healthcare9050603.
        4. D. Koniecki, R. Wang, R. P. Moody, und J. Zhu, „Phthalates in cosmetic and personal care products: concentrations and possible dermal exposure“, Environ Res, Bd. 111, Nr. 3, S. 329–336, Apr. 2011, doi: 10.1016/j.envres.2011.01.013.
        5. S. Vannuccini, S. Clemenza, M. Rossi, und F. Petraglia, „Hormonal treatments for endometriosis: The endocrine background“, Rev Endocr Metab Disord, Bd. 23, Nr. 3, S. 333–355, 2022, doi: 10.1007/s11154-021-09666-w.
        6. D. Caserta, L. Maranghi, A. Mantovani, R. Marci, F. Maranghi, und M. Moscarini, „Impact of endocrine disruptor chemicals in gynaecology“, Hum Reprod Update, Bd. 14, Nr. 1, S. 59–72, 2008, doi: 10.1093/humupd/dmm025.
        7. T. Kunisue u. a., „Urinary Concentrations of Benzophenone-type UV Filters in US Women and Their Association with Endometriosis“, Environ Sci Technol, Bd. 46, Nr. 8, S. 4624–4632, Apr. 2012, doi: 10.1021/es204415a.
        8. G. P. Katuri, X. Fan, I. Kosarac, S. Siddique, und C. Kubwabo, „Synthetic Musk Compounds in Human Biological Matrices: Analytical Methods and Occurrence—A Review“, Journal of AOAC INTERNATIONAL, Bd. 104, Nr. 2, S. 368–383, Apr. 2021, doi: 10.1093/jaoacint/qsaa154.
        9. K. Nowak, W. Ratajczak-Wrona, M. Górska, und E. Jabłońska, „Parabens and their effects on the endocrine system“, Mol Cell Endocrinol, Bd. 474, S. 238–251, Okt. 2018, doi: 10.1016/j.mce.2018.03.014.
        10. F. M. Peinado u. a., „Cosmetic and personal care product use, urinary levels of parabens and benzophenones, and risk of endometriosis: results from the EndEA study“, Environ Res, Bd. 196, S. 110342, Mai 2021, doi: 10.1016/j.envres.2020.110342.

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        Diana Dichtl
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