Aufgepasst! – Sieben Dinge die ALLE über Endometriose wissen sollten!

Weißt du was Endometriose ist? Nein? Schonmal gehört? Vielleicht, aber was das so genau ist weißt du nicht? Dann wird es höchste Zeit!

Endometriose ist eine häufige Krankheit. Wäre sie eine Partei und die Erkrankten die Wähler, würde sie in den Bundestag einziehen. Und doch ist sie wenig bekannt. Viele Menschen haben das Wort noch nie gehört, selbst viele Ärzte wissen nicht genau was es damit auf sich hat.

Dabei leiden schätzungsweise 10%-15% der Frauen im gebärfähigen Alter an Endometriose – das sind alleine in Deutschland über 2 Millionen. Ihre Lebensqualität leidet darunter und darüber hinaus werden sie belächelt und nicht ernst genommen – „Periodenschmerzen? Stell dich noch nicht so an…“

Auch du hast vielleicht Freundinnen, die während ihrer Tage schlecht erreichbar sind, plötzlich absagen oder nicht zur Arbeit gehen.

Endometriose betrifft ca. 1 von 10 Frauen

Ca. 1 von 10 Frauen im gebärfähigen Alter leidet an Endometriose.

Die Beeinträchtigung des Wohlbefindens und der Lebensqualität kann sich mit anderen chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einigen Krebserkrankungen messen und trifft die Frauen jung. Sie nimmt ihnen ausgerechnet die Zeit, die eigentlich die Blüte ihres Lebens sein sollte! Und gleichzeitig werden sie von Gesellschaft und auch von Ärzten – ja, leider auch von manchen Frauenärzten! – belächelt und mit der Wärmflasche und einem spöttischen Lächeln nach Hause geschickt.

Auch ich wusste wenig über Endometriose, bevor ich anfing als Ärztin im Endometriosezentrum des Universitätsklinikums zu arbeiten. Und um ganz ehrlich zu sein – ich wusste gar nichts über Endometriose bevor ich anfing Medizin zu studieren!

Aus Unterhaltungen mit Freunden, Bekannten, Patienten und auch Fremden weiß ich, so geht es vielen. Und selbst viele Ärzte wissen wenig darüber.

So kann es nicht weiter gehen!

Woher kommt die Unwissenheit über Endometriose?

Was können wir tun, damit Frauen mit Endometriose ernst genommen werden?

Die Gründe sind vielfältig: historisch, gesellschaftlich und gesundheitspolitisch. Mehr dazu hier. Doch wir wollen uns nun mit der Lösung des Problems beschäftigen:

Der wichtigste Schritt ist, dass jeder in unserer Gesellschaft weiß, was Endometriose ist. Wissen über diese grausame Krankheit ist die notwendige Voraussetzung für mehr Verständnis, mehr Unterstützung in Umfeld und Politik, mehr Forschung, mehr Behandlungskapazität – und damit ultimativ zu einem besseren Leben für Frauen mit Endometriose.

Nimm dir 5 Minuten Zeit um dich mit Endometriose zu beschäftigen – alle Frauen werden es dir danken!

Was sollten also ALLE über Endometriose wissen?

Wenn alle Menschen diese sieben Fakten über Endometriose wüssten, dann wären wir einen Schritt weiter auf dem Weg zu besserem Verständnis für Frauen mit Endometriose!

Endometriose beschreibt eine gutartige, oft chronisch verlaufende Krankheit. Zellen, die den Zellen der Gebärmutterschleimhaut, dem Endometrium, ähneln, wachsen an anderen Stellen. Meist im Bauchraum, z.B. am Bauchfell, den Eierstöcken, den Beckenwänden oder dem Zwerchfell, aber auch ein Wachstum in Narben, Lunge oder Gehirn ist (in selteneren Fällen) möglich.

Doch es geht nicht nur darum zu wissen, was Endometriose ist: Es geht darum zu wissen, was Endometriose für Betroffene bedeutet!

1. Endometriose verursacht Schmerzen – und es hat nichts mit normalen Regelschmerzen zu tun

Endometriose tut weh

Starke Schmerzen während der Periode sind ein Zeichen für Endometriose

Während der normalen monatlichen Regelblutung zieht sich die Gebärmutter zusammen. Das ist oftmals unangenehm, tut krampfartig weh und macht keinen Spaß. Blähungen kommen ein paar Tage vorher. Das ist normal.
Aber: Man wird davon nicht ohnmächtig. Man kann deswegen in der Regel trotzdem einkaufen gehen, arbeiten oder auf einer Party tanzen.

Wenn Frauen wegen Regelschmerzen im Bett bleiben, in die Notaufnahme kommen, ohnmächtig werden oder gekrümmt auf dem Boden sitzen, dann steckt da mehr dahinter. Oftmals ist es Endometriose.

Zellen, die der Gebärmutter ähneln wachsen an Stellen wo sie nicht hingehören: An den Eierstöcken, im Bauchraum, an den Beckenwänden, dem Zwerchfell oder selten sogar in der Lunge.

Woher das kommt ist noch nicht ganz geklärt, sicher sind aber die Effekte. Entzündungsreaktionen, invasives Wachstum in andere Organe und hormonabhängige Blutungen führen zu Schmerzen und anderen Symptomen.

Nicht alle Frauen mit Endometriose haben Schmerzen, aber es ist das häufigste Symptom.

2. Endometriose betrifft das ganze Leben

Traurig alleine

Die starken Schmerzen hindern Frauen mit Endometriose oft an sozialen Aktivitäten teilzunehmen.

Endometriose beeinflusst das Leben der Betroffenen auf vielen Ebenen.

Frauen mit stärksten Periodenschmerzen können in der Zeit nur gequält am Leben teilnehmen, fehlen bei der Arbeit oder bei Events mit Freunden. Auch die Beziehung kann stark darunter leiden. In der Zeit der Schmerzen stellen sie oft ihr ganzes Leben auf die Schmerzen ein.

Viele Frauen haben auch Schmerzen außerhalb der Periode, die teilweise jeden Tag spürbar sind. Weitere Symptome die auftreten können sind Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Fatigue (eine starke Müdigkeit), Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, stark aufgebläht wirkender Bauch, Schmerzen beim Stuhlgang oder auch Beschwerden beim Wasserlassen. Die Harnleiter können betroffen sein und die Nieren gestaut werden. Und auch die Beckennerven sind oft im Gebiet der Endometriose. Das hat dann Taubheitsgefühle, ausstrahlende oder brennende Schmerzen zur Folge.

Tief infiltrierende Endometrioseherde wachsen in Organe ein. Das kann zu funktionellen Beschwerden im betreffenden Organ, wie beispielsweise den Eierstöcken führen.

3. Warum dauert es so lange bis zur Diagnose?

Der größte Faktor ist Unwissenheit. Viele Frauen glauben, dass ihre Schmerzen den normalen Regelschmerzen entsprechen und sie vielleicht einfach schmerzempfindlicher sind als ihre Freundinnen.

Wieder andere sprechen nicht gerne darüber. Oder sie sprechen nur mit ihrer Familie über solche Themen. Aufgrund der familiären Häufung (Endometriose ist nicht direkt vererbbar, aber es finden sich schon Familien mit vielen Endometriose-Betroffenen) erscheinen die Beschwerden im Vergleich mit der ebenfalls unwissend an Endometriose erkrankten Mutter als „normal“.

Hinzu kommt, dass Frauen die wegen Schmerzen während der Periode den Frauenarzt oder die Notaufnahme aufsuchen oft belächelt werden. Das geschieht meist aus Unwissenheit und nicht aus bösem Willen.

Hier muss also noch viel Aufklärung stattfinden, damit die Diagnosezeit verringert wird!

Viele Ärzte

Frauen sehen in der Regel viele Ärzte, bevor die Diagnose gestellt wird.

Auch das unterschiedliche Erscheinungsbild der Beschwerden erschwert die Diagnosefindung. Frauen haben meist schon viele verschiedene Ärzte gesehen, bevor sie die Diagnose bekommen. Denn Endometriose verursacht Beschwerden, die in verschiedene Fachgebiete fallen. So gehören zu einem großen Endometriosezentrum meist Kooperationen zwischen Frauenärzten, Darmchirurgen, Urologen, Neurologen und Nephrologen.

4. Endometriose ist keine psychische Erkrankung

Viele Menschen, und leider auch mehr Ärzte als mir lieb wären, halten Endometriose für eine psychische oder psychosomatische Erkrankung. Dabei ist das grundlegend falsch!

Endometriose

Endometriose breitet sich in der Regel im Bauchraum aus. Die Zellen ähneln den Zellen aus der Gebärmutterschleimhaut.

Endometriose ist eine Erkrankung die durch Zellen, die den Zellen der Gebärmutterschleinmhaut ähneln, ausgelöst wird. Woher diese kommen ist noch nicht abschließend geklärt. Endometrioseherde treten im Bauchraum, am Bauchfell und den Bauchorganen auf. Selten sind sie auch außerhalb des Bauchraumes in Lunge, Gehirn oder Narben zu finden.

Hier sorgen sie für Entzündungen, Schmerzen und Funktionseinschränkungen, mit unterschiedlichen Symptomen, je nachdem wo sie sind.

Aufgrund der Endometrioseherde, wiederholter Operationen, Verwachsungen, Nervenbeteiligung und langem Krankheitsverlauf entwickeln viele Frauen chronische Schmerzen. Salopp gesagt – das Gehirn lernt diese Schmerzen und produziert sie nun auch unabhängig vom Schmerzreiz. Ein viel erforschter und erklärter Prozess, bei dem Frauen auch von psychologischer Betreuung profitieren. Das macht Endometriose aber nicht zu einer psychischen Erkrankung.

Lange Leidensdauer, die oben genannten gesundheitlichen und sozialen Einschränkungen sowie die schlechte Therapieaussicht begünstigen zudem leider psychische Begleiterkrankungen. Endometriose tritt teilweise gemeinsam Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen auf.

5. Endometriose erschwert Schwangerschaften

Endometriose gehört zu den häufigsten Ursachen für unerfüllten Kinderwunsch und sollte daher vor einer Kinderwunschbehandlung abgeklärt werden. Auch hier kommen viele Faktoren zusammen, die noch Gegenstand der Forschung sind. Entzündliches Milieu, Schädigung der Eierstöcke und Verwachsungen, bspw. der Eileiter, scheinen eine Rolle zu spielen.

Ein unerfüllter Kinderwunsch führt oft zu starken Einschränkungen der Lebensqualität und auch der Beziehung… Trotzdem können auch viele Frauen mit Endometriose Kinder bekommen. Professionelle Beratungen im Endometriose- und Kinderwunschzentrum sind hier bei Fragen hilfreich.

6. Was nicht hilft: Verharmlosung, übermäßiges Mitleid, Platitüden und vereinfachende Ratschläge

Ratschläge

Frauen mit Endometriose hören oft viele gut gemeinte verallgemeinernde Ratschläge – die nicht wirklich hilfreich sind.

Immer wieder bekommen Frauen mit Endometriose gut gemeinte Ratschläge à la:

  • „Das ist doch nur in deinem Kopf, probier doch mal Meditation.“
  • „Das wird schon wieder!“
  • „Du musst nur das richtige essen, dann geht da von alleine wieder weg!“
  • „Denk doch mal positiv“

Das mag gut gemeint sein und auch teilweise Wahrheit enthalten. Doch wenn dadurch die Endometriose als „einfache Erkrankung“ dargestellt wird, die mit den richtigen einfachen Maßnahmen schon längst wieder gelöst wäre, dann hilft das überhaupt nicht.

Meditation, Ernährung und gute Emotionen sind wichtige Faktoren in der Behandlung von chronischem Schmerz und Teil der multimodalen Schmerztherapie, die gute Ergebnisse erzielt. Und trotzdem ist das alles andere als einfach und jede Frau braucht eine individuelle Therapie und viel Verständnis.

Daher ist der beste Weg eine Behandlung in einem Endometriosezentrum mit individuell zugeschnittenem Therapieplan! Und die beste Unterstützung im Umfeld ist Verständnis und ernst gemeinte Anteilnahme.

7. Was hilft: adäquate medizinische Behandlung und gutes Selbstmanagement

Zunächst die gute Nachricht: Endometriose ist behandelbar.

Der Goldstandard ist die Endometrioseoperation mit Entfernung der Endometrioseherde, am besten per Exzision. Diese wird meist als Bauchspiegelung durchgeführt, kann aber auch einen Bauchschnitt erfordern. Zusätzlich ist die Hormontherapie hilfreich gegen die Symptome.

Die schlechte Nachricht ist: häufig nimmt die Krankheit einen chronischen Verlauf durch wiederkehrende Endometrioseherde, nicht vollständige Operationen oder chronische Schmerzen.

Daher wird von Experten immer wieder die multimodale Schmerztherapie empfohlen, auch schon zu Beginn der Therapie.

Ernährung, Meditation, Physiotherapie, Massagen und vieles mehr können die Symptome lindern und durch kognitive Veränderungen chronische Schmerzen verbessern!

Die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Therapie sind:

  1. Erfahrene Behandler und Operateure: Daher sollten alle Endometriosepatientinnen eine Behandlung im zertifizierten Endometriosezentrum anstreben und sich von Experten beraten lassen. Zertifizierte Endometriosezentren werden nach strengen Kriterien unabhängig überprüft, daher weißt du sicher, dass du den Experten vertrauen kannst. Eine Liste findest du hier.

    Teamarbeit von Ärzten bei Endometriose

    In der Endometriosebehandlung kommt es auf erfahrene Ärzte und eine gute Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen an!

  2. Aktives Management der Behandlung: Da leider auch nach oder während der Behandlung Beschwerden auftreten und viele Schmerzen chronisch geworden sind, sollte jede Frau mit Endometriose sich umfassend informieren, Behandlungsentscheidungen selber treffen und sich um ihr eigenes Wohlbefinden kümmern. Das führt nachweislich zum besten Ergebnis!

Fazit

Endometriose ist eine häufige Erkrankung und jede Frau und jeder Mann, also auch du, sollte wissen, was Endometriose ist. Selbst wenn du nur diesen Abschnitt liest, solltest du dir folgendes merken:

  1. Endometriose wird durch Zellen ausgelöst, die den Zellen aus der Gebärmutterschleimhaut ähneln. Wo sie herkommen ist nicht endgültig geklärt.
    Starke Schmerzen sind das häufigste Symptom der Endometriose. Diese treten meist während der Periode auf.
  2. Die Symptome der Endometriose sind vielfältig, können viele Organe und Bereiche betreffen und schränken die Frauen auch oft sozial und beruflich ein. Wenn also eine Freundin wegen starker Schmerzen in der Periode eine Verabredung absagt – sei nicht böse, sondern denke an Endometriose!
  3. Die Diagnose wird oft erst spät gestellt, sodass viele Frauen gar nicht wissen, dass sie Endometriose haben.
  4. Endometriose kann auf Stimmung und Psyche schlagen. Aber Endometriose ist KEINE psychologische Erkrankung, die Frauen bilden sich das weder ein, noch sind sie Mimosen. Sie haben Endometriose.
  5. Endometriose erschwert Schwangerschaften. Also sollte man diese Erkrankung bei unerfülltem Kinderwunsch, neben anderen Ursachen, abklären lassen.
  6. Was nicht hilft: übermäßiges Mitleid, Plattitüden, Verharmlosung und vereinfachende Ratschläge.
  7. Was hilft: Verständnis im Umfeld, Behandlung im spezialisierten Endometriosezentrum und aktives Selbstmanagement der Krankheit und der Behandlung.

Weitere Hilfestellungen und Tipps für den Alltag mit der Erkrankung Endometriose erhältst du in der Endo-App. Lade dir direkt die Endo-App herunter und profitiere von unserem Expert:innen-Wissen.

Referenzen

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Dr. med. Nadine Rohloff